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In hellen Sommernächten - Burnside, J: In hellen Sommernächten

In hellen Sommernächten - Burnside, J: In hellen Sommernächten

Titel: In hellen Sommernächten - Burnside, J: In hellen Sommernächten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burnside
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auch wenn dieses Mitleid nicht anhielt, auch wenn es in jenem Moment verflog, in dem sie fortging, machte mir die Erinnerung an dieses grässlichste aller Gefühle zu schaffen. Zugleich wusste ich, dass mir im Grunde nichts an ihr lag. Zweifellos war sie an jenem Abend nach Hause gegangen – hatte vielleicht noch im Hotel eine Nachricht hinterlassen –, um in der Küche bei einem Glas Wein ein Mahl zuzubereiten, zu dem ich nicht kommen würde, und meiner Mutter und mir dann mangelndes Mitgefühl zu unterstellen. Nur das war es nicht, was mir zu schaffen machte – es war vielmehr die unausgesprochene Andeutung, die Kate meinen, nein, die sie wissen ließ, dass Mutter mich auf eine bestimmte Weise betrogen hatte, wenn nicht durch direkte Lügen, so doch durch eine Reihe sorgfältiger Auslassungen. Was absurd war. Denn selbst wenn Arild Frederiksen sie in ihrer Schwangerschaft nicht verlassen hätte, wovon ich bislang stets ausgegangen war, selbst wenn er wirklich so gut war, wie Kate Thompson ihn beschrieb, galt trotzdem, dass Mutter nicht log. Natürlich sagte ich mir, dass Mutter mir nie Anlass gegeben hatte, sie für jemanden zu halten, der willentlich betrog, während Kate Thompson jemand war, den ich weder kannte noch mochte, bloß – der Gedanke allein genügte nicht. Ohne den nötigen Glauben reichte er nicht aus. Selbst wenn der Zweifel nur wenige Sekunden bestanden hatte, so war er doch aufgekommen, und ich schmeckte seinen sauren Nachgeschmack während des ganzen Heimflugs in einer halb leeren Maschine, bei der Überquerung schneebedeckter Berge. Noch als unter mir die westlichen Inseln dahinglitten, merkte ich, dass ich nicht recht wusste, was ich glauben sollte. Gewiss, ich war erschöpft, aufgewühlt von den seltsamen Vorstellungen, die mir durch den Kopf gegangen waren, und auch wenn ich versuchte, es dem Schlafmangel zuzuschreiben, war mein Vertrauen in einiges, worauf ich angewiesen war – mein Gefühl der Zugehörigkeit, Mutter, die Geschichte, die wir teilten – arg gebeutelt worden. Deshalb brauchte ich ein wenig Ablenkung – und mir fiel nichts Besseres ein, als mich dem zuzuwenden, womit ich mich auch früher schon abgelenkt hatte. Ich spionierte Martin nach. Ich schaute mir Bilder an. Ich ging wandern. Ich saß in Kyrres Küche und trank Kaffee. Der Gedanke, dass ich auf etwas warten könnte, kam mir erst, als eintraf, worauf ich wartete, und sobald ich Kate Thompsons Paket sah, wusste ich, dass ich die ganze Zeit damit gerechnet hatte. Mich wunderte nur, warum ich nicht schon viel früher darauf gekommen war.
    Mutter hatte an jenem Tag die Post in Empfang genommen, das Paket also auch gesehen, aber kein Wort darüber verloren. Sie hatte es nur auf den Küchentisch gelegt, damit ich es dort fand, und war wieder in ihr Atelier gegangen. Überhaupt hatte sie, was meine Reise betraf, größten Takt bewiesen: Seit der Heimfahrt vom Flughafen waren wir nicht mehr darauf zu sprechen gekommen, weshalb ich mir ziemlich sicher war, dass sie das Thema nicht wieder anschneiden würde, falls ich es nicht selbst tat – was ich natürlich keineswegs beabsichtigte. Das Paket war ziemlich groß, und ich wusste, es enthielt die Dinge, die Kate Thompson erwähnt hatte, jene, von denen sie glaubte, Arild Frederiksen hätte gewollt, dass ich sie bekomme. Ich aber wollte sie nicht, wollte sie nicht im Haus haben und wollte auch nicht, dass Mutter sie sehen musste, weshalb ich anfangs daran dachte, sie fortzuwerfen oder vielleicht sogar zu verbrennen. Nach langem Zögern beschloss ich jedoch, die Angelegenheit hinter mich zu bringen, öffnete das Paket und entnahm den Inhalt Stück für Stück. Insgesamt handelte es sich um fünf Gegenstände, einer schöner als der andere – und allen Umständen zum Trotz konnte ich sehen, wie schön sie waren; ich war von ihnen genauso hingerissen, wie Kate Thompson es sich vermutlich erhoffte. Bestimmt hatte Arild Frederiksen diese Dinge von seinen Reisen mitgebracht, Dinge, die ihm als Freundschaftsbeweis geschenkt worden waren oder um die er in den Bergdörfern oder überfüllten Basaren Südamerikas oder der Mongolei gefeilscht hatte. Ein rotes Emaillekästchen mit dem exquisit detaillierten Bild eines Vogels auf dem Deckel; ein geschnitzter Knochen oder Stoßzahn, vom Alter glatt geschliffen, auf dem gerade noch drei Ruderboote mit Jägern und Anglern zu erkennen waren; eine kleine, bemalte Maske, so winzig, dass sie nur ein Kind tragen konnte, mit schwarzweißem

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