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In manchen Nächten: Kriminalroman (German Edition)

In manchen Nächten: Kriminalroman (German Edition)

Titel: In manchen Nächten: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica Kristensen
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Raum vor. Hier war es so dunkel, dass er zunächst nichts anderes sah als die schwarzen Umrisse von Vitrinen und einen schwachen Widerschein in den Glaswänden. Er stolperte mehrfach über irgendwelche Gegenstände auf dem Boden.
    Dieser Raum war kleiner. Schon nach wenigen Schritten stieß er auf der anderen Seite an eine Wand. Diesmal gab es keine Tür. Er riss ein Bild herunter, das mit einem Knall auf den Boden fiel. Es knirschte unter seinen Füßen. Eine der Vitrinen im hinteren Teil des Raums ging ihm bis zur Hüfte, er tastete sich an den Rändern entlang. An einer der Ecken war das Schloss aufgebrochen.
    Knut orientierte sich an der Wand und fand zurück zur Tür in den großen Saal, aus dem er gekommen war. Erst jetzt sah er, dass ihm etwas Dunkles über die Finger der rechten Hand lief. Er hatte sich irgendwo geschnitten und sah sich nun nach Papier oder einem Lappen um, mit dem er das Blut stoppen wollte. Doch abgesehen von einigen Kleidungsstücken aus Leder, die eine Jagdszene in einer der Pomoren-Vitrinen illustrierten, fand er nichts. Er konnte sich nicht vorstellen, dass das Leder hygienisch genug war, um es auf eine offene Wunde zu pressen. Hastig verließ er das Museum.
    Es war eine Erleichterung, an die frische, kalte Luft zu kommen. Knut war schwindlig, er schaute auf seine Hand. Blut tropfte von seinen Fingern. Er ging ein paar Schritte durch den Schnee zur Straße und blieb unter einer der Laternen stehen. Der Schnitt verlief quer über das Handgelenk, war aber nicht tief. Er schüttelte den Kopf, konnte sich nicht vorstellen, wo er sich geschnitten haben könnte – er hatte nichts gemerkt. Nun tat es weh, ein brennender Schmerz. Er musste das Blut abwaschen und irgendetwas finden, womit er sich verbinden konnte. Das Hotel war nicht weit entfernt, er sah das Licht über der Treppe.
    Eine Gestalt tauchte vor ihm auf der Straße auf. Zunächst sah er nicht, um wen es sich handelte. Er blieb mit angespannten Muskeln stehen, erschrocken und bereit zur Konfrontation. Als die Gestalt näher kam, erkannte er Jekaterina, die Sekretärin des Direktors. Erleichtert atmete er aus.
    »Polizeibeamter Fjeld, was ist denn passiert? Sie sind ja ganz weiß im Gesicht.«
    Als Antwort hob er die rechte Hand.
    »Eijeijei, Sie haben aber wirklich viele Unfälle. Am besten kommen Sie mit mir, dann sehen wir uns die Wunde an. Möglicherweise müssen wir den Arzt holen.« Sie sprach ruhig, allerdings konnte Knut ihr Gesicht nicht sehen. Er blickte die Straße hinunter – bis zum Hotel waren es nur wenige Meter.
    »Lassen Sie uns zum Frauenhaus gehen, es ist nicht weit«, schlug sie vor und griff nach seinem Arm.

KAPITEL 20 Das Frauenhaus
    Eilig lief Jekaterina in Richtung Siedlung. Knut folgte ihr und stützte die schmerzende Hand mit dem anderen Arm. Es tat wirklich weh. Er wollte nicht mit der Sekretärin ins Frauenhaus. Das Krankenhaus lag in der entgegengesetzten Richtung, es wäre vernünftiger, dorthin zu gehen. Sein Ärmel war feucht vor Blut. Die Wunde musste sicher desinfiziert und genäht werden. Er rief ihr hinterher, doch sie ließ sich nicht beirren. Unsicher blieb er stehen. Dann folgte er ihr doch, bevor sie zwischen den Häusern verschwand.
    Das Frauenhaus erwies sich als ein altes Holzgebäude unweit der Hauptstraße, gestrichen in einem klaren Blau mit weißen Fensterrahmen. Er war häufig an dem Haus vorbeigegangen und hatte Musik und Gesang gehört. Der Dolmetscher hatte erzählt, dass dort die Theatergruppe für eine Tournee im nächsten Sommer nach Longyearbyen und Ny-Ålesund probte. Die Kulturarbeit der kleinen Bergbaugemeinden war eine Tradition, die ihre Ursprünge bis auf die Anfänge der Zechen zurückführte – sie war in der Bergwerksverordnung für Spitzbergen gesetzlich verankert. Und niemand nahm die Verordnung so ernst wie die Russen. Jedes Jahr wurde die Theatergruppe aus Barentsburg mit dem Schiff zu den norwegischen Siedlungen gebracht, um ihre Revuenummern vorzuführen.
    In dem Gebäude spielten sich alle möglichen Aktivitäten ab, hatte der Dolmetscher erklärt. Und nicht nur Frauen nahmen daran teil. Die Männer spielten Harmonika oder Domra, das alte dreisaitige Musikinstrument aus der Pomorenzeit, das aussah wie ein Mittelding aus Gitarre und Bratsche. Sie sangen auch – Volkslieder, Liebeslieder, Lieder über das Vaterland und weniger anständige Weisen. Die Männer führten athletische Kosakentänze aus der Donbas-Region vor, die Frauen tanzten in selbst genähten

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