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In Gottes Namen. Amen!

In Gottes Namen. Amen!

Titel: In Gottes Namen. Amen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Rich
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ausschaltet?«
    Craig nickte niedergeschlagen. »Wir müssen. Du weißt, was für eine faule Socke Sam ist. Solange die Bahn fährt, macht er keinen Schritt zu Fuß.«
    »Ich weiß«, sagte Eliza. »Aber wenn es einen Unfall gibt, wird das dann nicht andere Probleme verursachen? Wir sprechen über Feuerwehr- und Krankenwagen – Hunderte von Fahrzeugen, die in die Lower East Side fahren. Was ist, wenn Sam durch eine Polizeisperre aufgehalten wird?«
    Craig seufzte. »Du hast recht. Das ist riskant.«
    Sie blieben zu dritt eine Minute lang schweigend sitzen.
    »Wisst ihr«, sagte Craig bedächtig, »wir können den Zug auch anders aufhalten. Aber dazu ist einiges an Arbeit nötig.«
    Er öffnete einen kürzlich in der New York Post erschienenen Artikel. Die Nahverkehrsbehörde befand sich mitten in Vertragsverhandlungen mit der Gewerkschaft, und in sechsunddreißig Stunden sollte das Jahresbudget bekannt gegeben werden. Beide Seiten zeigten sich »optimistisch«, dass sie eine Einigung erzielen würden. Doch sollten die Gespräche aus irgendeinem Grund scheitern und das Ultimatum verstreichen, würden sämtliche Züge in New York stillstehen.
    »Ein Warnstreik könnte funktionieren«, sagte Eliza. »Aber wie bekommen wir’s hin, dass sich die beiden Seiten uneins bleiben?«
    »Ja«, sagte Craig. »Ihre Gedanken können wir ja schlecht kontrollieren.«
    »Das ist richtig«, sagte Vince. »Aber vielleicht können wir ihre Laune beeinflussen.«
    Er fuhr mit seinem Drehstuhl an Craigs Computer heran und nahm die Maus.
    »Warum macht ihr beiden nicht eine Kaffeepause?«, sagte er. »Ich hab das hier voll im Griff.«
    Vince suchte den Erdball ab. Überall blätterten Menschen in Zeitungen, stellten unnachgiebig Fragen, unterhielten sich über die Themen des Tages. Er lachte in sich hinein. Die Menschen hielten sich für rationale Wesen, die von ihren Werten und Glaubenssystemen geleitet wurden. Tatsächlich beruhte der Großteil ihrer Entscheidungen darauf, was sie gefrühstückt und ob sie gut geschlafen hatten, manchmal auch, wie viel Zeit seit ihrem letzten befriedigenden Orgasmus verstrichen war.
    Vince’ Ansicht nach waren diese drei Faktoren – Frühstück, Schlaf, Orgasmus – für die meisten Ereignisse der Menschheitsgeschichte verantwortlich. Benedict Arnold war ein von Natur aus mürrischer Mensch. Aber er hätte sein Land niemals verraten, hätte er keine Schnaken im Schlafzimmer gehabt, die ihm wochenlang den Schlaf und den letzten Nerv raubten. Die Magna Carta mag ein geniales Dokument gewesen sein. Aber King John hätte sie nie unterzeichnet, wäre seine junge Geliebte nicht gewesen, die ihren betagten Herrscher in eine äußerst großzügige Laune versetzte.
    Ein nicht durchgebratenes Würstchen, ein schnarchender Ehepartner – das waren die Ereignisse, die die Welt prägten. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Gouverneur ein Todesurteil unterzeichnete, war dreimal höher, wenn er noch keinen Kaffee getrunken hatte. Und Chirurgen lieferten ihre besten Leistungen ab, wenn sie verliebt waren. Auch andere Faktoren spielten bei der menschlichen Entscheidungsfindung eine Rolle – Allergien, Darmträgheit und Kopfschmerzen zum Beispiel. Doch fast alle waren sie biologisch und bemerkenswert leicht manipulierbar. Jeder Engel, der seine Flügel wert war, bekam das hin.
    Er starrte den Bildschirm an. Ein Dutzend Anwälte der Metropolitan Transportation Authority und der Transport Workers Union hatten sich in einem Konferenzraum der City Hall versammelt. Keine der beiden Seiten wollte einen Streik, doch Vince hatte alles darangesetzt, jeden Einzelnen so unnachgiebig wie nur möglich zu machen. Als Erstes ließ er eine Dampfleitung an der Decke kaputt gehen. In dem Raum herrschten dreißig Grad, und die Temperatur stieg weiter. Keiner der Anwälte wollte sein Jackett ausziehen – die Gegenseite hätte dies als Schwäche ausgelegt. Doch irgendwann wurde die Hitze unerträglich. Nach zehn Stunden einigten sich die Anwälte gemeinsam darauf, die Jacketts abzulegen. Vier Stunden später kamen sie überein, die Hemden ebenfalls auszuziehen. Nach vierundzwanzig Stunden wurde es einem der jüngeren Anwälte so heiß, dass er seinen Vorgesetzten beiseitezog und ihn fragte, ob er sein Unterhemd ausziehen und mit freiem Oberkörper an der Sitzung teilnehmen dürfe. Als ihm die Bitte abgeschlagen wurde, ging er zur Toilette und wurde ohnmächtig.
    Vince hatte außerdem den Rauchmelder gestört, so dass dieser alle dreieinhalb

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