in neuen Abenteuern
erfasst. Sie kannte Mamsells Temperament und wusste, dass es das Beste war, erst einmal die wütende Lehrerin aus dem Zimmer zu lotsen. Dann konnte sie in aller Ruhe ihre Nachforschungen anstellen.
„Mamsell, Ihre nächste Klasse wartet schon“, sagte sie. „Ich werde mich um diese Sache kümmern und Ihnen beim Abendessen Bericht erstatten. Vielleicht gehen Sie jetzt besser und überlassen mir die Angelegenheit.“
Mamsell hasste es, zu spät zum Unterricht zu kommen. Sie stand sofort auf und verließ den Raum. Dabei warf sie Carlotta noch einen wütenden Blick zu. Frau Roberts ging zum Pult. Im Zimmer herrschte Grabesstille.
Carlotta stand noch immer am gleichen Platz. Das Haar hing ihr zerzaust in die Stirn, die Hände waren zu Fäusten geballt. Frau Roberts blickte sie kurz an. Sie kannte Carlottas Wildheit und sie war sich klar darüber, dass man in diesem Augenblick kein vernünftiges Wort mit ihr reden konnte.
Deshalb sagte sie kühl: „Carlotta, geh jetzt bitte, kämme dich und wasch auch deine Tintenfinger!“
Das Mädchen starrte die Lehrerin trotzig an, aber die ruhige Stimme besänftigte sie ein wenig; gehorsam ging sie hinaus. Nachdem sie das Zimmer verlassen hatte, ging ein Aufatmen durch die Klasse. Carlotta war ja immer aufregend – aber diesmal war es ein bisschen zu viel Aufregung gewesen.
„Versteht mich recht, ich möchte jetzt keinerlei Beschuldigungen hören“, sagte Frau Roberts und sah sich mit ihren kühlen blauen Augen in der Klasse um, „aber ich will wissen, was das alles zu bedeuten hat. Vielleicht kannst du mir Auskunft geben, Hilda. Du bist ja die Klassensprecherin.“
„Frau Roberts, ich will es Ihnen erzählen“, begann Helene eifrig. „Carlotta hat das Terrarium geöffnet und den Frosch herausgenommen und dann ...“
„Ich wüsste nicht, dass ich dich um Auskunft gebeten habe“, unterbrach sie Frau Roberts mit so schneidender Stimme, dass das Mädchen sich beschämt auf seinen Stuhl fallen ließ. „Nun, Hilda – erzähle mir alles der Reihe nach.“
„Es war so“, begann Hilda zögernd. „Irgendjemand hatte den Frosch aus dem Terrarium genommen und ihn auf Helenes Pult gesetzt.“ Bobby stand auf. Man sah ihr an, dass ihr die ganze Sache peinlich war.
„Entschuldigen Sie, Frau Roberts, wenn ich Hilda unterbreche“, sagte Bobby. „Ich habe den Frosch herausgenommen.“
„Das stimmt nicht“, schrie Helene. „Es war dieses Biest Carlotta. Sie hat mir den Streich gespielt. Bobby will sie nur in Schutz nehmen.“
„Helene, du verlässt sofort das Zimmer, wenn du noch einmal sprichst, ohne gefragt zu sein“, fuhr die Lehrerin sie an. „Fahr fort, Bobby.“
„Ich habe mich gelangweilt“, sagte Bobby wahrheitsgemäß. „Ich habe deshalb den Frosch herausgenommen und wollte ihn auf Helene hüpfen lassen. Aber der Frosch ist mir aus der Hand gesprungen. Ich nickte Carlotta zu, auf deren Bank er saß. Sie sollte ihn auf Helenes Pult setzen – und sie tat es. Eigentlich bin ich an allem schuld.“
Bobby setzte sich wieder. „Jetzt erzähle du diese ungewöhnliche Geschichte zu Ende, Hilda“, sagte Frau Roberts, die sich über ihre Klasse nur noch wundern konnte.
„Da ist nicht mehr viel zu erzählen“, meinte Hilda. „Als Helene den Frosch sah, bekam sie einen furchtbaren Schreck und schrie wie eine Irre. Mamsell wurde böse. Helene gab Carlotta die ganze Schuld und sagte ein paar sehr hässliche Dinge zu ihr und Carlotta explodierte – und als Mamsell ihr befahl, den Raum zu verlassen, ging sie nicht –, ich glaube ja, dass sie überhaupt nicht gehört hat, was Mamsell sagte. Dann wurde Mamsell sehr wütend, weil Carlotta nicht gehorchte. Sie ging zu ihr hin und packte sie am Arm – und Carlotta drehte sich um und überschüttete Mamsell mit spanischen Wörtern, die Mamsell noch wütender machten. Und dann kamen Sie herein!“
„Und verdarb euch den Spaß, nicht wahr?“, sagte Frau Roberts so ironisch, dass die Klasse nicht zu mucksen wagte. „Das war ja eine sehr unterhaltsame Französischstunde! Bobby, du hast also die ganze Sache eingefädelt und Carlotta hat dich kräftig unterstützt. Und dann haben sich noch verschiedene andere hier ausgetobt. Und die ganze Klasse hat atemlos zugeschaut und sich prächtig unterhalten. Ich schäme mich für euch! Bobby, komm nach dem Unterricht zu mir!“
„Ja, Frau Roberts“, sagte Bobby trübselig. Helene drehte sich mit zufriedenem Gesicht zu Bobby um; sie freute sich, dass Bobby bestraft
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