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In Gottes Namen

Titel: In Gottes Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ellis
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hinzu. »Meine Mutter war tot. Ich hatte nie einen Vater. Vermutlich hat Tante Natalia versucht, mich zu erreichen, aber sie wusste nie, wo ich steckte. Auf Briefe habe ich nicht geantwortet. Und damals gab es noch keine Handys, Mr. Riley. Außerdem habe ich nie eine Nachsendeadresse hinterlassen.«
    Ich versuche, das Ganze aus ihrer Perspektive zu sehen. Womöglich ist mein erstes Urteil über sie tatsächlich etwas hart ausgefallen. Ihre Mutter starb bei einem Autounfall unter Alkoholeinfluss, und offensichtlich wusste Gwendolyn nicht, wer ihr Vater war. Ich nehme an, alles Geld der Welt kann so was nicht wiedergutmachen.
    »Hört sich nach einer sehr einsamen Kindheit an«, sagt Shelly.
    Gwendolyn lächelt sie an. Dann wendet sie sich wieder mir zu. »Stellen Sie Ihre Fragen, Mr. Riley.«
    »War Cassie lesbisch?«
    »Nicht dass ich wüsste.« Sie lächelt ein wenig vorwurfsvoll. »Man muss nur auf eine reine Mädchen-Uni gehen, und schon denkt jeder, man wäre lesbisch.«
    Okay, berechtigter Einwand. Erst kurz vor Cassies Tod hatte man angefangen, in Mansbury auch männliche Studenten aufzunehmen.
    »Glauben Sie, Sie hätten etwas davon mitgekriegt, wenn es so gewesen wäre?«
    Das scheint sie zu amüsieren. »Vielleicht. Vielleicht auch nicht.«
    »Hatte Cassie damals eine Beziehung?«
    »Meines Wissens nach nicht«, erwidert sie. »Aber das will nichts heißen. Ich kann mich nur nicht daran erinnern, dass Cassie groß mit Jungs ausgegangen wäre. Was das betraf, war sie ausgesprochen gehemmt. Das war das Merkwürdige an ihr. Sie konnte ziemlich kontaktfreudig sein – sich die ganze Nacht rumtreiben, auf Partys gehen -, trotzdem hatte sie meines Wissens nach nie was mit einem Mann.«
    Der Songtext fällt mir ein – die Stelle aus dem Deuteronomium, in der es um die Steinigung einer Frau mit häufig wechselnden Partnern ging.
    »Könnte sie noch Jungfrau gewesen sein?«, frage ich.
    »Ich habe keine Ahnung.«
    »Dann wissen Sie vermutlich auch nicht, ob sie schwanger war?«
    »Schwanger?« Sie weicht zurück. »Wie kommen Sie denn darauf?«
    Es gibt keinen Grund, es ihr zu verschweigen. Verdammt, schließlich habe ich deswegen den ganzen Weg hier heraus gemacht. »Unter den kürzlich Ermordeten war auch eine Journalistin. Sie hat diese Frage in Zusammenhang mit Cassie aufgebracht.«
    Sie nickt langsam, dann schüttelt sie den Kopf. »Ich weiß es nicht«, sagt sie. »Ehrlich gesagt, bin ich mir gar nicht sicher, ob Cassie mir so was anvertraut hätte.«
    Na wunderbar. Der Ausflug erweist sich immer mehr als reine Zeitverschwendung.
    »Was können Sie mir über Brandon Mitchum erzählen?« Er war Student im ersten Semester in Mansbury und war häufig mit Cassie und Ellie zusammen. Lightner hatte mich daran erinnert.
    Ihr Gesicht hellt sich auf. Der Name sagt ihr was. »Brandon Mitchum«, sagt sie erfreut. »Wie geht es Brandon?«
    »Sie kennen ihn?«
    »Klar doch.« Sie nickt, mit einem stillen Lächeln auf den Lippen. »Natürlich habe ich Brandon gekannt. Gott.« Einen Augenblick lang hängt sie alten Erinnerungen nach. »Er war ein netter Kerl. Oh …«, sie runzelt die Stirn, »… das muss ihn hart getroffen haben. Cassie und Ellie.«
    »Erzählen Sie mir ein bisschen was über Ellie.«
    »Ellie.« Sie zieht ein Gesicht. »Also, Ellie war mehr wie ich. Eine Partygängerin. Und sie hatte Angst vor ihm.« Sie hebt den Zeigefinger. »Sie hatte eine Heidenangst vor ihm.«
    »Vor Brandon?«
    »Nein, doch nicht vor Brandon.«
    Ich betrachte sie mit versteinerter Miene.
    »Sie meinen Terry Burgos«, wirft Shelly ein.
    »Sie hat befürchtet, er würde ihr was antun«, fährt Gwendolyn fort. »Sie war der Überzeugung, eine Schutzanordnung könnte so einen kranken Typen nicht aufhalten.« Sie nickt bekräftigend. »Nein, sie hatte wirklich Panik wegen diesem Kerl.«
    Eine milde Brise bringt etwas Abkühlung. Eine absolut merkwürdige Situation. Ich vernehme eine Zeugin auf einem Boot. Heimvorteil, nehme ich an – für Gwendolyn.
    »Kannten Sie Burgos?«, frage ich.
    Sie zieht die Stirn kraus und schüttelt dann den Kopf. »Gott, nein. Aber Ellie hat oft über ihn gesprochen. Sie hat sich wirklich schrecklich vor ihm gegruselt.«
    »Was wissen Sie sonst noch über Brandon?«
    »Also, wie schon gesagt, er war ein netter Kerl.«
    »Und ein gut aussehender noch dazu, soweit ich mich erinnere«, sage ich. »Lief irgendwas zwischen ihm und Ellie?«
    Sie breitet die Hände aus. »Ich glaube, eher nicht, aber so genau kann

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