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In Santiago sehen wir uns wieder

In Santiago sehen wir uns wieder

Titel: In Santiago sehen wir uns wieder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Uhde-Stahl
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doppelt unterwegs, als Du erlebend, und als Du im Hinterkopf kommentierend und speichernd. Das muss dich doch verrückt machen.« - »Wahrscheinlich hast du Recht, Amanda«, sage ich und esse eine von den Wunderschnitten, die mir meine Freundin Edith mitgegeben hat. »Wenn sie mich hier sehen könnte.« - »Jetzt denkst du schon wieder an etwas anderes. Stop it, hör’ einfach auf damit.« - »Ich probier ja schon...«
    Also werde ich nicht berichten, wie ich hinter Espinosa de Compludo die Richtung verlor und nach endlosen heißen Straßenkilometern nicht im Gebirge bei San Cristobal, sondern im Tal unweit von Ponferrada landete; wie mich Menschen unterwegs freundlich aufnahmen, mich mit einem Imbiss stärkten, um mich anschließend auf den richtigen Weg zu bringen - selbst ihr eigenes Auto spannten sie ein. Es wurde schon dunkel, als ich völlig erschöpft in Peñalba ankam. In der Herberge wurde ich von Heilerinnen aus Deutschland herzlich in Empfang genommen. Wie es der Zufall will, hatte ich fünfzehn Jahre zuvor bei der Besitzerin der Herberge Kurse mitgemacht. Noch eine Überraschung wartete auf mich. Eine der Frauen sagte: »Du bist nicht die einzige Pilgerin heute Abend. Eine junge Deutsche und ein Holländer sitzen in der Bar.« Ich: »Die Frau mit blondem Pferdeschwanz?« - »Ja.« Wenige Minuten später lagen wir uns in den Armen, Sylvia, Kees und ich.
     

Peñalba de Santiago
    Montag bis Dienstag, 21.-22. Juli
     
    Drei Nächte blieb ich in Peñalba. Ich fühlte mich wie auf dem Dach der Welt, leicht und voller Freude. Und weil in jenen Tagen mein Namenstag war, wurden mir alle Wünsche erfüllt. Die Damen nahmen mich gleich am ersten Tag mit nach Ponferrada, wo ich meine Hose in die Reinigung brachte. Meine kalifornischen Freunde Angela und Grant kamen just an der roten Ampel vorbei, an der wir gerade standen. Ich sprang aus dem Auto, um sie zu umarmen. Am Nachmittag dieses wunderschönen Tages stand ich hoch über der römischen Goldmine Las Medulas und sah auf die rotglühenden Felszacken hinunter, die bei den Auswaschungen des Berges übrig geblieben waren. In blauer Ferne lag das hohe Gebirge, das es zu überwinden galt, um nach Galicien zu gelangen. Ich kam mir vor wie Moses, der das Gelobte Land schaut. Schließlich behandelte ich die Heilerinnen, und sie schenkten mir - außer ihrer Gastfreundschaft - ihre besondere Aufmerksamkeit, indem sie mir sagten, wie mein Leben in naher Zukunft aussehen könnte.
    »Hat dich das, was sie gesagt haben, gefreut, Bella?« fragt Amanda am Abend jenes ereignisreichen Tages. »Amanda, ja. Aber ich versuche, nicht daran zu denken, sondern offen zu sein... Im Übrigen, Flori ist abgesprungen, genauer gesagt, fremdgegangen.« - »Fremdgegangen? Wie kommst du darauf?« - »Na ja, den Spuren nach zu urteilen, hat er sich an anderes Blut geheftet, jünger, frischer, süßer.« - »Hast du was gesagt?« - »Nein.« - »Aber Bella, schämst du dich nicht?« - »Nein, ich habe der betreffenden Dame von meiner Antijucksalbe gegeben, außerdem meint eine der Heilerinnen, die Pusteln seien die Erinnerung an eine Blatternerkrankung in einem früheren Leben.« - »Te absolvo.« - »Ich hoffe nur, dass Flori im letzten Augenblick nicht wieder aufspringt.« - »Wir werden uns sozusagen >à la française< verabschieden.«
    Die letzte Nacht. Vor dem Fenster lärmen spielende Kinder. Ich kann nicht schlafen. »Bella«, wispert Amanda in die Dunkelheit. »Du hast mir nicht erzählt, was du heute erlebt hast.« - »Ach ja, ich streifte in der Umgebung von Peñalba umher und besuchte die Höhle oberhalb des Dorfes. Es war dunkel und vollkommen still. Lichter brannten auf einem Altar, darauf standen Christusbilder, Votivkreuze und viele kleine beschriebene Zettelchen. Ich legte mich auf den Boden, lange lag ich regungslos. Ich wurde schwerer und schwerer, die Erde öffnete sich und ich sank hinab in ihre Tiefe. Plötzlich stand ich als kleines Mädchen an der Kellertür meines elterlichen Hauses. Ich hatte große Angst, aber ich nehme allen Mut zusammen und taste mich hinunter in die Finsternis. Langsam, langsam gehe ich die Stufen hinab, halte mich am Treppengeländer. Jetzt wird es heller. Von rechts leuchtet ein warmes, mildes Licht. Ich steige tiefer und tiefer, und da auf einmal sehe ich auf dem Boden vor mir etwas glänzen. Gold, Silber, glitzernde Kristalle in allen Farben liegen vor mir ausgebreitet. Inmitten all dieses Reichtums liegt ein goldener Becher. Ich greife hinein

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