In Gottes Namen
bewilligt. Ich hätte jede Menge Küchenmesser mitbringen können, aber vielleicht, und nur vielleicht, kann mir dieses hier nützlich sein.
Ich bete leise zu Gott, den ich schon so lange sträflich vernachlässigt habe, und steige aus dem Wagen. Das Gebäude wirkt verlassen. Diese Woche ist eine der wenigen im ganzen Jahr, in der das Mansbury College wie ausgestorben ist.
Ich drehe mich um, als wollte ich noch einen prüfenden Blick auf mein Auto werfen, und versuche dabei, die Umgebung zu sondieren. Ist Koslenko schon hier? Beobachtet er mich? Ich habe nur einen einzigen Versuch. Ich kann mir keinen Fehler leisten.
Also ignoriere ich das Chaos in meinem Inneren und steige langsam und mit selbstbewusster Haltung die Treppen hinauf.
Es gibt drei Eingänge. Den Haupteingang vorne, den Personaleingang im Osten, und die große Tür für Lieferanten auf der Rückseite im Norden. Ich versuche es an der massiven Haupteingangstür. Vergeblich. Sie ist verschlossen, was mich nicht weiter überrascht.
Ich eile um das Gebäude herum zur Ostseite.
Leo fährt zur Nordseite des Hörsaalgebäudes – der Rückseite – und lässt seinen Wagen auf dem angrenzenden Parkplatz stehen. Er spurtet die Rampe hinauf und macht sich mit seinem Spanner und dem kurzen Haken an der Eingangstür zu schaffen. Der Riegel schnappt auf, er drückt die Klinke hinunter und schlüpft in die Dunkelheit.
Die Tür an der Ostseite ist von innen verriegelt. Keine Klinke, nur eine glatte, verrostete Stahltür. Selbst mit einer Kanone könnte ich hier nichts ausrichten.
Ich laufe über das unebene, abschüssige Gelände zur Rückseite des Gebäudes, und als ich um die Ecke biege, erstarre ich.
Auf dem Parkplatz steht ein einzelner Wagen, ein Toyota Camry.
Mit letzter Kraft und alle Bedenken in den Wind schlagend, stürze ich auf die einzige Tür zu, am Ende einer schmalen Rampe. Ich umklammere die Klinke, formuliere erneut ein stummes Gebet, drücke sie nieder – und bin drinnen.
Rasch gewöhnen sich meine Augen an die Dunkelheit und suchen den weitläufigen Raum ab, eine Lagerhalle mit großen Kühlschränken und Regalen voller Kartons bis unter die Decke. Ich haste quer durch den Raum zu einer großen Küche mit Spülbecken, Herden und weiteren Kühlschränken. Links von mir entdecke ich ein Treppenhaus und einen Lift.
Im Dunkeln stürme ich das Treppenhaus hinauf und stoße die Tür auf. Ein großer Salon, in Rot und Gold tapeziert, mit antiken Möbeln, Tageslicht strömt durch die großen Fenster. Mein Herz stockt. Ich kenne den Raum. Es ist das Vestibül, der Empfangsraum des Auditoriums. Meine Rolle als beherrschte, selbstbewusste Autoritätsfigur über Bord werfend, breche ich durch eine weitere Tür, und auch diesen Ort erkenne ich wieder – ich befinde mich direkt neben der großen Bühne des Auditoriums; natürliches Licht strömt von oben in den Hörsaal. Ich jage durch den Mittelgang, an den Stühlen vorbei, auf denen damals Detective Joel Lightner und Chief Harry Clark saßen und mir die schrecklichen Details der sechs Morde schilderten. Im Foyer wende ich mich nach links zu der Tür, die in den Keller und zu den Vorratsräumen des Hausmeisters führt.
Ich erreiche die Tür, eine Sicherheitstür, die normalerweise immer verschlossen ist, und öffne sie leise.
Er erwartet mich schon.
52. Kapitel
Leo schließt die letzte Tür am Ende des Kellergangs auf. Er geht an den Spinden mit den Vorhängeschlössern und den Vorratsregalen vorbei und steuert auf die großen Metallschränke an der gegenüberliegenden Wand zu. Dort verharrt er einen Moment und lauscht. Nichts zu hören. Er öffnet den mittleren Schrank und blickt nach unten.
Shelly Trotter schaut nicht zu ihm auf, aber in ihren verquollenen Augen spiegelt sich ein vages Wiedererkennen. Seit gestern hat er ihr zweimal eine ordentliche Dosis Gamma Hydroxybutyrat – GHB – verpasst, genug, um sie in einen konstanten Dämmerzustand zu versetzen. Ihre Hand- und Fußgelenke sind jeweils mit einem Paar Handschellen gefesselt, die wiederum mit einem dritten Paar aneinandergekettet sind, so dass ihr Körper zu einer Art ungleichmäßigem Dreieck zusammengekrümmt ist. So passt sie gerade in den großen Schrank, der normalerweise für Schneegebläse, Hacken, Schaufeln und dergleichen vorgesehen ist. Jetzt bietet er nur zwei Dingen Platz: Paul Rileys Liebster und einer stabilen, sechzig Zentimeter langen Barteaux-Machete mit einer Klinge aus gehärtetem Karbonstahl.
Es ist eine
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