In guten wie in toten Tagen
den Rauch in den Garten.
»Deshalb hast du niemand was gesagt«, meinte Cara. »Weil Sergej im Knast sitzt.«
»Meine Eltern wissen Bescheid. Wenn sie nicht gewesen wären, hätte ich das alles nicht durchgestanden. Dann wär ich heute wahrscheinlich tot oder ebenfalls im Knast und Tessi wär nie geboren worden. Aber als sie gehört haben, dass ich schwanger bin, da haben sie mir Mut gemacht. Da haben sie sich sogar gefreut. Könnt ihr euch das vorstellen? Ich war total fertig, aber meine Eltern waren absolut sicher, dass alles gut wird.« Sie drückte ihre Zigarette in dem Aschenbecher aus, der auf dem Fensterbrett stand, und wischte sich mit dem Handrücken eine Träne von der Wange. Und dann noch eine. »Und sie hatten recht. Ich mein, es ist nicht alles super. Aber ich hab Tessi. Manchmal nervt sie mich tierisch, aber ich liebe sie. Sie ist das Beste, was mir passieren konnte.«
»Sergej ist ihr Vater«, sagte Vitali. »Er hat doch ein Recht darauf zu erfahren, dass er eine Tochter hat.«
»Er weiß es ja.« Jacky ließ sich wieder aufs Sofa fallen. »Ich hab ihn angerufen, an dem Abend, als er bei dir war.«
»Du warst das?«, fragte Vitali ungläubig. »Und wie … ich meine, was hat er …?«
»Er war total fertig, als er gehört hat, dass ich schwanger bin«, sagte Jacky. »Total. Ich weiß nicht genau, was ich erwartet habe. Mir war schon klar, dass er sich nicht freuen würde. Aber dass er so reagiert …«
»Wie hat er denn reagiert?«, fragte Cara.
»Mach es weg, hat er gesagt. Du musst es wegmachen. Ich will kein Kind, ich will das nicht. Wir haben uns gestritten. Dann bin ich heulend nach Hause und er ist ins Foxy und hat Kilian umgebracht.«
»Und dann?«
»Das war’s. Ich hab mich danach nie mehr bei ihm gemeldet. Er sich auch nicht bei mir.«
»Das glaub ich nicht«, sagte Vitali. »Das glaub ich einfach nicht.«
»Was glaubst du nicht? Dass er Tessi nicht wollte?«
»Dass er nie mehr nachgefragt hat, wie du dich entschieden hast. Vielleicht hat er gar nicht mitbekommen, dass Tessi da ist …«
Jacky lachte. »Glaub mir, Vitali, er weiß Bescheid. Geldern ist ein Dorf, hier weiß jeder alles über jeden. Selbst wenn er es gar nicht wissen will.«
»Aber Sergej sitzt im Gefängnis«, meinte Cara. »Vielleicht hat er wirklich keine Ahnung.«
»Ach Quatsch. Wir haben so viele gemeinsame Bekannte. Natürlich weiß er es. Er ist froh, dass ich nichts von ihm will.«
»Aber wenn er rauskommt …«, begann Cara.
»Dann wird sich nichts ändern. Ich will kein Geld von ihm. Ich will gar nichts von ihm. Nur dass er uns in Ruhe lässt.«
»Das ist …« Vitali vergrub sein Gesicht in seinen Händen. Und murmelte etwas, das Cara nicht verstand.
»Tut mir leid«, sagte Jacky. »Echt. Ich weiß, dass dich das trifft.« Sie räusperte sich. »Aber so ist das nun mal. Man guckt einem Menschen immer nur vor den Kopf. Auch wenn es der beste Freund ist«, sagte sie und sah Cara an. »Auch wenn es die eigene Schwester ist.«
»Sag mal, geht’s noch?«, fragte Cara. »Fängst du jetzt auch noch damit an? Was hat Helena damit zu tun? Nichts, absolut nichts.«
»Du hältst sie für eine Heilige. Aber das ist sie nicht.«
»Man könnte meinen, dass ihr sie alle hasst. Wie schlecht ihr über sie redet.«
»Das stimmt nicht, Cara«, sagte Jacky. »Ich rede nicht schlecht von Helena. Und ich hasse sie auch nicht. Sie ist meine Freundin, egal, was sie getan hat. Tom war mir immer suspekt, und nach allem, was ich jetzt über ihn weiß, wein ich ihm keine Träne nach. Aber ich weiß auch, dass Helena kein Engel ist. Sie ist ziemlich hart. Im Nehmen und im Austeilen. Das musst du wissen.«
»Ich will mir das nicht mehr anhören«, sagte Cara und stand auf. »Ihr kennt sie doch gar nicht. Aber ich weiß, wie sie wirklich ist. Ohne Helena wäre ich …«
»… verzweifelt«, fiel Jacky ihr ins Wort. »So wie Vitali ohne Sergej. Trotzdem war Sergej kein Unschuldslamm.«
»Mag sein«, sagte Cara und fühlte sich dabei unendlich müde. Und hätte sich am liebsten zurück auf das Sofa fallen lassen und ihren Kopf an Vitalis Schulter gelegt und wäre eingeschlafen. »Seid mir nicht böse«, sagte sie. »Ich hab in den letzten Nächten total schlecht gepennt. Ich muss nach Hause. Ich muss ins Bett.« Sie erwartete, dass Vitali ebenfalls aufstand, um sie zu begleiten, aber er nickte nur und griff zu seinem Bier.
»Hoffentlich sehen wir uns morgen bei der Arbeit«, sagte er.
»Ich denke schon«, sagte
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