In Liebe, Rachel
Körper angespannt wie ein Bogen, und starrte sie wütend aus blauen Augen an.
»Paul, es geht hier nicht nur um mich.« Kate griff Halt suchend nach dem Riemen ihrer Umhängetasche. »Nach Tess’ Geburt hast auch du dich verändert.«
Er schüttelte den Kopf, drehte sich um und machte einen großen Schritt auf das Haus zu – fort von ihr, fort von ihren Erklärungen, fort von der hässlichen Wahrheit. In diesem Moment räusperte sich Jo, die zwischen ihnen stand, laut und vernehmlich.
Paul hielt inne. Seine Schulterblätter zeichneten sich messerscharf unter dem T-Shirt ab.
Überrascht blickte sich Kate zu Jo um, die mit verschränkten Armen an dem BMW lehnte und Paul eindringlich anstarrte. Plötzlich fiel Kate wieder ein, dass Jo mehrmals mit Paul geredet und ihn unter Einsatz all ihrer Kenntnisse im Umgang mit Menschen bearbeitet hatte, um ihn aus seinem erstarrten Panzer herauszulocken.
Später würde sie sich bei Jo für den Versuch bedanken müssen, dachte Kate mit einem erleichterten Schauder.
Dann wandte sie sich wieder zu Paul und nutzte sein Schweigen.
»Du hast dich nach Tess’ Geburt verändert«, sagte Kate, »und die meisten Veränderungen waren durchaus von Vorteil. Ich werde nie vergessen, wie du nach der Geburt ihren winzigen Kopf in deiner Hand gehalten hast. Du schienst sofort zu wissen, wie du mit ihr umgehen musst. Nicht jeder Mann kann sich so schnell auf einen Säugling einstellen.«
Paul blickte auf die Straße, wo Michael mit einem Freund Skateboardtricks übte, doch sie wusste, dass er an seinen eigenen Vater dachte.
»Aber du hast zu der Zeit auch deinen Job aufgegeben. Ich habe dich immer damit aufgezogen, dass du zu Mr Businessman wurdest, aber es war alles andere als einfach, Südkalifornien den Rücken zu kehren, das Start-up hinter uns zu lassen und hierherzuziehen. Es war ein vollkommen anderes Leben, plötzlich hieß es ›Arbeit von neun bis fünf‹ und ›ein Meeting nach dem anderen‹, und du hast hart gekämpft, um dich daran zu gewöhnen.«
»Ich musste doch einen vernünftigen Job annehmen.« Paul drehte sich halb zu ihr um, stemmte die Hände in die Hüften, setzte erneut an, hielt inne, öffnete wieder den Mund, so wie bei Fußballspielen, wenn der Schiedsrichter eine fragwürdige Entscheidung traf. Schließlich fuhr er fort: »Ich wollte meine Kinder nicht in irgendeiner Kommune aufziehen, Okraschoten und Kohlblätter anpflanzen, Tess Latrinen ausheben lassen und Michael das Batiken beibringen …«
»Du wolltest ein besseres Leben.«
»Ja, und ich habe es uns ermöglicht … uns allen.«
»Das stimmt, Paul.« Kate beugte sich zu ihm. »Doch irgendwo auf diesem Weg haben wir beide angefangen zu glauben, dass ein ›besseres Leben‹ wie eine Ralph-Lauren-Werbung aussieht.«
Er blinzelte sie ausdruckslos an.
»Denk mal darüber nach. Waren wir nicht so mit den Kindern beschäftigt, so darauf aus, ihnen die NICK -Comedy-Version eines beständigen und stabilen Lebens zu bieten, dass wir darüber vergessen haben, uns um
uns
zu kümmern?«
Sie beobachtete, wie er ihre Worte verarbeitete, auf seine gründliche Art, während er so konzentriert auf den Boden starrte, als würde er die Grashalme zählen. Kate brauchte einen Moment, um zu bemerken, dass das brennende Gefühl an ihrer Hand von einer Schnalle am Schulterriemen ihrer Tasche herrührte, die sich durch die Haut in der Handfläche gebohrt hatte.
Sie lockerte ihren Griff und wagte es dann, sich ihrem Mann zu nähern. Als er sich nicht bewegte, legte sie eine Hand auf seine Schulter.
Die Muskeln verhärteten sich unter ihrer Berührung.
»Eines Tages werden Tess, Michael und Anna erwachsen sein.« Sie drückte ihre Nase in die Vertiefung neben seinem Schulterblatt. »Eines Tages werden sie aus dem Haus sein, ihr eigenes Leben leben. Dann sind nur wir beide übrig und haben alle Zeit der Welt.« Er roch nach gemähtem Gras, alter Baumwolle und Spülmittel. »Ich weiß, was für eine Ehe ich führen will. Ich will, dass wir das Paar sind, das in Barcelona langsam zu den Klängen der Straßenmusiker tanzt. Ich will, dass wir das Paar sind, das der Mittelpunkt jeder Party ist. Ich will, dass wir auch im Alter noch Händchen halten.« Eine Träne rann ihre Wange hinab. »Das will ich, Paul, das wollte ich immer. Ein Leben mit dir, voller Abenteuer und Liebe. So, wie es einmal war. Sag mir …« – ihre Stimme brach – »… sag mir, ob du das auch willst.«
Sie presste die Wange an seinen Rücken
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