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In Nomine Mortis

In Nomine Mortis

Titel: In Nomine Mortis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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stellte, war, etwas für das Heil
     meiner Seele zu tun.«
    »Kein Geld?«,
     fragte Philippe de Touloubre verwundert. Richard Helmstede wurde rot.
     »Nun, Bruder Heinrich deutete an, dass ich dabei reich werden könnte.
     So reich, wie nur irgendein Kaufmann der Christenheit je geworden wäre.«
    »Und Ihr habt Euch
     darauf eingelassen, obwohl Ihr weder die Fracht noch das Ziel dieser
     seltsamen Reise kanntet?«
    Der Reeder hob in einer
     entschuldigenden Geste die Hände. »Der Mönch war der
     Beichtvater meines verstorbenen Bruders!«, rief er. »Jedem
     anderen hätte ich bei einem solchen Vorschlag ins Gesicht gelacht.
     Doch Bruder Heinrich …« Er zögerte, dachte nach und schüttelte
     dann den Kopf. »Bruder Heinrich klang so überzeugend«,
     fuhr er fort, »so bezwingend. Anders weiß ich es nicht zu
     benennen. Irgendetwas trieb mich, ihm zu Diensten zu sein.«
    »Und was habt Ihr
     seither in Paris getan?«
    »Nichts«, er
     seufzte abermals tief. »Nichts als gewartet. Keine Ladung, kein
     Ziel. Meine Männer wurden schon unruhig, sie haben schließlich
     Familien in Lübeck. Doch was sollte ich tun? Mir brennt das Feuer
     unter den Nägeln, ich muss zurück in mein Kontor, die Zeit der
     Winterstürme ist vorüber, die Schiffe laufen aus. Doch ich sitze
     in Paris, gebe ein kleines Vermögen für dieses Haus aus und
     warte und warte. Zunächst hat Bruder Heinrich mich hingehalten. Hat
     mir gesagt, ich müsste mich nur noch ein Weniges gedulden. Aber nun:
     Was soll ich tun? Muss ich mit leerer Kogge zurückkehren?«
    Während dieses Spiel aus
     Fragen und Antworten noch einige Zeit weiterging, sah ich mich - wie ich
     glaubte, unauffällig - im Raum um, ohne mich, der ich demütig
     hinter Meister Philippe stand, von der Stelle zu rühren. Ich schielte
     zum Lesepult hinüber, auf dem der aufgeschlagene Foliant lag, den der
     Reeder studiert hatte, bevor wir eingetreten waren.
    Es handelte sich um eine
     Landkarte. So etwas Ähnliches hatte ich schon öfter in
     Bibliotheken studiert: Sie war aus grobem Pergament. Die Ländereien
     konnte ich nicht klar erkennen, die Küstenlinien verwirrten mich, in
     die Meere waren Wale, Kraken und allerlei andere Ungeheuer eingezeichnet.
     Doch ich sah, dass die Karte nach Norden ausgerichtet war, denn das Symbol
     dieser Himmelsrichtung — der Polarstern - prangte ganz oben auf der
     Seite. Eine Kompassrosette war links als Symbol für den Westen
     eingezeichnet, ein Kreuz rechts im Osten, unten, im Süden, ein halb
     verschattetes Erdenrund. Doch warum waren kaum Straßen auf dieser
     Karte zu sehen? Warum keine Burg und kein Kloster? Und warum war, wie es
     doch jedermann in der Christenheit besser wusste, Jerusalem nicht als
     Mittelpunkt der Welt eingezeichnet, sondern als eine Stadt unter vielen
     rechts am Rand?
    Die Karte schien mir ein Werk
     der Ketzer zu sein. Ich täuschte einen Hustenanfall vor, um mich zu
     krümmen, einen Schritt zur Seite zu treten und rasch auf die Legende
     unterhalb der seltsam geformten Küstenlinie zu blicken. Ich konnte
     nur den ersten, größer geschriebenen Satz lesen: Petrus Vesconte fecit.
    Den Namen Petrus Vesconte
     hatte ich noch nie gelesen, auch wenn er mir vage bekannt vorkam. Mehr
     konnte ich in jenem Moment nicht tun, als mir diesen Namen zu merken, denn
     wollte ich nicht unerwünschte Aufmerksamkeit erregen, so musste ich
     mich nun wieder möglichst still und unbeweglich hinter dem Inquisitor
     aufstellen. »Ich möchte Euch im Namen des HERRN bitten, noch
     einige wenige Tage hier auszuharren«, sagte Meister Philippe gerade
     gefährlich freundlich. »Bis wir den Sünder gefunden haben,
     der den Beichtvater eures teuren Bruders so schändlich
     niedergestochen hat. Vielleicht entdecken wir, sozusagen nebenbei, nicht
     nur den Täter, sondern auch den Zweck eurer Reise.«
    Richard Helmstede nickte
     eifrig und verbeugte sich tief. »Ich gehorche der Kirche gern und
     bin ein treuer Diener ihrer Inquisition«, murmelte er.
    Doch genau in diesem
     Augenblick, da Richard Helmstede der Inquisition zu dienen versprach,
     betrat Satan selbst den Raum in der Gestalt von Klara Helmstede, der
     Gattin des Reeders. Sie war kein junges Mädchen mehr, doch war sie
     deutlich jünger als ihr Mann. Ich schätzte sie auf fünfundzwanzig
     Jahre — was ihr wohl geschmeichelt hätte, denn sie hatte just
     in jenem Frühjahr, wie ich später erfahren sollte, ihren dreißigsten
     Geburtstag gefeiert. Sie war groß:

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