In jenem Sommer in Spanien
Sohn zuvor erklärt, dass der Mann, den er an jenem Abend für wenige Momente gesehen hatte, sein Vater war. Dabei hätte sie sich innigst gewünscht, es gäbe Ratgeberbücher für ein solches Gespräch. Doch Luke hatte alles einfach nur stirnrunzelnd hingenommen und dann gefragt, ob er ein Spielzeug, das auf dem Kinderkanal beworben wurde, haben dürfe, weil sein bester Freund es auch hatte. Luke war einfach noch zu jung, um richtig zu verstehen, was es bedeutete, dass Gabriel jetzt an ihrem Leben teilhaben wollte.
Als Gabriel dann an der Tür erschien und sich Luke mit einem Händeschütteln vorstellen wollte, versteckte sich der Junge hinter Alex’ Rücken und traute sich erst wieder hervor, als Gabriel ihm einen Satz Spielzeugflugzeuge hinhielt.
„Ich habe deine Anweisungen befolgt und nichts allzu Teures gekauft, Alex“, meinte er dabei.
Danach saßen sie um den Küchentisch, und Gabriel stellte Luke umständliche Fragen, während dieser hungrig seinen Teller Spaghetti Bolognese hinunterschlang. Hin und wieder sah er dabei auf und beantwortete kindlich detailreich die eine oder andere Frage.
Jetzt, im Flugzeug, war Luke zwischen ihnen eingeschlafen. Sein Kopf lehnte an Alex’ Schulter, während Gabriel auf seiner anderen Seite konzentriert auf den Bildschirm seines Laptops sah.
Gelegentlich öffnete Alex die Augen halb und betrachtete Gabriel. Dabei machte er jedes Mal enormen Eindruck auf sie. Obwohl inzwischen fünf Jahre vergangen waren, sah er immer noch umwerfend gut aus, und ihre Erinnerung an Lucio vermischte sich mehr und mehr mit dem Gabriel von heute und untergrub dadurch die Feindseligkeit, die sie ihm gegenüber empfinden wollte. Als hätte er gespürt, dass sie ihn beobachtete, klappte er seinen Laptop zu und wandte sich Alex so schnell zu, dass sie sich nicht mehr rechtzeitig schlafend stellen konnte.
Dann blickte er auf den schlummernden Luke und dachte, wie erholsam es doch war, für einen Augenblick nicht den Vater spielen zu müssen. Er hatte ja mit Schwierigkeiten bei der Kontaktaufnahme gerechnet, und es war eine unangenehme Erfahrung gewesen, als er sich seinem Sohn offiziell vorstellen wollte. Heute war es nicht viel besser gelaufen. Wenigstens hatte der Junge die Flugzeuge dabeigehabt, die er ihm geschenkt hatte, aber er begegnete ihm immer noch mit unverhohlenem Misstrauen und klammerte sich an die Hand seiner Mutter, als befürchtete er, sie könnte ihn mit diesem Typen allein lassen, den er jetzt „Dad“ nennen musste.
„Das funktioniert alles nicht so richtig gut, hm?“, sagte Gabriel nun unvermittelt.
„Was meinst du?“, fragte Alex und richtete sich langsam in ihrem Sitz auf. „Das mit Luke?“
Doch Gabriel antwortete nicht, wohl, weil es ihm unangenehm war.
„Du hast keine Erfahrungen mit kleinen Kindern“, meinte Alex aufmunternd. Längst hatte sie seine ungewöhnliche Verletzlichkeit im Umgang mit Luke bemerkt. „Die Flugzeuge, die du ihm gekauft hast, gefallen ihm wirklich.“
„Bei dem richtigen Flugzeug war er weniger beeindruckt.“
„Vielleicht schlägt er da eher nach mir.“ Alex sah sich um: Alles war teuer und luxuriös, ein Privatjet eben.
Gabriel entspannte sich ein wenig. Er ließ den Blick über sie gleiten. Ihre langen Beine steckten in Jeans, und dazu trug sie einen eng anliegenden, gestreiften Pulli, der bei jeder anderen Frau unmöglich ausgesehen hätte, ihr aber einfach hervorragend stand. Auch willentlich hätte er keine Frau finden können, die weniger mit Cristobel gemein hatte. In jeder Beziehung schienen die beiden von unterschiedlichen Planeten zu kommen.
„Sag doch einfach, dass du wahnsinnig beeindruckt bist“, meinte Gabriel dann verführerisch und vergaß dabei beinah, dass er höflich und distanziert bleiben wollte. Unter Alex’ Pulli zeichneten sich ihre Brustknopsen ab, und sofort reagierte sein Körper darauf.
„Nein, ich bin nicht beeindruckt.“
„Lügnerin!“
Dabei lächelte er so unheimlich sexy, dass sie ein wohliger Schauer überlief.
„Ich weiß noch, dass du damals total beeindruckt warst, als ich dir den roten Sportwagen gezeigt habe und behauptete, er gehöre einem Freund.“
„Damals war ich fast noch ein Kind.“ Vergeblich versuchte Alex, den Blick von ihm loszureißen. „Hat er eigentlich dir gehört?“
„Wirfst du dann etwas nach mir?“
„Na ja, mittlerweile reizt mich so etwas nicht mehr.“ Plötzlich stellte sie sich vor, wie sie sich heute auf dem Rücksitz des Sportwagens
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