Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)

In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)

Titel: In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Küble , Henry Gerlach
Vom Netzwerk:
ganz harmlos, D’Ailly ließ fein gewürzten Wein und süßes Gebäck servieren, es wurde geplaudert und gelacht. Dann kam das Gespräch auf die Tyrannen, einige begannen zu sticheln, einen Tyrannen dürfe man ja bekanntlich ermorden, es flogen Worte hin und her, der Herzog von Burgund Johann Ohnefurcht habe es vorgemacht, als er den Hochverräter Ludwig von Orleans ermorden ließ, bis plötzlich Jean Gerson, der Kanzler der Pariser Universität, aufsprang und voller Zorn eine Cedula mit Disputationsthesen zu verlesen begann, die er offenbar vorbereitet und mit sich geführt hatte. Wütend wies er darin die These vom gerechtfertigten Tyrannenmord zurück. Nicht einmal ein ordentlicher Richter habe das Recht, ohne ein ordentliches Verfahren ein Todesurteil zu verhängen, wie viel weniger dann ein Privatmann! Die Ansichten des verstorbenen Doktors der Sorbonne Jean Petit, dass der Mord des Burgunders an Herzog Ludwig von Orleans gerechtfertigt gewesen sei, weil dieser ein Komplott gegen den König geplant und der Burgunder ihn als Tyrannen und Hochverräter deshalb zurecht habe ermorden lassen, sei bereits im Frühjahr 1414 von der Sorbonne offiziell verurteilt und das odiose Libell verbrannt worden. Dies sei nötig gewesen wegen der vielen Ärgernis erregenden Irrtümer bezüglich des Glaubens und der Sitten, die dieses Machwerk enthalten habe. Die genannten Irrtümer müssten ausgerottet und die Irrenden gebessert werden, und wer dieser Sentenz widerspreche, sei ein Begünstiger der Häresie und gehöre ebenso verbrannt wie das Pamphlet von Petit!
    Dann schleuderte Gerson seinem Landsmann und ehemaligen Lehrer D’Ailly seine Schrift vor die Füße und verließ wutschnaubend den Raum. Es war ganz still geworden, und die Versammlung der Prälaten benötigte einige Augenblicke, um sich angesichts des erlebten Furors wieder zu fassen. Nach kurzer Zeit aber begannen alle durcheinanderzureden, es klang wie ein Bienenschwarm, und jeder versuchte seiner Meinung Ausdruck zu verleihen, warum der gestrenge Kanzler der Pariser Universität die Burgunder mit solch unbändigem Hass verfolgte. Die einen waren der Ansicht, dass der Verlust seines Kanonikats in Brügge ihn zu solcher Verbitterung geführt habe, andere mutmaßten, die Verfolgungen durch die burgundischen Parteigänger während des Bürgerkriegs in Paris hätten ihn zu seiner Haltung getrieben, doch Pierre D’Ailly kannte seinen Schüler besser. Er sagte, die Thesen Petits würden die Fundamente von Gersons theologischen Glaubensvorstellungen erschüttern, und das könne er nicht zulassen.
    Wie auch immer, ich sage dir, mein Freund, ich habe selten soviel Feindseligkeit und Hass gesehen wie in den Augen dieses doch so gelehrten und gebildeten Mannes. Was Wunder, dass mir plötzlich ein unerhörter Gedanke kam! Wenn Gerson hinter dem Mord an dem burgundischen Ritter steckte? Hatte er womöglich einem Meuchelmörder den Auftrag erteilt, den verhassten Burgunder zu erschießen, der als Bote für seinen Herzog zum Konzil gekommen war? Oder steckte vielleicht nicht der Kanzler selbst, aber irgendein anderes Mitglied der französischen Delegation hinter dem Attentat?
    Solche Gedanken gingen mir durch den Kopf, als ich später mit Johannes von Brogny über den Münsterplatz zum Stauf ging, wo wir noch einkehrten und die Angelegenheit besprachen. Ich sagte ihm nichts von meinem Verdacht, dafür erschien er mir zu ungeheuerlich, doch Brogny verriet mir, er wisse aus sicherer Quelle, dass sowohl die französische wie die burgundische Delegation viele Wagen mit französischem Wein und wertvollen alten Handschriften nach Costentz gebracht hätten, um die vom Konzil eingesetzte Kommission zur Klärung der Petit-Frage in ihrem Sinne zu salben. So habe er gehört, dass eines der Kommissionsmitglieder, der Kardinal Giordano Orsini, nach D’Ailly und Brogny selbst der wichtigste Kardinal des Konzils und früher als Anhänger von Petit aufgetreten, von den Franzosen eine ganz besondereHandschrift bekommen solle, wenn er in ihrem Sinne und gegen Petit entscheide. Brogny sagte, sein französischer Gewährsmann habe ihm erzählt, es handle sich um eine Abschrift bisher nicht bekannter Reden von Cicero, die aus der alten Abtei Saint Wandrille in der Normandie stamme.
    Mein lieber Niccolò, kannst du dir meine Erregung vorstellen, als ich dies hörte? Nicht im staubigen Turmgefängnis irgendeines heruntergekommenen Klosters im hintersten Winkel dieses barbarischen Landes, sondern mitten

Weitere Kostenlose Bücher