In Nomine Mortis
mir seltsam zu klingen,
ganz leise und gar nicht menschlich. Stumm betete ich zum HERRN, dass er
uns behüten möge. Ich sah einen Schatten am Rande einer
Seitenkapelle.
»Halt!«, schrie
ich da, sprang auf und hob den eisernen Haken. Ein Fauchen antwortete mir,
eine rasche Bewegung, ein Schatten - dann war nichts mehr zu sehen.
Es war nur eine große
schwarze Katze gewesen, ein Tier des Satans. Mein Herz schlug mir im
Halse, Schweiß klebte auf meiner Haut. »Wir müssen
weitersuchen!«, keuchte ich.
Doch so genau Lea und ich
auch jede Kapelle und jeden Altar, jede Pforte und jeden Winkel
erkundeten: Wir fanden nichts, das den Verschwörern als Versteck hätte
dienen können. Nach wohl einer Stunde - es dunkelte schon und die
Gewitterwand, die sich quälend langsam der Stadt näherte, stand
endlich drohend über uns am Himmel - gaben wir die Suche im Innern
auf.
Wir gingen nun draußen
um die Kathedrale und wagten uns ins steinerne Dickicht der Strebepfeiler
und Filialen, welches die Chorkapellen umhüllte. Es waren dies die
Verstecke der Schönfrauen und ich musste unweigerlich an Jacquette
denken.
Allerdings war hier kein sündiges
Weib mehr, kein Bettler, überhaupt kein lebendes Wesen war mehr zu
sehen. Nur Tote auch hier, doch war mein Blick schon so abgestumpft, dass
ich nicht einmal mehr genau hinsah.
Schließlich standen wir
wieder vor dem Portal unter der prachtvollen, steinernen Rosette, und
sahen uns ratlos und verzweifelt an. »Wo mögen sich die Verschwörer
verstecken?«, fragte ich. Da gab GOTT Lea ein Zeichen.
Denn sie blickte nach oben,
da sie fürchtete, dass es gleich aus den düsteren Wolken regnen
würde.
»Seht, Bruder Ranulf!«,
rief sie da und deutete in den Himmel. Und dann bemerkte auch ich das
Zeichen SEINES Zorns: Am finsteren Himmel kreisten wohl einhundert Raben.
In großen Zirkeln flogen sie um die Kathedrale, als wären sie
ruhelose Seelen, die noch an die Kirche gekettet waren. Wir sahen ihnen
schreckensstarr zu, dann erkannten wir, dass sie um den südlichen
Turm kreisten. Immer wieder stieß einer der schwarzen Vögel
dort durch die steinernen Bögen ins Innere. Andere kamen heraus und
flatterten davon, mit Fetzen im Schnabel. Ich konnte nicht sehen, was die
Raben dort raubten — doch ich konnte es mir denken. »Dort oben
liegen Tote«, flüsterte Lea. »Hinauf in den Turm!«,
rief ich.
*
Wir eilten wieder hinein in
die Kathedrale, wandten uns dort nach rechts und fanden eine Pforte. Als
wir sie öffneten, entdeckten wir eine schmale, steinerne
Wendeltreppe, die sich im rechten Turm der Kathedrale nach oben wand. Da
keine der Fackeln, die in den eisernen Halterungen steckten, mehr brannte
und nur ein paar schmale Fenster in großen Abständen in die Wände
eingelassen waren, drang nur wenig Licht ins Innere. Wir mussten
vorsichtig sein, dass wir nicht stürzten und uns die Glieder brachen.
Trotzdem rannte ich so rasch
nach oben, wie es meine Kräfte zuließen. Den Schürhaken
hielt ich umklammert. Lea folgte mir dichtauf. Irgendwann, vielleicht auf
halber Höhe des Turms, hielten wir inne, um Atem zu schöpfen.
Auch nutzte ich die kurze Pause, um zu lauschen.
Nichts. Im Treppenhaus selbst
schien alles still - so glaubte ich zumindest, denn draußen kündigte
sich das Gewitter nun in Böen an, welche in unregelmäßigen
Abständen um den Turm heulten und es mir schwer machten, ungewöhnliche
Geräusche auszumachen. Ich konnte die gewundene Treppe nur einige
Stufen weit hinaufsehen, sodass sich weiter oben eine Hundertschaft
Landsknechte hätte verstecken können, ohne dass ich sie gewahrt
hätte. Vorsichtiger schlichen wir weiter. So gelangten wir in einen
überwölbten Raum, der zur Linken eine offene Pforte aufwies. Sie
führte zur Galerie hinaus, die in schwindelnder Höhe die beiden
Türme miteinander verband. Ich spähte kurz hinaus, da ich
glaubte, dort einen entweichenden Schatten gesehen zu haben. Doch
entdeckte ich niemanden auf dem schmalen, steinernen Gang. Nur ein paar
Raben flatterten auf und krächzten böse. Selbst hinaustreten
oder gar bis zum anderen Turm gehen wollte ich allerdings nicht —
aus Angst, dass jemand, der sich oben unter der Spitze verbarg, mich auf
dieser Galerie entdecken mochte.
Ich atmete tief durch —
denn nun konnte, wer immer dort oben sein mochte, mir nicht
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