In jenem Sommer in Spanien
das heißen: nicht im Land sein?“
„Ich habe auch meinen Eltern den wahren Grund für die Lösung der Verlobung noch nicht mitgeteilt.“
„Bestimmt waren sie ohnehin nicht begeistert über die Nachricht“, meinte Alex. Da war ihr Sohn gerade dabei, die perfekte Verbindung einzugehen, dann kam sie, Alex, dazwischen wie die Schlange im Paradies und machte den ganzen schönen Plan zunichte.
„Sie haben es akzeptiert. Aber von Luke wollte ich ihnen gerne erst erzählen, wenn ich vor Ort bin. Und da kommst du ins Spiel. Ich will für uns einen kleinen Spanienurlaub organisieren. Wir können meinen Eltern gemeinsam die Neuigkeit überbringen und ihnen ihren Enkel zusammen vorstellen. Außerdem hätte ich dann ein bisschen mehr Zeit, um Luke kennenzulernen.“
Das klang eigentlich wunderbar. Allerdings bekam Alex bei der Vorstellung Atemnot, länger mit Gabriel zusammen zu sein, mit ihm gemeinsam zu essen, ihn in Badehose am Strand zu sehen – lachend, entspannt und ganz schrecklich sexy.
„Was ist mit deiner Arbeit?“, fragte sie hoffnungsvoll. „Du musst doch ein Firmenimperium leiten!“
„Bestimmte Dinge gehen eben vor.“ Er zuckte die Schultern, obwohl er durchaus bemerkt hatte, wie panisch sie klang. „Manchmal muss man Opfer bringen, und ich bin bereit dazu.“
„Deine Eltern geben sicher mir die Schuld daran, dass es mit Cristobel nicht geklappt hat.“ Alex stellte sich die beiden wie eine ältere Version von Gabriel vor: kaltherzig, ehrgeizig, märchenhaft reich und hundertprozentige Verfechter einer Hochzeit, die nur geschlossen wurde, um ihren Reichtum zu mehren. Bestimmt wären sie nicht begeistert, nach Cristobel eine Ausländerin aus bescheidenen Verhältnissen vorgestellt zu bekommen, die dumm genug gewesen war, sich während einer kurzen Affäre von ihrem tollen Sohn schwängern zu lassen. „Sie werden mich hassen.“
Gabriel lächelte nur. Sie hatte immer schon einen Hang zur Dramatik gehabt.
„Vielleicht solltest du sie lieber allein treffen … Luke und ich könnten im Hotel bleiben, und sie könnten uns für ein paar Stunden besuchen kommen. Für den Anfang, meine ich.“
Gabriel hatte schon den Kopf geschüttelt, bevor sie ihren Satz beendet hatte. „Meine Eltern sind nicht so schlimm, wie du denkst. Sie sind nur sehr konservativ und werden es merkwürdig finden, dass wir unsere Beziehung nicht legalisieren, um unseres Sohnes willen. Aber bestimmt kann ich ihnen deine Einstellung zu diesem Thema erklären.“
„Okay“, sagte Alex, obwohl sie kein bisschen beruhigt war.
„So, nachdem du mir in punkto Urlaub zugestimmt hast, müssen wir die praktische Umsetzung besprechen. Ich werde jemanden damit beauftragen, dein Haus zu verkaufen, und dann kannst du deinen Eltern das Geld zurückzahlen, das sie dir dazugegeben haben. Du wirst auch deinen Job kündigen müssen. Aber das wird wohl nur eine Formalität sein, da wir ohnehin nächste Woche nach Spanien fliegen. Sind eure Pässe noch gültig?“
Alex sah ihn entgeistert an. „Ich kann das alles nicht mal eben in ein paar Tagen regeln!“
„Das musst du auch nicht.“ Gabriel wandte einen Moment den Blick ab, dann sah er ihr wieder tief in die Augen. „Bisher musstest du dich um alles kümmern. Aber jetzt bist du nicht mehr allein.“
So wie er das sagte, mit rauer, bewegter Stimme, errötete Alex unwillkürlich. Außerdem wurde ihr ganz warm ums Herz. Ihre Unabhängigkeit hatte sie bisher regelrecht zelebriert, weil sie wusste, dass ein kleiner Mensch allein von ihr abhing. Aber es war ein verführerischer Gedanke, zumindest nicht mehr vollständig auf sich gestellt zu sein.
„Ich möchte meinen Sohn ein bisschen besser kennenlernen, bevor wir nach Spanien reisen“, sagte Gabriel jetzt, und der Gedanke machte ihn richtig nervös, obwohl ihm das sonst nie passierte. Er räusperte sich und trank einen Schluck von seinem Wein. Würde es ihm auch gelingen, eine Beziehung zu seinem Sohn aufzubauen? Immerhin war er als Vater so lange nicht präsent gewesen. Außerdem waren Kinder in seinem Leben bisher nicht vorgekommen. Was, wenn der Kleine ihn nicht leiden konnte? „Sollte ich irgendetwas wissen?“
„Was meinst du damit?“
„Welche Vorlieben hat er, was mag er gar nicht?“
„Er mag, was alle vierjährigen Jungen mögen“, meinte Alex nachdenklich. „Du weißt schon …“
„Nein, eben nicht.“
„Bist du aufgeregt?“
„Natürlich nicht!“, antwortete Gabriel, weil er sich keine Blöße geben wollte.
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