In Liebe verführt
schaffen, darüber hinwegzukommen. Vielleicht hatte sie gar nicht geflunkert, als sie sagte, die höhnischen Beleidigungen hätten ihr nichts ausgemacht. Vielleicht war sie ja tatsächlich müde, gefühlsmäßig erschöpft nach ihrer einfallsreichen Reaktion auf die absolut reale Gefahr. Das war verständlich, besonders da sie es nicht gewohnt war, mit gefährlichen Situationen umzugehen. Ana hätte jetzt mit ihm gelacht, mit jener wilden Begeisterung, in der sie stets nach überstandener Gefahr war. Doch Meg war nicht Ana, und daran sollte er öfter denken.
18
Meg stand am Heck der Rosa und lauschte, wie Cosimo mit einem stämmigen Fischer aus der kleinen Stadt Cadillac verhandelte, die dicht am Fluss lag. Sie feilschten um einen Preis für die Rosa , und Meg war ziemlich traurig darüber, das Segelboot verlassen zu müssen. In den letzten zwei Tagen hatte sie sich an sein leichtes Schaukeln, das leise Glucksen des Flusses und sogar das Schlafen in der engen Koje gewöhnt.
Cosimo hatte noch einen zusätzlichen Tag auf dem Fluss riskiert mit der Überlegung, dass er in Cadillac einen höheren Preis für das Boot würde erzielen können, weil es zwar eine kleine Stadt war, aber doch deutlich größer als die anderen Dörfer, an denen sie vorüberkamen. Außerdem würde er in der Stadt bessere Pferde kaufen können als auf dem Land.
Schließlich spuckten sich die Männer in die Hände und schüttelten sie in der uralten Geste des abgeschlossenen Handels. Danach kam Cosimo zu Meg herüber. »So, das wäre erledigt«, sagte er. »Auch wenn es kein optimaler Preis ist. Es gibt eine kleine Herberge in der Stadt, nicht übermäßig edel, aber für heute Nacht wird es reichen, bis ich alles für morgen arrangiert habe. Ein Wagen wird die Schiffskiste abholen.«
Meg nickte. »Ich werde die Rosa vermissen.«
Er sah sie scharf an und fragte sich, ob ihr geradezu trauriges Verhalten auf das Verlassen des Schiffes zurückzuführen war. Seit dem Zwischenfall mit der Barke war sie so verschlossen. Er wollte allerdings nicht riskieren, noch einmal zurückgewiesen zu werden. Deshalb ließ er sie in Ruhe. Sie würde sich irgendwann an die gefährlichen Aspekte dieser Reise gewöhnen. Gewöhnen müssen.
»Nun«, sagte er, »unsere improvisierten Mahlzeiten wirst du bestimmt nicht vermissen, und für heute Abend kann ich dir ein gutes Abendessen garantieren. Die Zimmer beim Cheval Blanc mögen eher schlicht sein, aber es hat eine gute Küche.«
Meg antwortete mit einem Lächeln, das ihr allmählich wieder weniger Mühe machte. Sie hatte sich bis vor zwei Tagen eine reichlich idealistische Version eines leidenschaftlichen Abenteuers eingeredet. Cosimo konnte nichts dafür, dass sie – für sich selbst überraschenderweise – so sentimental war. Sie würde es schon schaffen, dieses lächerliche Gefühl abzuschütteln.
»Also werden wir von jetzt an reiten?«, sagte sie und zwang sich, interessiert zu klingen.
»Für den Anfang schon«, erwiderte er.
»Aber was wird mit der Schiffskiste?«
»Von der werden wir uns trennen und unsere Sachen stattdessen in Satteltaschen unterbringen. Wenn wir diese Gegend erst einmal hinter uns gelassen haben, kannst du wieder Röcke tragen und einen Teil der Reise in einer Kutsche zurücklegen.«
Bei diesen Worten schüttelte Meg heftig den Kopf. »Kutschen ertrage ich nicht«, erklärte sie. »Darin wird mir regelmäßig schlecht.«
Er zupfte sich am Ohrläppchen. »Das ist dumm. Ich glaube nicht, dass du es schaffst, jeden Tag an die zwölf Stunden zu reiten. Bist du sicher, was die Kutsche betrifft? Du bist doch nie seekrank gewesen.«
»Ich bin total sicher«, sagte sie. »Ich habe es noch nie geschafft, mehr als eine Stunde am Stück in einer Kutsche zu fahren, ohne mich erbrechen zu müssen.«
»Na gut, wir werden ja sehen«, sagte er. Er spürte den Drang, sie in die Arme zu nehmen und die kleinen Sorgenfältchen von ihrer Stirn zu küssen. Aber hier, auf offenem Deck am Kai einer geschäftigen kleinen Stadt, war nicht der richtige Ort, um körperliche Nähe zwischen zwei Schiffern zu zeigen.
»Worüber grinst du?«, wollte Meg wissen, als sie das Glitzern in seinem Blick und die leicht gehobenen Mundwinkel sah.
Er erzählte es ihr und wurde durch ein Lachen belohnt, bei dem es ihm warm ums Herz wurde. »So ist es schon besser«, lobte er und fragte vorsichtig: »Warum ist deine Stimmung so düster in letzter Zeit?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Ich schätze, das waren die
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