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In Nomine Mortis

In Nomine Mortis

Titel: In Nomine Mortis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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befragt worden, auf der Pritsche und fragte mich
     benommen, was mich wohl geweckt haben mochte.
    Da vernahm ich es erneut.
     Schritte.
    Ich hob meinen Kopf und
     horchte — es gab keinen Zweifel: Jemand ging den Gang vor meiner
     Zelle entlang. Ich konnte die leisen Schritte von zwei, drei, wohl noch
     mehr Menschen unterscheiden. Für einen Moment glaubte ich, dass sich
     alle meine Mitbrüder zu einer nächtlichen Messe versammeln würden
     und nur ich, der ich aus der Fremde kam, von ihr ausgeschlossen wäre.
    Vorsichtig erhob ich mich von
     meiner Schlafstatt und trat geräuschlos an die Tür, wo ich mit
     dem Ohr an den Brettern lauschte. Ich konnte leise Stimmen vernehmen, doch
     konnte ich kein Wort verstehen. Einmal fiel der unruhige Schein einer
     kleinen Kerze durch den Spalt unter meiner Tür in meine Zelle. Ich
     presste mich erschrocken an die Wand und wagte nicht mehr zu atmen. Mein
     Herz hämmerte mir im Halse und ich glaubte, dass jeden Augenblick ein
     nächtlicher Besucher - aber wer? - in meine Zelle treten würde.
    Doch der Lichtschein
     verlosch, das Murmeln verklang, die Schritte verhallten.
    Erst nach einer Zeit, die mir
     unendlich lang vorkam, die jedoch kaum mehr als eine Viertelstunde
     betragen haben mochte, wagte ich es, meine Tür um eine Handbreit zu
     öffnen und in den düsteren Flur hinauszuspähen.
    Nichts. Das Kloster war,
     soweit ich sehen und hören konnte, ruhig wie eine Gruft.
    Ich warf mich wieder auf
     meine Pritsche und fiel in einen wirren Traum, an dessen Einzelheiten ich
     mich nicht mehr erinnern konnte, als mich die Glocke zu den Laudes rief.
     In der Kirche, als meine Brüder und ich die Psalmen anstimmten, sagte
     ich mir, dass auch die nächtlichen Schritte und Stimmen meinem Traum
     entsprungen sein mussten. Wer sollte es wagen, nachts durch ein Kloster
     der Dominikaner zu schleichen? Welcher Mönch würde dies tun?
     Welcher Fremde so verwegen sein?
    So hatte ich mich bis zum
     Ende der Laudes schon selbst überzeugt, dass ich Opfer einer Täuschung
     der Nacht gewesen war. Doch als ich erleichtert zu meiner Zelle zurückging,
     um mir vor dem Morgenmahl die Hände zu waschen, da erblickte ich im
     ersten fahlen Dämmer des Tages auf dem Gang kurz vor meiner Zellentür
     einen kleinen weißen Fleck auf dem Boden. Einen frischen Tropfen
     Kerzenwachs.
    Später, beim Morgenmahl,
     rang ich mit mir, ob ich Meister Philippe von dem nächtlichen Spuk
     erzählen sollte. Vielleicht hatte er eine simple Erklärung dafür?
     Womöglich würde meine Erzählung seinen inquisitorischen
     Ehrgeiz wecken und ihn dazu anspornen, dieses Rätsel zu lösen?
     Doch schließlich sagte ich mir, dass die nächtlichen Geräusche
     wohl kaum etwas mit den schwer wiegenden Untersuchungen zu tun haben
     mochten, die uns der Prior aufgetragen hatte. Außerdem wusste ich
     viel zu wenig, um Meister Philippe irgendetwas Sinnvolles vortragen zu können
     - er würde mich auslachen. Und schließlich war ich doch nun
     selbst Inquisitor. Warum also sollte ich meinen Geist und meine Sinne
     nicht darin üben, jenes nächtliche Geheimnis allein aufzuklären?
    Dann, so sagte ich mir in
     meiner Vermessenheit, gäbe es ja immer noch Gelegenheit genug, mich
     Meister Philippe zu offenbaren. Wie töricht doch der Hochmut macht
     und wie eifrig das Bemühen ist, seinem Oberen zu gefallen, wenn man
     gesündigt hat!

 

    5
    IN DER KATHEDRALE
     NOTRE-DAME
    Nach dem Morgenmahl begaben
     Meister Philippe und ich uns zur Kathedrale Notre-Dame.
    »Es hätte mir, ich
     gestehe diese Sünde gern, ein gewisses Vergnügen bereitet, die
     Schönfrau zur Messe fuhren zu lassen. Dort sitzen die zwölf
     Domherren zu Notre-Dame auf ihren hohen Stühlen im Chor- und unser
     Dirnchen hätte Muße gehabt, sie eingehend zu betrachten.
     Vielleicht hätte sie sich dann doch erinnert, welchem der
     fleischeslustigen Diener des HERRN sie in jener fatalen Nacht begegnet
     sein mag. Doch stark ist die Sünde des Weibes, stärker
     jedenfalls als mancher Plan eines Inquisitors.« Meister Philippe
     seufzte, schien jedoch nicht wirklich betrübt zu sein.
    »Nun denn, dann werde
     ich die Domherren nach der Messe einzeln befragen. Wir wollen ja kein unnötiges
     Aufsehen erregen. Geredet wird in Paris sowieso schon genug.«
    So kam es, dass wir uns zum
     Ende der Messe in GOTTES wundersames Haus schlichen wie zwei Diebe in der
     Nacht. Unauffällig trat Meister Philippe zu einem großen,
     rotgesichtigen Domherrn: Es war,

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