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In Nomine Mortis

In Nomine Mortis

Titel: In Nomine Mortis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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Fenster waren
     eingeschlagen, ein zerschnittener Vorhang bewegte sich träge im
     Windhauch, der von der Seine her herüberwehte. Ich hob den Schürhaken
     und schlich hinein.
    Halb hatte ich erwartet, hier
     auf Schattengestalten zu treffen, doch war ich ein Narr, denn die
     Sergeanten und die Inquisitoren hatten das Haus ja schon zuvor geplündert,
     sodass es hier nichts mehr zu holen gab. Und was nicht weggeschleppt
     worden war, das hatten sündige Hände zerstört. Ich musste
     Acht geben, dass ich nicht auf zerfetzten Teppichen ins Taumeln geriet
     oder mich an den Splittern zerschlagener Truhen und Tische verletzte.                  
    So bewegte ich mich
     vorsichtig durch das leere Heim. Als ich in die Bibliothek kam, hätte
     ich sie kaum wiedererkannt. Denn hier, wo allein die Inquisitoren zugegen
     gewesen waren, fand ich keine Spur von Gewalt. Und auch keine Spur von
     irgendetwas sonst: Alles war verschwunden: Bücher, Pergamentrollen, Bücherkisten,
     Schreibpulte, Federn, Tintenfässer — nichts, nicht ein
     Staubkorn, war mehr in diesem Raum.
    Es war, als hätte es die
     große Bibliothek des Nechenja ben Isaak nie gegeben.
    Ich ging über die Stiege
     ins nächste Geschoss. Auch hier waren die Zimmer verwüstet und
     ihrer wertvollen Einrichtung beraubt worden. Ich stolperte an
     zerschlagenen Betten und Truhen vorbei. Endlich, da ich glaubte, dass kein
     Plünderer mehr im Hause sei, wagte ich es, nach Lea zu rufen. Laut
     rief ich ihren Namen, wohl ein Dutzend Mal. Ich sagte auch, wer ich sei,
     dann lauschte ich, ob ich irgendwo eine Antwort oder wenigstens ein verräterisches
     Geräusch hören mochte. Vergebens.
    Enttäuscht schritt ich
     die Stiege wieder hinunter. Ich war schon an der Tür, als ich plötzlich
     eine leise Stimme flehen hörte: »Bruder Ranulf, bleibt!«
    Eine versteckte Tür
     unterhalb der Stiege schwang auf - und Lea trat heraus.
    Da vergaß ich meine mönchische
     Würde und meine Pflicht als Christenmensch - und stürzte der
     jungen Jüdin entgegen und schloss sie in die Arme.
    »Wie bin ich glücklich,
     Euch zu sehen!«, rief ich.
    »Und ich nicht minder«,
     erwiderte Lea und auch sie schloss mich in die Arme.
    Dann berichtete sie mir mit
     wenigen, hastigen Worten, dass ihr an jenem Tag, da ich die Sergeanten vor
     dem Haus des Wollhändlers abgelenkt hatte, tatsächlich die
     Flucht gelungen war. Sie hatte sich zwei Tage am Ufer der Seine zwischen
     den Stapeln der Stoffballen und der leeren Kisten für die Schiffe
     versteckt, was leicht war, da dort niemand mehr Fracht ablud.
    »Doch dann wurde es so
     schrecklich auf den Straßen, dass mir graute«, fuhr sie fort.
     »In einem fort starben die Menschen. Manche sanken nur ein paar
     Schritte vor den Kisten nieder, hinter denen ich mich verbarg. Und
     schlimmer noch als die Sterbenden waren die Lebenden.«
    Ich dachte an das, was ich
     soeben gesehen hatte, nickte und legte ihr die Hand auf die Lippen.
     »Sprecht nicht darüber«, bat ich. »Ich schlich mich
     am zweiten Abend zum Haus meines Vaters zurück, da ich nicht wusste,
     wohin ich mich wenden sollte. Von Euch, Bruder Ranulf hatte ich doch
     nichts mehr gehört. Ich dachte, Ihr würdet auf dem
     Scheiterhaufen enden!« Sie drückte meine Hand. »Ich sah,
     dass die Sergeanten genug mit den Toten zu tun hatten, denn anfangs bemühten
     sie sich noch, jedes Opfer zum Friedhof zu tragen«, fuhr sie fort.
     »Später jedoch sah ich keinen Sergeanten mehr. Also glaubte ich
     mich im Haus meines Vaters sicher. Das war ich auch. Hier fand ich altes
     Brot und ein paar getrocknete Datteln, die niemand mitgenommen hatte. Während
     der Gewitter jener Tage schöpfte ich Regenwasser vom Dach in einen
     Krug, den ich aus der Küche geborgen hatte.
    Seither verstecke ich mich,
     denn ich wage mich nicht mehr heraus.«
    Sie machte eine kleine Pause,
     dann sah sie mich aufmerksam an. »Habt Ihr etwas von meinem Vater
     gehört?«
    Sollte ich sie anlügen?
     Sollte ich ihr die Wahrheit sagen? Während ich mich für einen
     Augenblick mit diesen Fragen quälte, hatte mich mein Blick schon
     verraten.
    »Er ist tot«, flüsterte
     Lea tonlos.
    Da nahm ich sie wieder in den
     Arm und erzählte ihr von meinen Tagen im Kerker und davon, wie ich
     die Freiheit erlangte und dabei zufällig ihren toten Vater entdeckte.
     In welchem Zustand ich ihn angetroffen hatte, das allein verschwieg ich
     ihr.
    Sie weinte vor Kummer eine
     lange Zeit und ich wusste

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