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In Gottes Namen

Titel: In Gottes Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ellis
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oder seine Adresse hinterlegt sind.
    Nach einer weiteren Minute stellt Betty McDermott durch. Ich teile ihm mit, dass ich einen weiteren Brief erhalten habe und er jemanden vorbeischicken soll, der ihn abholt.
    »Ich habe eine bessere Idee«, sagt McDermott. »Warum kommen Sie nicht gleich selbst vorbei?«
     
    Rezko, der Spurentechniker, gleicht einer Comicfigur, mit seiner Glatze und der riesigen viereckigen Brille. Spräche er jetzt auch noch mit hoher quietschender Stimme, wäre die Illusion perfekt.
    McDermott beendet sein Telefongespräch mit Paul Riley und schickt ein leises Stoßgebet gen Himmel. »Bitte sag mir, dass du Fingerabdrücke auf dem Brief gefunden hast, Tony.«
    »Nein, das nicht. Wir mussten ihn zuerst gründlich untersuchen. Der Aminosäurentest war negativ …«
    »Dann irgendwelche anderen Abdrücke«, fleht er.
    »Das ja. Und zwar sind es eher Vertiefungen.« Rezko ist in seinem Element. Dieser ganze Technikkram ist sein Leben. »Offensichtlich wurde beim zweiten Brief etwas auf ein darüber liegendes Blatt geschrieben. Dabei haben sich flache Rillen gebildet.«
    Rezko platziert den Brief auf dem Tisch.
    Werde erleiden rächend das Ende. Zuletzt werden Echos innigster Trauer erschüttert nachhallen. Vernehmlich erschallen. Rührige Sendboten beständig ertragen neue unaufhörliche Torturen zu einem neuen Zweck. Eine innige Teilnahme zeitigt unerschrockene, offenherzige Parteinahme; fordert eine rührige Neugier, auch liebe vollen Betrug an niedergelegten Ideen.
    »Verstehe«, sagt McDermott und drängt ihn fortzufahren.
    »Wir hatten nicht genug Zeit, das Blatt im Staatlichen Labor für Elektrostatische Aufnahmen untersuchen zu lassen, daher haben wir es bei seitlich einfallendem Licht fotografiert. Man presst das Papier flach auf eine Glasfläche, schaltet dann eine Lichtquelle ein, die parallel zu dem Dokument einstrahlt …«
    Diese Technikfreaks können über so was völlig aus dem Häuschen geraten. Jedes Mal, wenn du sie was fragst, halten sie dir gleich einen Vortrag. McDermott überlegt, ob er Rezko bei seinem mageren Hals packen und schütteln soll, damit er zum Wesentlichen kommt, aber was soll’s, das ist nun mal sein Job, dafür lebt er, und er ist gut darin. Er sollte dem Jungen seine dreißig Sekunden gönnen.
    »… einen Grafitpuder, um den Vertiefungen mehr Kontrast zu geben, denn sie waren ziemlich schwach …«
    McDermott kann der Versuchung nicht widerstehen. »Etwa so, wie wenn man ein Blatt umdreht und flach mit einem Bleistift darüber schraffiert, richtig? Dann kann man lesen, was auf der anderen Seite steht? So wie wir das in der zweiten Klasse immer gemacht haben?«
    Rezko hält inne und lächelt nachsichtig. Er kennt Mike schon lange, er weiß, dass er es nicht böse meint. Hinter seinem Rücken zückt er jetzt ein Foto, das eine Reihe hingekritzelter Worte zeigt, deren strahlend weiße Vertiefungen sich perfekt von dem graphitgrauen Hintergrund abheben.
    Tätlichkeit
Teilnahme
Terror
Tatendrang
Tortur
Negieren
Nähren
Neugebären
Neutralisieren
    McDermott sieht zu dem Spurentechniker auf. »Diese Begriffe wurden also auf ein Blatt geschrieben, das über dem Brief lag.«
    »Richtig. Ganz genau. Er hat offensichtlich eine echte Vorliebe für Wörter, die mit T und N beginnen.«
    Als er den Brief überfliegt, entdeckt McDermott einen Satz, der Worte mit beiden Anfangsbuchstaben enthält. Rührige Sendboten beständig ertragen neue unaufhörliche Torturen zu einem neuen Zweck. Stoletti hat diesen Satz kommentiert. Das Wort unaufhörlich ist in diesem Satz eigentlich nicht nötig, da am Anfang bereits beständig steht. Und auch die Dopplung von neu ist nicht sehr geschickt. Die Wortwahl wirkt absichtsvoll und zugleich ausgesprochen befremdlich.
    Aber mit einem hat sie zweifellos recht: Hier wurde nichts dem Zufall überlassen.
    »Danke, Tom«, sagt er. »Gute Arbeit.«
    Nur, was, zum Teufel, sollte das alles bedeuten?
     
    Der Mann in der orangefarbenen Schürze legt seine Hand auf Leos Schulter und winkt einen zweiten Mann herbei. »Der Herr hier braucht deine Beratung«, sagt er zu seinem Kollegen.
    Nicht anfassen. Leo krümmt sich unter der Hand des Mannes. Fass mich nicht an.
    »Entschuldigung«, sagt der Mann.
    Wenn du mich noch einmal anfasst, ramm ich dir meinen Daumen ins Hirn.
    Leo bückt sich, tut so, als binde er sich die Schuhe, dreht sich dabei einmal um hundertachtzig Grad und fummelt an den Schnürsenkeln herum, während er seine Umgebung genau studiert

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