In Gottes Namen
gleich begriffen?
Terry Burgos ist einer von uns. Er hat die Leiche beseitigt.
Ich mache zwei Schritte auf ihn zu, indem ich vorsichtig mein Gewicht verlagere, während Leo Koslenko wieder aus seiner Trance erwacht. Diese Offenbarungen, so wirr und fragmentarisch sie auch sein mögen, lassen wichtige Rückschlüsse zu. Cassie hat Ellie getötet, nachdem sie ihren Vater aus Ellies Apartment hat kommen sehen. Ein einziger Schlag gegen Ellies Kopf, die dann langsam auf ihrem Bett verblutete. Aber da war Cassie bereits geflohen, nicht in ihr eigenes Haus, sondern in die Villa auf der anderen Seite von Highland Woods, die in diesen Tagen zumeist leer stand, wegen des Todes von Mia Lake und den ausufernden Reisen Gwendolyns. Cassie erzählte ihrem Freund Leo Koslenko, was vorgefallen war, und verständigte dann ihre Mutter.
Natalia reagierte sofort. Sie wies Leo an, Ellies Leiche abzuholen und in Terry Burgos’ Hinterhof zu entsorgen. Ein brillanter Schachzug. Dass Burgos Ellie nachgestellt hatte, war allgemein bekannt. Zum einen gab es die Schutzanordnung, zum anderen war Burgos nachweislich psychisch instabil. Der perfekte Sündenbock.
Nachdem Burgos Ellie weggeschafft hatte – in eben jenen Raum, in dem wir uns gerade befinden – wertete Leo das als Indiz dafür, dass Burgos mit ihm zusammenarbeitete, dass er einer von uns war.
Uns. Eine Gruppe von Spionen. Ein Team, zu dessen innerem Zirkel Natalia Lake, Bentley, Terry Burgos, Leo Koslenko und ich gehörten.
Ellie war ein Geschenk Gottes, hatte Burgos gesagt. Und es wörtlich gemeint. Gott hatte ihm dieses Mädchen auf die Veranda seines Hauses gelegt, gestorben an einem Schlag auf den Schädel. Gott wollte, dass Terry dem Weg folgte, den Tyler Skye in seinem Song vorgezeichnet hatte. Gott hatte ihm die Frau geschenkt, die er so sehr begehrte, als erstes von sechs Opfern. Also riss er Ellie das Herz heraus, ganz wie das Lied es vorschrieb, und verfrachtete anschließend ihre Leiche in das Bramhall Auditorium.
Ich versuche mir auszurechnen, wie schnell ich das Messer aus meinem Jackett ziehen und einsetzen kann, falls es nötig wird. Aber in Grunde ist mir klar, dass die Sache hier auf einer anderen Ebene ausgetragen wird. Ich mache einen weiteren Schritt auf Koslenko und Shelly zu und studiere seine Reaktion. Seine Augen fokussieren irgendeinen Punkt auf dem Boden. Er durchlebt noch einmal, was vor sechzehn Jahren geschah.
Mit der linken Hand schiebt er Shelly eine Strähne aus dem Gesicht. Seine Pistole drückt er ihr ins Ohr, den Finger am Abzug. Ich weiß nicht, wie reaktionsschnell er ist, aber ich darf es nicht darauf ankommen lassen. Seine physischen Fähigkeiten hat er mir schon einmal demonstriert. Wenn ich es überstürze, ist Shelly tot, bevor ich auch nur in seine Nähe gelange.
Und es gibt einen besseren Weg. Wir sind Genossen, er und ich. In seinen Augen habe ich eine Weile gebraucht, bis ich wieder an Bord war – und mit der Entführung Shellys hat er da ein wenig nachgeholfen – aber die Hauptsache ist, ich bin hier.
»Sie haben Ihren Teil erledigt, Leo«, sage ich. »Jetzt bin ich wieder an der Reihe. Genau wie damals.«
Ich trete einen weiteren Schritt auf ihn zu. Ich könnte jetzt aus dem Stand auf ihn hechten. Er betrachtet meine Füße, dann schaut er zu mir auf.
»Es wird Zeit Albany, zu opfern«, sage ich. »Und das werde ich. Für Sie gibt es nichts mehr zu tun.«
Seine Augen zucken wild. Er ist wieder in Erinnerungen versunken. Aber seine Pistole ist immer noch auf Shellys Ohr gerichtet. Ich kann es nicht riskieren.
»Sie und Terry sind Helden.«
»Te … Terry. Held … Helden.«
Beobachte weiter, befiehlt ihm Natalia. Beobachte Terry. Sag mir, was er tut.
Leo gehorcht, er weiß, wie man beobachtet, weiß, wie man Menschen verfolgt, sie macht ihm Spaß, seine neue Mission. Terry bleibt am Montag den ganzen Tag zu Hause. Erst abends um sechs steigt er in seinen Chevy Suburban. Fährt zu einem Geschäft, das sich Albany-Druckerei nennt, ein paar Meilen vom Mansbury Campus entfernt. Alle anderen Autos fahren weg, er arbeitet allein, bleibt etwa bis neun, verlässt dann in seinem Wagen den Parkplatz, aber fährt nicht nach Hause, nein, nicht nach Hause, er fährt in die Stadt. Leo folgt ihm. Der Suburban kurvt kreuz und quer durch die West Side, in einer großen Schleife. Leo muss aufpassen, dass er nicht bemerkt wird.
Aber niemand bemerkt Leo.
Der Suburban fährt an den Straßenrand, und eine Frau, eine
Weitere Kostenlose Bücher