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In kalter Absicht

In kalter Absicht

Titel: In kalter Absicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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nicht!«
    »Dann mußt du essen.«
    In gewisser Hinsicht fand er es erregend, hier zu stehen. Er hatte die Eisentür an der Wand festgehakt. Trotzdem könnte sie zufallen. Wenn er unvorsichtig war. Wenn er zum Beispiel stürzte, wenn er für einen Moment das Gleichgewicht verlor und gegen die Tür stolperte, dann würde der Haken sich aus dem Ring lösen und die Tür würde hinter ihm ins Schloß fallen. Und dann wären sie verloren. Alle beide. Er und die Kleine. Er atmete heftig. Er könnte ins Zimmer hineingehen und sich auf den Haken verlassen. Der war solide, er hatte ihn selbst angebracht. Er hatte einen großen Ring tief in die Mauer eingeschraubt und festgegipst. Einen großen Ring. Der war solide und würde niemals von selbst nachgeben. Er ging weiter ins Zimmer hinein.
    Kontrolle.
    Das Wetter hatte ihn im Stich gelassen. Er hatte das Kind ersticken müssen. So hatte er sich das nicht gedacht. Er hatte den Jungen allerdings auch nicht entführen wollen, so wie die drei anderen. Es lohnte sich, jedesmal etwas anders vorzugehen. Das war verwirrend. Nicht für ihn natürlich, sondern für die anderen. Er hatte genau gewußt, daß der Junge jeden Nachmittag mindestens zwei Stunden im Garten stand. Nach einer Stunde war alles zu spät gewesen. Nicht für ihn, sondern für die anderen.
    Es wäre besser, wenn Emilie ein Junge wäre.
    »Ich habe einen Sohn«, sagte er.
    »Mmm.«
    »Er ist jünger als du.«
    Das Kind machte ein verängstigtes Gesicht. Er trat noch einen Schritt auf das Bett zu. Emilie preßte sich gegen die Wand. Ihr Gesicht bestand nur noch aus Augen.
    »Du stinkst«, sagte er langsam. »Hast du noch nicht gelernt, wie man sich sauber hält? Du darfst nicht zum Fernsehen nach oben kommen, wenn du weiter so stinkst.«
    Noch immer starrte sie ihn nur an. Ihr Gesicht war jetzt weiß, nicht hautfarben, nicht rosa. Weiß.
    »Du bist doch eine kleine Dame, du.«
    Emilies Atem ging ungeheuer schnell. Er lächelte, wurde ruhiger.
    »Iß«, sagte er. »Besser, du ißt.«
    Dann ging er rückwärts auf die Tür zu. Der Haken war kalt unter seinen Fingern. Er hob ihn vorsichtig aus dem Wandring. Dann ließ er die Tür langsam zwischen sich und dem Kind ins Schloß gleiten. Er legte die Hand auf den Lichtschalter und verspürte eine tiefe Befriedigung bei dem Gedanken daran, wie umsichtig es gewesen war, den Schalter draußen anzubringen. Er drückte darauf, und dieses Klicken hatte etwas ganz Besonderes, einen angenehmen Widerstand, der ihn veranlaßte, es einige Male zu wiederholen. An und aus. An und aus und an.
    Am Ende ließ er das Licht brennen, ging nach oben und setzte sich vor den Fernseher.

38
    »Wir haben die Liste aller, die in der Zeit vor und nach dem Mord an Glenn Hugo in Tromsø gelandet oder abgeflogen sind. Die Polizei da oben sammelt in einer Großaktion die Überwachungsvideos aller Tankstellen im Umkreis von dreihundert Kilometern ein. Die Busgesellschaften versuchen Aufstellungen ihrer Fahrgäste anzulegen, was sehr viel schwieriger ist. Die Fährgesellschaften versuchen das ebenfalls.«
    Sigmund Berli kratzte sich im Nacken und zupfte an seinem Kragen.
    »Und viele andere Möglichkeiten, um in das Paris des Nordens zu gelangen, gibt es nicht. Bisher haben wir die Hotels noch nicht um Hilfe gebeten. Der Kerl wird ja wohl kaum in einem Hotel abgestiegen sein … nachdem er ein Baby umgebracht hat, meine ich.«
    »Bei dieser Aktion muß es doch um … viele hundert Namen gehen.«
    »Mehrere tausend, fürchte ich. Die Jungs da oben arbeiten wie besessen, um alle in die Computer einzugeben. Sie werden verglichen mit …«
    Berli warf einen Blick auf Yngvar Stubøs Pinnwand, an der die Fotos von Emilie, Kim, Sarah und Glenn Hugo mit großen blauen Heftzwecken befestigt waren. Nur Kim lächelte verlegen, die anderen Kinder starrten ernst in die Kamera.
    »… mit den Aufstellungen, die die Eltern über ihre Bekannten und Kontaktpersonen angelegt haben. Verdammt … diese Listen sind doch total absurd, Yngvar.«
    Seine Stimme versagte, und er räusperte sich.
    »Ich weiß, daß sie notwendig sind. Es ist nur so …«
    »Frustrierend. Jede Menge Namen und keinerlei Zusammenhang.«
    Yngvar gähnte ausgiebig und lockerte seinen Schlipsknoten.
    »Was ist mit dem Mann, der im …«
    Er kniff die Augen zusammen, um sich besser konzentrieren zu können.
    »Im Soltunvei«, fiel ihm dann ein. »Der im Soltunvei gesehen wurde. Der grau- oder blaugekleidete Mann.«
    »Gemeldet hat sich keiner«, sagte

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