In Gottes Namen
Gestern dann, einen Tag nach dem abschlägigen Urteil des Supreme Court, hatte Terry Burgos einen Antrag auf Schuldunfähigkeit in sechs Mordfällen eingereicht.
Es ging also nun nicht länger darum, zu beweisen, dass Burgos die Taten begangen hatte. Vielmehr drehte sich alles um die Frage seiner Schuldfähigkeit zum Zeitpunkt der Tat.
»Ich habe gehört, die Ermittlungen bei den Prostituierten sind abgeschlossen«, sagte Mullaney.
Riley nickte. Nicht nur konnten sie beweisen, dass jedes der Mädchen in Terrys Truck gesessen hatte; darüber hinaus wussten sie auch, dass Burgos bereits längere Zeit vorher in Kontakt mit ihnen gestanden hatte. Andere Prostituierte hatten Terry auf Fotos als Stammkunden von Angie, Jackie, Sarah und Maureen identifiziert, auch wenn ihn keine unter dem Namen »Terry Burgos« kannte.
Burgos hatte sich immer als »Tyler Skye« ausgegeben.
Auch der Zeitrahmen passte. Die Polizei war zu dem Schluss gelangt, dass die Frauen in der Reihenfolge ermordet worden waren, wie man sie im Keller entdeckt hatte. Der Gerichtsmediziner hatte diese Annahme so ziemlich bestätigt; außerdem stimmten ihre Todesarten mit der im Song geschilderten Abfolge überein.
Auch alle übrigen Indizien untermauerten die Theorie einer Chronologie der Taten. Ellie Danzinger, die erste Tote, hatte sich am Sonntag, den 18. Juni um 17.35 Uhr noch Essen in ihr Apartment liefern lassen, war also zu diesem Zeitpunkt noch am Leben. Auf ihrem Anrufbeantworter hatten sich fünf Nachrichten befunden, die erste davon war um 22.15 in dieser Nacht eingegangen, aber nie abgehört, geschweige denn beantwortet worden. Vermutlich war Burgos in diesem Zeitraum in ihre Wohnung eingedrungen, hatte sie erschlagen und anschließend missbraucht.
Mittlerweile war es ihnen auch gelungen, die letzten Lebensstunden der vier Prostituierten zu rekonstruieren. Alles sprach dafür, dass Burgos die Frauen an aufeinanderfolgenden Tagen getötet hatte: Angie Mornakowski am Montag, den 19. Juni, zwischen 21.00 Uhr und 21.30 Uhr; Jackie Davis am Dienstag, circa um 22.30 Uhr; Sarah Romanski Mittwochnacht um 22.00 Uhr; und Maureen Hollis am Donnerstag, ebenfalls so gegen 22.00 Uhr.
»Nur bei Cassie Bentley liegt die Sache etwas verzwickter«, sagte Riley. In seinen Augen entbehrte es nicht einer gewissen Ironie, dass sie über die letzten Lebensstunden der Prostituierten mehr in Erfahrung bringen konnten als über die der Studentinnen Ellie Danzinger und Cassie Bentley. Straßenmädchen gingen schließlich einer Beschäftigung nach, die es sehr erleichterte, sie von heute auf morgen verschwinden zu lassen. Aber College-Studentinnen?
»In den Sommerferien sind Studenten keine Studenten mehr«, bemerkte Mullaney.
Und das war das erste große Problem. Die Uni hatte geschlossen, der Sommerbetrieb noch nicht begonnen, und die beiden reichen Mädchen hatten keine Ferienjobs annehmen müssen. Das zweite Problem im Fall der beiden Freundinnen war, dass die Person, die am zuverlässigsten über die jeweils andere hätte Auskunft geben können, ebenfalls tot war.
Cassie hatte am Dienstag, den 20. Juni mit ihrer Mutter zu Hause zu Abend gegessen, bevor sie zurück auf den Campus gefahren war, um sich dort auf die Sommerkurse vorzubereiten, die am folgenden Montag beginnen sollten. Sie hatten nie wieder etwas von ihr gehört. Die Tatsache, dass von Mittwoch bis Samstag kein Lebenszeichen von Cassie gekommen war, hatte Harland schließlich dazu veranlasst, den Bezirksstaatsanwalt anzurufen, einen Tag bevor die Leichen gefunden wurden.
»Besonders Cassie«, fügte Riley hinzu. »Sie ist für uns ein echtes Fragezeichen.«
»Sie meinen den Zeitpunkt der Tat.« Mullaney interessierte sich normalerweise nicht für Details, aber in Cassies Fall hielt er sich konsequent auf dem Laufenden. Kürzlich hatte er Riley gegenüber erwähnt, dass Harland Bentley ihn zweimal täglich anrief.
Irritierend war, dass Burgos die Mädchen an jeweils aufeinanderfolgenden Tagen ermordet hatte, angefangen mit Ellie am Sonntag bis hin zu Maureen am Donnerstag. Wäre er bei seinem Muster geblieben, hätte Cassie eigentlich am Freitag, den 23. Juni sterben müssen, einen Tag nach Maureen Hollis. Doch die Ergebnisse der Obduktion besagten etwas anderes. Laut Aussagen der Gerichtsmedizin konnte man ihren Todestag mit ziemlicher Sicherheit auf Sonntag, den 25. Juni, festlegen – der Tag, bevor die Mädchen entdeckt worden waren.
Burgos hatte also zwei Tage verstreichen lassen, bevor
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