In ihrem Blut: Thriller (German Edition)
Berichten und Tabellen zu arbeiten. Sie musste jetzt Disziplin wahren und mit ihrer Untersuchung weitermachen, wenn sie irgendwas erreichen wollte.
Aber der Streit mit Dempster tobte ihr im Kopf herum. Die Hoffnung auf eine Lösung ihres Heroinproblems verschwand zusammen mit ihm durch die Tür. Es gab auch kaum Aussicht, dass Bonnington auf ihren Erpressungsversuch reagieren würde. Es war nur ein Trick gewesen, ein Schachzug.
Er war kein Dummkopf, und sie konnte sich nicht vorstellen, dass er wegen der vagen Drohung einer Süchtigen einknickte.
Wenigstens in einer Hinsicht war Dempster nützlich gewesen. Er hatte ihr die alte Doyle-Akte besorgt. Sie griff neben den Computer, wo sie sie hingelegt hatte. Sie war nicht da.
Sie wusste sofort, dass Dempster sie mitgenommen hatte. Wahrscheinlich hatte er sie eingesteckt, als sie im Bad gewesen war. Er hatte von Anfang an seinen Abgang geplant. Also hatte er sie fallen gelassen.
Sie fühlte ein Aufflackern von Enttäuschung, aber dann schob sie das Gefühl beiseite und versuchte einzuschätzen, was Dempsters heimtückisches Verhalten für ihre gegenwärtige Situation bedeutete. Nach allem, was sie für ihn getan hatte, würde er sie nicht mehr wegen der gefälschten Rezepte belangen, das könnte sonst echt übel für ihn werden. Immerhin, auch schon eine Art Erfolg.
Für ihre Untersuchung hatte die alte Doyle-Akte sie zu dem pensionierten Senior Constable Marks geführt, und sie konnte nun Ginas Beweggründe besser verstehen. Aber worin bestand die Verbindung zwischen Ginas Tod und Nestors? Del hatte ihr erzählt, dass Nestor sich in seinem Büro eingeschlossen hatte, nachdem Coulthard ihm das Foto der Leiche gezeigt und ihm wahrscheinlich mitgeteilt hatte, dass sie Doyles Tochter war. In dieser Nacht war Nestor abgestürzt, und zwar wörtlich. Blieb noch zu klären, ob er ermordet worden war.
Coulthard schuldete Doyle etwas, der seinerseits Coulthard verdächtigte, dass er seine Tochter ermordet hatte oder wusste, wer es getan hatte. Coulthard hatte auf Doyles Wunsch hin die Fortsetzung der Observierung verhindert, aber Nestor hatte alles gestoppt.
Das hatte Doyle offensichtlich auch beschäftigt. Sein Partner hätte ihm gesagt, dass Nestor sich darum gekümmert hatte. Er hätte die Informantin nicht umzubringen brauchen.
Berlin kam zu keinem Ergebnis.
Es musste irgendwas bei den Informationen geben, das ihr entgangen war, aber sie hatte keine Ahnung, was das war. Sie goss sich noch einen Scotch ein und ging wieder ihre Aufzeichnung des Gesprächs zwischen Doyle und Coulthard durch. Sie hatte geschrieben:
Doyle (aggressiv): Was ist denn nun mit diesem Nestor, dem richtigen Chef. Wissen Sie, warum er alles gestoppt hat?
Coulthard (hysterisch): Hat er nicht gesagt. Und jetzt ist er tot, und es gibt keine Möglichkeit, es herauszufinden.
Vielleicht gab es doch eine. Doyle hatte gesagt, er wüsste von seinem Partner, dass Nestor der Chef war. Wer war also dieser Partner?
Falls Doyle, Coulthard und Nestor mit dem Mord an Gina nichts zu tun hatten, blieb da noch dieser Partner.
Sie klickte Nestors Mailbox an und spielte sie noch einmal ab. Sie hatte den Text – soweit sie konnte – verlangsamt, beschleunigt und entstört. Aber das half nichts, sie erkannte die Stimme nichts, konnte nicht genau hören, was gesprochen wurde, und verfügte nicht über die Fachkenntnisse, die Tonqualität zu verbessern. Aber ein raues, spöttisches Lachen und ein Schluchzen waren unverkennbar.
48
Berlin lebte nach dem Motto: Halte dich eng an deine Freunde und noch enger an deine Feinde. Sie hatte nur wenige Freunde, deshalb gab es da keine Drängelei. Um ihren Feinden genügend Platz einzuräumen, hätte sie die Albert Hall mieten müssen.
Sie tippte Coulthards Nummer in ihr Handy ein. Ihre Rufnummernanzeige war unterdrückt, deshalb standen die Chancen gut, dass er drangehen würde.
»Acting General Manager Coulthard am Apparat.«
»Dann sind Sie also wieder im Job?«, fragte sie.
Es gab eine Pause. Da sich das Gleichgewicht der Kräfte zwischen ihnen verändert hatte, musste Coulthard fieberhaft überlegen, wie er ihr antworten sollte.
»Ich hatte vor, Sie anrufen«, sagte er mit seiner geschäftsmäßigen Stimme.
»Ich war schneller. Ich muss Sie sehen.«
»Wo?«
»Hier. In meiner Wohnung.«
»Das halte ich für keine gute Idee. Ich kann es mir nicht leisten, bei Ihnen gesehen zu werden.«
»Wer sollte Sie schon sehen? Hier gibt es keine Beobachter.«
Dieses Mal
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