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In manchen Nächten: Kriminalroman (German Edition)

In manchen Nächten: Kriminalroman (German Edition)

Titel: In manchen Nächten: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica Kristensen
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ich so früh angerufen habe, aber … du hast ja nicht geantwortet.« Er setzte sich auf und sah Knut scharf an. »Wer ist Oksana? War sie in deinem Hotelzimmer? Sag nicht, dass du in der kurzen Zeit, in der du hier bist, ein Verhältnis mit einer Russin angefangen hast?«
    »Nein, nein. Natürlich nicht.« Knut hörte, wie er Tom anlog. »Oksana Aleksandrovna ist die Witwe des toten Steigers. Ich nenne sie nur Oksana. Es ist so schwierig mit diesen russischen Namen … die klingen für mich alle gleich. Ich habe sie gestern vernommen.«
    Knut erzählte Tom von seinem Verdacht. Möglicherweise war Oksana Zeugin des Mordes an ihrem Mann. Daher könnte sie in gewisser Gefahr sein, jedenfalls bis man herausgefunden hatte, wer ihren Mann umgebracht hatte. Leider hatte er noch keine weitere Gelegenheit gefunden, mit ihr zu reden … Er verschwieg immer mehr. Aber es passte zusammen, er hörte, dass es plausibel klang.
    Der Polizeichef sah vor sich hin und nickte hin und wieder. »Ein ziemliches Durcheinander. Bist du wirklich sicher, dass der Steiger ermordet wurde? Wenn wir die Kripos hinzuziehen, gibt es hier Ärger.«
    Knut wollte antworten, aber der Polizeichef hob die Hand, um ihn zu unterbrechen. »Lass uns eins nach dem anderen tun. Anne Lise und ich sind von Longyearbyen gekommen, weil wir feierlich eingeladen wurden, nicht weil wir mit dir reden wollten. Im Zusammenhang mit dem Eintreffen des russischen Forschungsschiffs ›Krasin‹ findet eine Zeremonie statt. Das Schiff soll den Sarg zum Festland bringen – der Tote war offensichtlich nicht irgendwer. Hochdekoriert, außerdem, so heißt es, hatte er Freunde in der Duma. Der Rücktransport mit der ›Krasin‹ entspricht einem Staatsbegräbnis, wie wir es in Norwegen kennen. Und da der Hubschrauber dich ohnehin holen sollte, hat Anne Lise die Einladung angenommen.«
    Knut versuchte so ruhig wie möglich zu antworten, aber es gelang ihm nicht. »Also verschwindet die Leiche aus Spitzbergen, ohne dass wir eine Obduktion durchführen können …«
    Der Polizeichef blickte verlegen auf die Tischplatte. »Die Russen haben deswegen angerufen. Ja, es war wohl eigentlich der Dolmetscher, der mit Anne Lise geredet hat. Es gefällt ihnen gar nicht, dass ihr eigener medizinischer Befund auf einer so dürftigen Grundlage, wie du sie präsentiert hast, in Zweifel gezogen wird. Anne Lise hat Kontakt zum Ministerium aufgenommen. Es braucht mehr, um die Vorbereitungen zu stoppen, den Toten auf eine würdige Weise zurück nach Russland zu bringen.«
    Knut versuchte, konstruktiv zu denken und Argumente zu finden, die für Tom ausschlaggebend wären. »Wirf zumindest einen Blick auf die Fotos, die ich am Tatort gemacht habe, der Vorschlaghammer, der an dem Betonmischer stand, die Fußspuren … und ich muss dir auch die Hände des Toten zeigen. Du wirst verstehen, was ich meine, wenn du die Hände anfasst und den Handrücken fühlst …«
    »Knut, der Mann ist jetzt fast eine Woche tot. Ich habe keine besondere Lust, mir eine sechs Tage alte Leiche anzusehen. Eine solche Anfrage wäre peinlich. Mein Gott, Knut.«
    »Du meinst, wir sollen einen Mörder in Barentsburg frei herumlaufen lassen? Haben wir hier nicht die Polizeihoheit?« Knut hatte keine Kraft mehr, er fühlte sich wie eine Last, die langsam in dunkles, kaltes Wasser gesenkt wird.
    Der Polizeichef erhob sich und blickte auf den Beamten herab. »Lass die Sache fallen, Knut. Das nächste Mal schicken wir keinen Polizeibeamten allein zu einem solchen Auftrag. Jetzt solltest du dich ein bisschen herrichten, dich rasieren und deine eigenen Sachen anziehen. In ein paar Stunden bist du zurück in Longyearbyen.«
    Das formelle Mittagessen fand in der Sporthalle statt, dem einzigen Raum, in dem so viele Menschen Platz hatten. Die Gäste mussten auf niedrigen, langen Bänken sitzen. Das Küchenpersonal hatte Probleme, für so viele Personen zu servieren und gleichzeitig ihren Zeitplan einzuhalten. Schüsseln mit Brot, Butter und Käse standen bereits auf dem mit weißen Decken gedeckten Tisch. Die Leute brauchten lange, um sich zu setzen, gedämpftes Stimmengemurmel erfüllte den Saal. Große Töpfe mit Borschtsch wurden hereingetragen. Das Ganze erinnerte ein wenig an die Essensausgabe in den alten Arbeitermessen.
    Mitten in der Halle war für die Besucher aus Longyearbyen ein eigener Tisch gedeckt, an den auch Knut gebeten wurde. Der Konsul nahm neben Anne Lise Platz, der Bergwerksdirektor Konstantin Nikolajewitsch de Rustin

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