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In Nomine Mortis

In Nomine Mortis

Titel: In Nomine Mortis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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lange
     nicht mehr gesehen.«
    »Woher weißt du
     denn, dass er es war, der sich an unserem Mitbruder zu schaffen machte?«
    »Ein Spielmann hat es
     mir erzählt, gestern, in der ›Roten Hand‹. Der will es
     von Pierre de Grande-Rue selbst gehört haben, als dieser zu viel
     Burgunder getrunken hatte. Da habe er geprahlt, er hätte sogar die
     Taschen eines Dominikaners geöffnet — auch wenn sich dieser
     nicht mehr wehren konnte.«
    »Was hat er ihm
     geraubt?«, fragte der Inquisitor.
    Honore schüttelte den
     Kopf. »Was weiß ich? Was kann man einem Mönch schon
     stehlen? Geld? Ich weiß es nicht, Ihr wisst es besser, Herr.«
    Meister Philippe überhörte
     diesen Anwurf. »Wie sieht er aus, dieser Spielmann und Halunke?«
    »Pierre de Grande-Rue
     ist groß wie ein Bär, breit wie ein Fass und rothaarig wie ein
     Fuchs«, sagte Honore. »Ihr könntet ihn unter einer Menge
     von tausend Menschen auf dem großen Platz vor Notre-Dame erkennen.«
    Meister Philippe überdachte,
     was er soeben vernommen hatte. Honore beobachtete ihn ängstlich; sein
     schmutziges Wams war an Brust und Bauch dunkel von seinem Speichel, der
     ihm noch immer unablässig aus dem Mund tropfte.
    »Du wirst zur Buße
     für dein loses Gerede und deine Respektlosigkeit zehn PATER noster
     beten«, bestimmte schließlich der Inquisitor. »Und du
     wirst die Mauern von Saint-Lazare einen Monat nicht verlassen, es sei
     denn, ich lasse dich rufen.«
    Honore nickte eifrig. Er war
     erleichtert, dass ihm nichts Schlimmeres widerfahren war.
    Wir hatten uns schon
     abgewandt und waren beinahe auf der Straße, als Meister Philippe
     sich noch einmal zu ihm umdrehte. »Und du wirst nie wieder Fabliaux
     erzählen. Schon gar keine, in denen von einem toten Mönch
     berichtet wird. Solltest du mir nicht gehorchen, dann wirst du auf dem
     Scheiterhaufen brennen.«   
    *
    Es dauerte wohl zwei Stunden
     oder mehr, bis wir zu unserem nächsten Ziel gelangten. Die ganze Zeit
     über schwieg Meister Philippe, sein Gesicht war verschlossen, sein
     Schritt eilig und energisch. Demütig und gehorsam ging ich eine halbe
     Mannslänge hinter ihm und ließ ihn allein mit seinen Gedanken.
    So eilten wir zurück in
     die Stadt. Auf der Rue Saint-Denis ging es langsamer voran, denn Karren,
     Träger und die beladenen Ochsen und Esel der Bauern behinderten unser
     Fortkommen. An vielen Stellen lagen tote Ratten, ihre Körper von den
     unzähligen Tritten von Mensch und Tier blutig zerquetscht. Noch schlüpfriger
     als sonst war deshalb das Pflaster.                  
    Der Nebel wollte sich nicht
     verziehen, doch waren seine Schleier nun nicht mehr weißlich,
     sondern grau, ja fast schwarz, denn Rauchfahnen unzähliger Herdfeuer,
     Backofen und Schmieden waren in den feuchten Schwaden gefangen. Bitter
     schmeckte die Luft und mühsam ging mein Atem.
    Irgendwann bog Meister
     Philippe nach rechts ab. Ich folgte ihm durch mehrere Gassen, deren Namen
     ich nicht kannte, bis ich in der Ferne den düsteren Schatten des
     Louvre erahnen konnte, jener finsteren Burg an der westlichen Stadtmauer,
     die sich mit mehreren hohen, runden Türmen und mächtigen
     zinnenbekrönten Wällen wie ein gezackter Felsen am Ufer der
     Seine in den Himmel reckt. Wieder verließen wir die Stadt. Diesmal
     durch ein Tor, das ein Stück weit neben dem Louvre in die Mauer
     eingelassen war. Es kam mir wie ein Unheil verkündendes Omen vor,
     dass dieses Tor — und die Straße, die hindurch führte
     — ausgerechnet nach Saint-Honore benannt war. Diesmal jedoch mussten
     wir den Schutz der Mauer nicht allzu weit hinter uns lassen, denn schon
     nach wenigen Schritten führte mich Philippe de Touloubre zu einigen
     Zelten, die abseits des Weges aufgeschlagen waren.
    Im Nebel erkannte ich
     zerschlissene Stoffbahnen, drei Ochsenkarren, die mit schweren Holzkeilen
     gesichert waren, und deren Zugtiere, die ein Stück weiter auf einer
     Wiese grasten. Ich sah schmutzige, halbnackte Kinder, die kreischend
     zwischen den Zelten spielten und Zigeunerinnen und andere liederliche
     Frauen, die nähten, kochten oder sich in sündigen Gesten das
     lange Haar bürsteten. »Vaganten«, sagte Meister Philippe.
     Es war das erste Wort, das er in den vergangenen zwei Stunden an mich
     gerichtet hatte. Bevor ich etwas erwidern konnte, tauchte aus dem Nebel
     blitzschnell ein Mann auf, stellte sich breitbeinig in unseren Weg und
     schwang einen schweren Knüppel.
    »Was wollt Ihr

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