In Gottes Namen
Cassie. Sie wussten weder wann noch wo Cassie verschwunden war. Sie wussten lediglich, dass sie als Letzte starb. Und sie wussten, dass zwei Tage zwischen dem Tod der letzten Prostituierten und Cassies Ermordung vergangen waren.
Zweitens: Die Huren wurden vergewaltigt, bevor Burgos sie ermordete. An Ellie und Cassie hatte man sich erst nach ihrem Tod vergangen.
Drittens: Professor Frank Albany kannte beide Mädchen. Zu den Prostituierten hatte er keinen Kontakt.
Der zweite Punkt, der Sex, spielt vermutlich keine allzu große Rolle. Mit Huren kann man jederzeit problemlos Sex haben. Nette College-Mädchen dagegen, wie Cassie und Ellie – sie hätten einen Typ wie Burgos vermutlich nie in ihre Nähe gelassen. Er hätte sie zuerst ermorden müssen.
McDermott lehnt sich in seinem Stuhl zurück und lässt sein Gehirn selbsttätig die Verbindungen herstellen. Lässt einfach alles zu, was kommt. Normalerweise führt das zu den besten Ergebnissen.
Burgos hinterließ einen breiten Trampelpfad, hat Riley gesagt. Sie erwischten ihn, bevor sie überhaupt richtig zu ermitteln begannen. Sicher, das kam häufiger vor. Gleich der erste Hinweis führt zum Täter. Und wer will sich schon unnötig Arbeit machen? Sie haben den Kerl. Er gesteht. Sein Keller wirkt, als würde er ein Seminar über Foltermorde veranstalten. Also machen wir uns die ganze Sache nicht unnötig schwer.
Ihm fällt ein, was er über Ellie Danzinger gelesen hat. Sie wurde in ihrem Bett erschlagen, aber dann ließ man sie dort liegen, der Kopf hing auf einer Seite herunter. Der Rechtsmediziner folgerte aufgrund des ausgetretenen Blutes, dass sie mindestens sechzig Minuten dort lag, bevor sie in Burgos’ Garage geschafft wurde, wo er ihr das Herz aus dem Leib schnitt.
Was geschah eigentlich während dieser sechzig Minuten?
Er blickt wieder auf seine Notizen. Hilfreich ist immer die Frage: Wer hat einen Nutzen davon? Wenn man den Gerüchten Glauben schenkt, waren es sowohl der Vater von Cassies Kind wie auch Harland Bentley, die vom Tod der beiden Mädchen profitierten.
Aber Burgos gestand alle sechs Morde. McDermott hatte das Verhörprotokoll gelesen. Keiner hatte Druck auf ihn ausgeübt. Burgos wusste verdammt genau, dass Ellie das erste Opfer gewesen war, bevor irgendjemand ihm gegenüber ihren Namen erwähnte oder ihm das Foto zeigte. Im Gegenteil, er wurde fuchsteufelswild, weil Detective Lightner ihr Foto nicht in die Sammlung integriert hatte. Außerdem gibt es wohl keine andere Möglichkeit, wie die Spuren der sechs toten Frauen in seinen Keller gelangt sein können.
Oder doch?
Und was, wenn Professor Albany tatsächlich der Vater von Cassies Kind war? Wäre das publik geworden, hätte er ohne Zweifel seinen Job verloren. Außerdem kannte er Burgos – er hatte ihn angestellt und ihn unter seine Fittiche genommen.
Hatte er als Professor Zugang zum Kellerschlüssel des Bramhall Auditoriums?
So viele unbewiesene Vermutungen. Aber wenn Harland Bentley es wirklich mit Ellie Danzinger getrieben hatte, drohte ihm der Verlust eines Vermögens, wenn es aufflog. Er und Albany hatten beide eine Menge zu verlieren.
Also wer von beiden war es? Bentley oder Albany?
»Hey, Mike.«
McDermott späht zu Stoletti hinüber, die auf die Tastatur ihres Computers einhämmert.
»Wir überlegen doch die ganze Zeit – wer von beiden kommt eher in Frage? Harland Bentley oder Professor Albany?«
»Richtig.« Als er sich neben sie stellt, zeigt sie auf ihren Bildschirm und die Ergebnisse einer Google-Recherche. »Wir haben uns Albany und Harland Bentley bisher immer einzeln vorgeknöpft«, sagt sie. »Ich dachte, warum sollten wir nicht mal nach einer Verbindung zwischen den beiden Namen suchen?«
»Sie waren beide Zeugen in einem spektakulären Mordfall, Ricki. So überraschend wäre es nicht, wenn sie zusammen in einem Artikel auftauchen.«
»Ach wirklich?« Sie klickt einen Link an. »Das hier finde ich schon überraschend.«
Der Link führt auf eine biografische Seite des Mansbury College. Oben rechts ein Foto von Professor Albany in nachdenklicher Pose.
Dann überfliegt McDermott den kurzen Abriss darunter.
Professor Frankfort J. Albany hat die Harland Bent ley Professur für vergleichende Kulturwissenschaften am Mansbury College inne. Im Jahr 1990 eingerichtet, würdigt dieser Lehrstuhl die herausragenden Leistungen von Professor Albany …
»Die Harland-Bentley- Was?«
Harland Bentley hat am Mansbury College eigens einen Lehrstuhl für Albany
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