in neuen Abenteuern
werden sollte. Frau Roberts fing diesen Blick auf. Sie konnte Helenes Niederträchtigkeiten nicht ausstehen, sie hasste ihr Petzen und ihre ständige Schadenfreude. Sie fuhr das Mädchen plötzlich an: „Helene! Du bist auch nicht ohne Schuld. Wo immer du andere in Schwierigkeiten bringen kannst, tust du es bedenkenlos. Hättest du nicht ein so schreckliches Getöse gemacht, dann wäre diese Sache ganz anders verlaufen.“
Helene war tief gekränkt. „Aber, Frau Roberts“, sagte sie beleidigt, „das ist nicht gerecht. Ich ...“
„Seit wann entscheidest du, was gerecht und was ungerecht ist?“, erkundigte sich Frau Roberts kalt. „Halt den Mund und setz dich. Und da ich gerade daran denke – dein letzter Aufsatz war völlig ungenügend, du wirst ihn heute Abend noch einmal schreiben!“
Helene wurde rot. Sie merkte, dass Frau Roberts ihr eins auswischen wollte, konnte aber nichts dagegen tun. Sie merkte auch, dass alle ihre Mitschülerinnen, mit Ausnahme von Petra vielleicht, Frau Roberts recht gaben. Ob Carlotta wohl auch eine Strafe erhielt? Was hatte sie nicht alles zu Mamsell gesagt! Unglaublich! Carlotta war ein übles Mädchen – sie verstieß dauernd gegen die Schulvorschriften und ritt auch noch auf den Pferden fremder Leute!
Den Rest des Morgens verbrachte die Klasse in gedrückter Stimmung. Bobby ging zu Frau Roberts. Die hielt ihr eine solche Strafpredigt, dass sie beinahe in Tränen ausgebrochen wäre – und so etwas war Bobby seit Jahren nicht mehr passiert. Und dann bekam sie noch eine Arbeit, die sie die ganze Woche voll beschäftigte. Sie musste all die Sachen abschreiben und lernen, die sie nach Frau Roberts‘ Meinung noch nicht konnte. Übrigens wusste Bobby am Ende dieser Woche sehr viel mehr als am Anfang.
Carlotta schien überhaupt keine Strafe zu erhalten, worüber sich Helene sehr ärgerte. Hanni und Nanni wussten aber, dass Carlotta zur Direktorin geschickt worden war. Niedergeschlagen hatte sie Frau Theobalds Zimmer wieder verlassen. Sie erzählte keinem Menschen, was geschehen war, und niemand wagte zu fragen.
Mamsell erhielt eine schriftliche Entschuldigung von Bobby und Carlotta – und zu Helenes großem Ärger auch eine von ihr selbst. Frau Roberts hatte es so verlangt. Helene hatte zwar verschiedene Einwände, aber die Lehrerin hörte gar nicht zu. Das Mädchen wagte nicht, ungehorsam zu sein, und schrieb die Entschuldigung, aber das fuchste sie sehr.
Ich werde es Carlotta heimzahlen, dachte sie. Ich spreche mit dem Mann vom Zirkus – ich frage ihn aus und dann weiß ich alles über dieses gemeine Biest. Sicher erfahre ich ein paar sehr interessante Sachen!
Carlottas Geheimnis
Bei der nächsten Gelegenheit ging Helene wieder zum Zirkus. Es war zwei Tage später und sie erzählte, sie wolle eine Wanderung machen. Sie bat Petra mitzukommen.
„Heute nicht, Helene“, sagte Petra, die gerade in ein spannendes Buch vertieft war. „Ich möchte gern meinen Roman zu Ende lesen. Er spielt in der Zeit, die wir jetzt in Geschichte durchnehmen.“ Petra las fast nur Bücher, die mit dem Unterricht zusammenhingen. Die Klasse lachte schon darüber.
„Petra, komm doch mit“, bettelte Helene und legte ihren Arm um Petras Schulter. Petra war sehr liebebedürftig; in ihrem Leben hatte sie wenig Liebe bekommen. Deshalb ließ sie sich von Helenes rührseligen Gesten so leicht beeindrucken. Auch heute stand sie sofort auf. Ihre kurzsichtigen Augen strahlten vor Freude hinter den dicken Brillengläsern. Sie legte ihr Buch beiseite und holte ihren Mantel. Dann machten sich die beiden Mädchen auf den Weg.
Nach einer halben Stunde erreichten sie den großen Platz, auf dem der Zirkus stand. „Jetzt haben wir den gleichen Spaziergang gemacht wie letzte Woche“, sagte Petra.
„Ach ja!“ Helene tat sehr überrascht. „Und schau, der Zirkus ist immer noch da – und dort drüben grasen auch wieder diese wunderschönen Pferde. Komm, wir gehen mal näher hin. Vielleicht gibt es etwas Interessantes zu sehen – Elefanten vielleicht oder andere exotische Tiere.“
Sie betraten das Feld, auf dem die Wohnwagen und Käfige standen. Niemand beachtete sie. Nach einer Weile entdeckten Helenes scharfe Augen den Mann, mit dem Carlotta damals gesprochen hatte. Sie ging auf ihn zu.
„Stört es Sie, wenn wir uns ein bisschen umsehen?“, fragte sie mit ihrem süßesten Lächeln.
„Ganz und gar nicht“, erwiderte der Mann. „Schaut euch nur alles an.“
„Sind das da drüben
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