In Liebe verführt
nachließ und der Regen weniger wurde. Sie erstarrte, als sie die Hufschläge galoppierender Pferde von der Straße hörte, die vom Meer wegführte. Sie waren nah und kamen immer näher.
Sie dachte nicht weiter nach, sondern rannte zurück zum Garten hinter dem Haus. Licht drang aus der Hütte mit dem Taubenschlag, und sie rannte hinein, schlug die Tür hinter sich zu. »Es kommt jemand, Cosimo. Pferde… schnell…«
Cosimo hielt ein Stück Papier in der Hand; der Mann neben ihm war kurz und stämmig. In seiner Hand hielt er eine Taube, deren schimmernde Brust er mit einer Fingerspitze streichelte. Die beiden Männer tauschten nur einen Blick, dann löschte der Mann die Lampe, öffnete die Taubenkäfige und scheuchte die Vögel mit leisen Worten in den Garten hinaus. Cosimo griff nach Megs Hand und zerrte sie nach draußen. »Das Klo«, sagte er und schubste sie unsanft in die stinkende Dunkelheit des hölzernen Häuschens.
Raue, fordernde Stimmen ertönten. Jemand pochte und trat gegen die Tür des Hauses. Meg konnte den Schimmer von Fackeln durch die Ritzen in der Klotür erkennen, die sich jetzt in Richtung auf den leeren Taubenschlag zubewegten.
Cosimo hielt Meg an sich gedrückt, seine Hand auf ihrem Mund – als würde sie noch eine Erinnerung daran brauchen, dass sie still sein musste. Nicht einmal Cosimo mit seiner Messersammlung konnte gegen diese Eindringlinge ankommen.
Ein wütender Ruf ertönte vom Haus herüber, ein Schwall zorniger Stimmen. Meg erkannte die Stimme des Mannes, der mit Cosimo im Taubenschlag gewesen war. Er schrie wütend und wollte offenbar nichts auf sich sitzen lassen. Sie konnte hören, wie er seine Unschuld beteuerte und dass er nichts weiter wäre als ein einfacher Bauer, der sein Land versorgt und sich um seine eigenen Angelegenheiten kümmert. Er wolle sofort wissen, was die anderen hier eigentlich verloren hätten, um respektable Leute mitten in der Nacht aufzuscheuchen. Sie sah im schwachen Licht zu Cosimo auf und entdeckte ein leichtes Lächeln um seine Lippen, das ihr unter den gegebenen Umständen irgendwie nicht sehr passend erschien. Jeden Moment konnte die Klotür aufgerissen werden, und sie würden einer Truppe bewaffneter Männer gegenüberstehen, während sie hier in dieser wenig glanzvollen Umgebung hockten.
Cosimo betrachtete die kleine runde Öffnung in der Wand über der Bank mit den drei Löchern, eine Öffnung, die wohl eine gewisse Lüftung gewähren sollte. »Hinauf!«, flüsterte er und deutete mit einem befehlenden Daumen nach oben.
Meg zögerte, denn sie fragte sich, wie er wohl durch so eine schmale Öffnung kommen wollte, doch dann packte er ihre Schultern und schüttelte sie einmal kräftig. Jetzt lächelte er nicht mehr. Sie stieg auf die Bank, und er griff sie um die Knie und hob sie das kleine Stückchen hoch, das nötig war, damit sie Kopf und Schultern durch die Lüftungsöffnung schieben konnte. Sie hing einen Augenblick dort und horchte. Es ertönte immer noch Lärm vom Haus herüber, doch sie sah nur ein Beet mit Kohl. Sie wand sich mit einem kleinen Stoß von hinten nach draußen und ließ sich auf die weiche, nasse Erde fallen. Aber wie würde Cosimo herauskommen?
Mit Hilfe eines Messers? Nein, das war lächerlich. Andererseits würde es sicher für eine Person leichter sein, unbemerkt aus der Tür zu schlüpfen als für zwei. Besonders wenn diese eine Person so geschickt in diesem Geschäft war wie Cosimo… Wie sie ihn einschätzte, konnte er sich garantiert unsichtbar machen.
Noch bevor sie Zeit hatte, sich Vorwürfe zu machen, weil sie zum völlig unpassenden Zeitpunkt Witze machte, die sie sogar komisch fand, stand Cosimo plötzlich wieder neben ihr. Er sagte nichts, sondern zog sie hinter sich her zur Hecke. Sie roch den Misthaufen und fragte sich für einen hysterischen Augenblick, ob sie sich wohl unter dem Mist vergraben würden, bis die Gefahr vorüber war. Glücklicherweise umrundeten sie den Misthaufen, Cosimo sprang in einen tiefen Graben und zerrte sie hinter sich her.
Er legte sich auf den Boden, zog sie über sich und streckte dann die Hände nach beiden Seiten aus, um Pflanzen abzureißen, mit denen er sie beide bedeckte. Dann hielt er Meg fest an sich gedrückt, und sie warteten in unbewegtem Schweigen, solange das Chaos über ihnen wütete. Meg spürte sein Herz unter sich klopfen, sie roch Schweiß und Regen auf seinem Körper. Seine nächtlichen Bartstoppeln pieksten in die Haut ihrer Wange, doch dann spürte sie,
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