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In Gottes Namen

Titel: In Gottes Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ellis
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darauf möchte ich wetten.
    Während ich die anderen in der Runde begrüße – einige Politiker und ein wichtiger Wahlkampfspender -, beobachte ich aus den Augenwinkeln, wie der Gouverneur Harland etwas zuflüstert. Daraufhin klopft Harland einem der Politiker auf den Rücken. »Lassen wir die beiden hier kurz allein miteinander reden.«
    Plötzlich stehen der Gouverneur und ich alleine da, und ich wünschte, ich hätte noch einen Martini.
    »Wie läuft’s denn so, Lang?«, frage ich ihn.
    »Immer der gleiche Zirkus, Paul. Immer der gleiche Zirkus.« Er legt mir seine Hand auf die Schulter. »Und bei Ihnen, mein Freund?«
    »Sie kennen mich ja, Gouverneur. Immer hart am Limit unterwegs.«
    Ein breites Lächeln erscheint auf seinem gebräunten Gesicht. Dieser Kerl wird eines Tages Präsident, da bin ich mir sicher. »Ich hab davon erfahren. Tut mir wirklich leid«, sagt er, und sein Ausdruck wird ein Spur ernster.
    »War wahrscheinlich für alle Beteiligten am besten so.« Ich versuche, überzeugend zu klingen, und frage mich gleichzeitig, ob ich nicht zu rasch geantwortet habe. Aber es hat keinen Sinn, um den heißen Brei herumzureden. Irgendwann wäre ohnehin die Sprache darauf gekommen.
    »In meinen Augen war es das nicht. Aber wer hört schon auf mich? Ich bin ja nur der Gouverneur.« Erneut setzt er sein breites Grinsen auf. »Ich glaube übrigens nicht, dass sie heute Abend auftaucht.«
    »Immer dabei, die Welt zu retten.« Hoffentlich ist meine reflexartige Antwort nicht zu bitter ausgefallen. Jetzt glauben schon zwei Leute, Lightner und der Gouverneur, dass ich wegen ihr hier bin.
    »Ja, so ist sie, unsere Shelly«, pflichtet er mir bei.
    Nein, rutscht es mir beinahe heraus. Deine Shelly. Meine nicht mehr.
    »Wissen Sie, das vorhin war kein Scherz.« Er beugt sich etwas vor, als wollte er mich in einer vertraulichen Angelegenheit konsultieren. Seine Augen mustern verstohlen die nähere Umgebung, dann heften sie sich wieder auf mich. »Sie müssen nur zustimmen. Sie haben eine beachtliche Karriere als Strafverfolger hinter sich. Sie haben Terry Burgos vor Gericht gebracht. Sie haben Ihr Geld als privater Anwalt verdient – Harland gibt niemandem auch nur Feuer, ohne vorher Sie um Rat zu fragen – und jetzt ist es an der Zeit, Ihre Karriere mit der Richterrobe zu krönen.«
    Er erwähnt das nicht zum ersten Mal, aber in diesem Zusammenhang erscheint es mir eher wie eine Geste des Mitleids. Sorry, dass meine Tochter Sie hat sitzen lassen – wollen Sie stattdessen vielleicht Bundesrichter werden?
    »Passt nicht zu mir«, sage ich.
    »Denken Sie noch mal darüber nach.« Die typische Antwort eines Machtmenschen. Ein Nein bedeutet für ihn: vielleicht später. Er selbst kann niemanden direkt als Bundesrichter berufen, nur der Präsident kann das. Aber der Präsident ist Republikaner, genau wie Trotter, und die ungeschriebenen Regeln besagen, dass der Gouverneur die Bundesrichter in seinem Staat ernennen darf. »Ich hab die Nase voll davon, Leute in dieses Amt zu hieven, denen ich was schulde. Wäre schön, zur Abwechslung mal jemand zum Richter zu machen, der dafür wirklich qualifiziert ist.«
    Ich lächele ihn an, als würde ich mich für das mir entgegengebrachte Vertrauen bedanken, aber die Antwort ist immer noch nein.
    »Passt nicht zu Ihnen«, sagt er.
    »Ich will fair sein, Gouverneur.«
    Das gefällt ihm, und er schlägt mir auf die Schultern, so dass ich fast das Gleichgewicht verliere. »Ja, das wäre in dem Job das Berufsrisiko. Sie müssten fair sein.« Er lacht und ergreift meine Hand. »Danke fürs Kommen, Paul. Lassen Sie es mich wissen, wenn Sie Ihre Meinung ändern.«
    »War schön, Sie zu treffen, Gouverneur«, sage ich, während er bereits der nächsten, ihn anhimmelnden Gruppe ein herzliches Hallo zuruft.
    Ich hole mir einen frischen Martini an der Bar und muss mich bremsen, ihn nicht auf einen Sitz hinunterzustürzen. Ich begrüße einen Anwalt, dessen Namen ich eigentlich kennen müsste. Er beginnt auf mich einzureden, und gerade, als mir sein Name wieder einfällt, entdecke ich sie.
    Also ist sie doch hier.
    Sie ist in eine Unterhaltung mit zwei Männern und einer Frau vertieft. Der Frau gehört eine Unternehmensberatungsfirma. Die beiden Männer sind Anwälte, und sie glotzen Shelly offen an, während sie mit ihnen redet. Smalltalk ist eigentlich nicht ihr Ding. Außerdem habe ich sie noch nie in einem schwarzen Abendkleid gesehen, mit tiefem Rückenausschnitt, der ihren langen Hals und

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