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In guten wie in toten Tagen

In guten wie in toten Tagen

Titel: In guten wie in toten Tagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gina Meyer
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Reportern empfangen. Zwei Männer hielten ihr ein Mikrofon vor den Mund. »Sie sind die Schwester der Verlobten«, sagte einer von ihnen. »Was sagen Sie zu der Sache?«
    »Wie geht es Ihrer Schwester?«, wollte der andere wissen.
    »Was sagen Sie zu den neuesten Entwicklungen?«, rief eine junge Frau, deren Kopf jetzt zwischen den Schultern der beiden Männer auftauchte.
    Der dritte Mann richtete seine Kamera auf sie und zielte, als wäre es eine Waffe.
    »Lassen Sie mich bitte in Ruhe!«, sagte Cara und bahnte sich einen Weg ins Haus, an den Reportern vorbei, und hatte das Gefühl, dass jemand nach ihr griff und sie zurückzog, aber es war keiner der Journalisten, es war die Angst.
    Die neuesten Entwicklungen, was waren die neuesten Entwicklungen?
    »Sie haben Helena verhaftet«, sagte ihre Mutter, die schon im Hausflur auf sie wartete. »Zwei Polizisten, eine Frau und ein Mann.«
    »Was? Wieso das denn?«
    »Ich weiß es nicht. Ich bin vollkommen durcheinander.«
    »War Helena denn heute Morgen beim Anwalt? Du musst ihn sofort anrufen!«
    »Hab ich versucht. Aber in der Kanzlei läuft nur ein Band. Und Volker kann ich auch nicht erreichen.«
    Volker. Cara hätte am liebsten geschrien. Aber das brachte Helena auch nicht wieder zurück.
    »Hat dieser Anwalt keine Handynummer?«
    Ihre Mutter hob die Schultern. »Vielleicht hat Helena sie. Das Ganze ging so schnell. Ich konnte ihr gerade noch ein paar Sachen einpacken, dann war sie weg. Aber zwei Polizisten sind hiergeblieben und haben ihr Zimmer durchwühlt. Sie sind gerade eben erst gegangen.«
    »Sie haben Helenas Sachen durchsucht? Hatten sie einen Durchsuchungsbeschluss?«
    »Natürlich.«
    »Und? Haben sie was gefunden?«
    »Keine Ahnung. Sie haben ihr Laptop mitgenommen und ein paar andere Sachen. Ich hab aber eine Liste bekommen …«
    »Und wo haben sie Helena hingebracht?«
    »Ins Gefängnis, nehme ich doch mal an.«
    Dann ging Frau Fliedners Handy. Während sie es nervös aus der Tasche fummelte, verschwand Cara in ihrem Zimmer. Helena in Untersuchungshaft. Das durfte nicht wahr sein. Das konnte nicht wahr sein.
    Jeder Polizist musste doch sofort erkennen, dass das nicht der richtige Ort für Helena war. Dass sie unschuldig war. Auch wenn die Fakten natürlich gegen sie sprachen.
    »Ich muss etwas unternehmen«, flüsterte Cara.
    Sie versuchte, ihre Gedanken aufzuräumen, so wie man einen Schrank oder ein Zimmer aufräumt. Die wichtigen Gedanken nach vorne, die unwichtigen nach hinten, Sorgen, Angst und Zweifel in den Müll. Aber es gelang ihr nicht, in ihrem Kopf flog alles durcheinander.
    Ich muss mit irgendjemand reden, sonst dreh ich durch, dachte Cara. Aber die Einzige, mit der sie jetzt hätte reden können, war Helena. Und Helena saß im Knast.
    Im Gegensatz zu ihrer Schwester hatte Cara nie viele Freunde gehabt. Eine Zeit lang hatte sie sich öfter mit Alexa aus ihrer Stufe getroffen, aber seit dem Abitur hatten sie sich höchstens dreimal gesehen. Und sonst? Keine Clique, keine Vertrauten. Außer Vitali, mit dem sie einmal in der Woche ein Bier trank. Und der hielt Helena ebenfalls für schuldig.
    Ein zaghaftes Klopfen an der Tür. »Ja?«
    Ihre Mutter steckte den Kopf ins Zimmer. »Dein Vater ist auf dem Weg hierher. Er war bei Helena im Gefängnis.«
    »Was? Woher wusste er …?«
    »Helena hat ihren Anwalt angerufen und der hat Volker informiert.«
    »Wie geht es ihr?«
    »Das wird er uns ja gleich sagen.«
    Volker Fliedner. Ein großer breitschultriger, gut aussehender Mann im besten Alter. Humorvoll, sympathisch, souverän. Das war der Eindruck, den er allen vermittelte.
    Aber der Eindruck täuschte. Cara wusste es besser. Ihr Vater war nicht sympathisch und er war auch kein bisschen souverän. Er war ein aufbrausender, intoleranter Tyrann. Mit dem sie zum Glück nicht mehr viel zu tun hatte. Seit er ausgezogen war, ging sie ihm aus dem Weg. Seine neue Frau hatte sie bei der Hochzeit getroffen, danach noch zweimal bei den Taufen seiner Kinder. Aber seitdem hatte sie sie nie wieder besucht.
    »Man kann es aber auch übertreiben«, fand Helena, die sich hervorragend mit Evelyn verstand und ihre neuen Halbgeschwister abgöttisch liebte. »Papa hat sich verändert. Er ist viel netter geworden, seit er wieder geheiratet hat.«
    »Kann sein«, meinte Cara bloß. »Ist mir aber egal.«
    Selbst wenn es stimmte, selbst wenn sich ihr Vater wirklich von Grund auf gewandelt hatte, dann war sie selbst doch immer noch dieselbe. Und ihre Gefühle für

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