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In guten wie in toten Tagen

In guten wie in toten Tagen

Titel: In guten wie in toten Tagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gina Meyer
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wieder geheiratet, falls du das nicht mitbekommen hast. Er hat eine neue Frau und neue Kinder …«
    »Trotzdem ist er immer noch Helenas Vater. Und deiner auch. So, und nun lass mich telefonieren.« Sie wählte schon die Nummer.
    Cara schloss die Augen und fühlte eine große Müdigkeit, aber unter der Müdigkeit brodelte die Wut. Die Wut auf ihre Mutter, die ihr Leben einfach nicht in den Griff bekam, auf die Polizisten, die Helena verdächtigten, auf May und sogar auf Tom. Obwohl er tot war. Oder deswegen.
    »Hallo. Hier ist Annegret«, sagte Frau Fliedner in den Hörer und drehte den Kopf ein Stück zur Seite, als ob Cara sie dann nicht mehr hören könnte. Cara wollte sie auch gar nicht hören und rannte aus der Küche und knallte die Tür hinter sich zu. Weil sie es nicht ertrug, wie ihre Mutter sich vor ihrem Vater kleinmachte, nach allem, was geschehen war.
    Sie stürmte die Treppe hoch und wäre fast zu Helena ins Zimmer gerannt, wie sie es immer getan hatte, wenn sie durcheinander war, aber Helena konnte ihr jetzt nicht helfen. Im Gegenteil, Cara musste jetzt Helena helfen.
    »Und das werde ich auch«, murmelte sie. »Da kannst du dich drauf verlassen, Helena. Da könnt ihr euch alle drauf verlassen.«
    Ihr Vater hatte einen Bekannten, der mit einem Strafverteidiger befreundet war, der auch gleich einen Termin mit Helena machte. »Sie soll morgen früh in die Kanzlei kommen«, sagte Frau Fliedner. »Wenn sie wieder nüchtern ist.«
    »Wenn man sie bis dahin nicht verhaftet hat.«
    »Volker sagt …«
    »Ich will es nicht hören.« Cara hatte inzwischen damit begonnen, das Wohnzimmer aufzuräumen. Die Hühnergirlande, die Schokoeier, die Pappschnäbel wanderten in einen großen Müllsack, eine Packung Gelee-Eier hinterher und eine Flasche Eierlikör, obwohl die noch nicht einmal angebrochen war. Weg damit, und bloß nicht zu genau hinsehen. Allein der Anblick der Likörflasche brachte Cara wieder zum Würgen.
    Ihre Mutter fischte eine leere Chipstüte unter dem Sofa hervor. Cara riss sie ihr aus den Fingern. »Ich mach das schon.«
    »Ich seh noch mal nach Helena.« Frau Fliedner verließ den Raum, dann hörte Cara ihre Schritte auf der Treppe.
    Sie würde Helena übers Haar streichen und ihr Mut zusprechen und Tee kochen. Und hoffen, dass ihr Exmann alles wieder in Ordnung brachte. Obwohl er noch nie etwas in Ordnung gebracht hatte, sondern alles immer nur schlimmer machte. Ich bin eben ein Choleriker, hatte ihr Vater früher immer gesagt, wenn seine Wutausbrüche wegen einer Drei in Mathe, wegen einer vergessenen Verabredung oder einer verschütteten Cola wieder verraucht waren. Müsst ihr mit leben.
    Hatten sie ja auch. In Angst und Schrecken hatten sie mit ihm gelebt. Bis er sie endlich verlassen hatte.
    Vor vier Jahren war er ausgezogen. Für Cara war es ein Freudentag gewesen, aber ihre Mutter war vollkommen außer Fassung gewesen. »Volker«, schluchzte sie, als die Tür hinter ihm ins Schloss fiel. »Ich liebe ihn doch.«
    »Er hat dich wirklich nicht gut behandelt, Mama«, hatte Helena gesagt. »Und uns auch. Hör auf zu weinen. Da findest du doch was Besseres.«
    »Wie denn?«, jammerte Frau Fliedner. »Mich will doch jetzt keiner mehr.«
    Helena hatte danach tatsächlich versucht, ihrer Mutter einen neuen Mann zu verschaffen. Hatte sie überredet, sich bei Parship anzumelden und ein- oder zweimal war ihre Mutter auch zu einem Date gegangen, aber dann wollte sie nicht mehr. »Ich bin froh und zufrieden als Single«, hatte sie erklärt.
    Aber das stimmte nicht, das nahmen ihr weder Helena noch Cara ab. Sie vermisste ihren Volker, obwohl er sie jahrelang nur gequält und gedemütigt hatte. Wenn ihr Vater vor der Tür gestanden hätte, hätte sie ihn wieder zurückgenommen. Ohne Zögern und Bedingungen, dachte Cara.
    Als sie das große Keramikei in den Müllsack stopfen wollte, glitt es aus ihren Händen, schlug auf der Kante des Marmortisches auf und zersprang in winzige Teile. Cara griff mit bloßen Händen in die Scherben und schaufelte sie in den Müllsack. Ein Splitter bohrte sich in ihre Handfläche und dann quoll dunkelrotes Blut aus der Wunde. Cara starrte auf das Blut und wartete auf den Schmerz. Und spürte nichts.
    Alle Spuren waren beseitigt. Cara hatte den Müll eingesammelt und vier Mülltüten nach draußen gebracht, das Geschirr gespült, gewischt und gesaugt, und als sie fertig war und erschöpft in einen Sessel sank, klingelte es.
    Vor der Tür standen May, Jacky und Tessi.
    »Wir

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