In letzter Sekunde - Child, L: In letzter Sekunde - Echo Burning/ Reacher 05
der Junge und vermerkte daneben die Uhrzeit. Dann wälzten die drei kniend die Felsbrocken von der Plane, mit der ihr Pick-up getarnt war, legten sie so ordentlich zusammen, wie das in dieser Haltung möglich war, und verstauten sie auf der Ladefläche. Schoben ihre Teleskope zusammen, luden die Kühlbox ein und stiegen in den Pick-up. Verließen die Senke auf der dem Haus abgewandten Seite und fuhren über felsigen Untergrund genau nach Westen auf den roten Horizont zu.
In der Küche war das Dienstmädchen Jenny dabei, einen riesigen Geschirrspüler einzuräumen. Zur Zeit der ersten Mondlandung war dieses grün emaillierte Gerät vermutlich topmodern gewesen. Sie sah auf, sagte jedoch nichts. Räumte einfach weiter Geschirr ein.
»Kommt«, flüsterte Ellie.
Die Kleine führte sie in einen Korridor im rückwärtigen Teil des Hauses. Auf dem fensterlosen Flur war die Luft erstickend heiß. An einer Seite führte eine Holztreppe, deren rote Farbe auf den Stufen halbmondförmig abgetreten war,
ins Obergeschoss hinauf. Ellie ging voraus. Unter Reachers Gewicht knarrten die Stufen.
Auf dem oberen Treppenabsatz standen sie vor einer roten Tür. Ellie öffnete sie, durchquerte eine Art Vorraum und bog rechts auf einen schmalen Flur ab. Alles war aus Holz – Wände, Decken und Fußböden – und rot gestrichen. Ellies Zimmer lag am Ende des Flurs: ein kleiner roter und sehr heißer Raum von ungefähr dreieinhalb Metern Länge. In dieses Südzimmer musste den ganzen Nachmittag die Sonne geschienen haben. Die Vorhänge waren zugezogen und boten ein wenig Schutz vor der Hitze.
»Wir gehen ins Bad«, sagte Carmen. »Mr. Reacher wartet hier, okay?«
Ellie wartete, bis er sich aufs Fußende des Betts gesetzt hatte, um sicher zu sein, dass er blieb. Dann folgte sie ihrer Mutter ins Bad.
Das Bett war schmal und kurz, eben ein Kinderbett. Die Bettwäsche war mit kleinen bunten Tieren bedruckt. Zur Einrichtung gehörten auch ein Nachttisch, ein Kleiderschrank, ein Bücherregal und eine kleine Kommode. Diese Möbel waren ziemlich neu. Sie bestanden aus hellem Holz mit handgemalten lustigen Figuren darauf und sahen sehr hübsch aus. Bestimmt in einer netten kleinen Boutique gekauft und aus Austin oder sogar Santa Fe herangekarrt. In einigen Fächern des Regals standen Bücher, die übrigen waren mit Plüschtieren voll gestopft, die ein wildes Durcheinander bildeten.
Er konnte die alte Klimaanlage laufen hören. Sie rumpelte und ratterte und klang hier oben lauter. Vermutlich stand sie auf dem Dachboden. Das Geräusch war irgendwie beruhigend, aber die Kühlwirkung nur mäßig.
Dann kamen die beiden zurück, und Carmen öffnete das Fenster. Ellie war plötzlich still und verlegen, vielleicht weil sie jetzt einen Schlafanzug trug, ein mit kleinen Figuren bedruckter
Baumwollslip und ein T-Shirt. Ihr Haar war feucht, ihre Haut rosig. Sie schlüpfte unter die Bettdecke und rollte sich in der oberen Betthälfte zusammen – Reacher nahe, aber sorgsam darauf bedacht, ihn nicht zu berühren.
»Dann gute Nacht, Ellie«, sagte er. »Schlaf gut.«
»Jetzt noch ein Gutenachtkuss«, forderte sie ihn auf.
Er zögerte kurz, dann beugte er sich über sie und küsste sie auf die Stirn. Ihre Haut war warm und feucht und duftete nach Seife. Ellie kuschelte sich zufrieden seufzend in ihr Kissen.
»Danke, dass du unser Freund bist«, sagte sie.
Er stand auf und ging zur Tür. Blickte zu Carmen. Haben Sie ihr eingeschärft, das zu sagen? Oder sagt sie das aus eigenem Antrieb?
»Finden Sie allein hinunter?«, fragte Carmen.
Er nickte.
»Dann sehen wir uns morgen.«
Sie blieb in Ellies Zimmer. Er stieg die Treppe hinunter und betrat die Küche. Das Dienstmädchen war nicht mehr da. Der alte Geschirrspüler brummte. Reacher trat in die Nacht hinaus und blieb auf dem dunklen, stillen Hof stehen. Es schien heißer zu sein als am Tag. Er ging ans Tor. Der Horizont war dunkel. In der Luft lag eine eigenartige Spannung. Weit im Südwesten war Wetterleuchten zu sehen. Er hob den Kopf. Keine Wolken. Kein Regen. Als er sich umdrehte, sah er halb rechts vor sich etwas Weißes leuchten. Ein T-Shirt. Ein Gesicht. Bobby Greer, schon wieder.
»Hat der Ausritt Spaß gemacht?«, fragte er.
Bobby ignorierte seine Frage. »Ich hab auf Sie gewartet.«
»Weshalb?«
»Nur um sicherzugehen, dass Sie wieder rauskommen.«
»Warum sollte ich nicht?«
»Das wissen Sie selbst am besten. Wozu sind Sie überhaupt mitgegangen? Zu dritt – wie’ne richtige
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