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In Santiago sehen wir uns wieder

In Santiago sehen wir uns wieder

Titel: In Santiago sehen wir uns wieder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Uhde-Stahl
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hinter sich, folgte ihrem Schatten und ging gegen Westen. Sie ging und ging. Als sie einige Stunden gewandert war, gelangte sie in einen dunklen Wald. Plötzlich versperrte ihr ein Zwerg den Weg: »Wo willst du hin, Prinzessin Leni?« - »Ich suche die verlorenen Stücke meines goldenen Taufbechers«, erwiderte das Mädchen, »ich möchte meine Freude wiederfinden.« - »Vielleicht kann ich dir helfen. Aber bring mir zuerst die Kröte mit den goldenen Augen. « - »Wo ist sie?« - »In der Erde. Hier hast du einen Spaten, spuck in die Hände und grab ein Loch.« Die Prinzessin begann zu graben, sie grub und grub, die Arbeit fiel ihr schwer. Als das Loch schon ziemlich tief war, hörte sie eine raue Stimme sagen: »Sei vorsichtig, sonst tötest du mich.« Da grub die Prinzessin mit den Händen weiter. Das Loch wurde tiefer und tiefer. Auf einmal leuchteten ihr zwei goldene Augen entgegen.
    »Ich bin die Kröte, die du suchst, Leni«, sagte das Wesen. »Ich habe lange auf dich gewartet, nun hol mich vollends heraus.« Das Mädchen legte sich bäuchlings auf den Boden, machte das Loch um die Kröte größer und nahm sie vorsichtig heraus. »Du hast mich aus der Dunkelheit der Erde erlöst«, sagte die Kröte. »Das Licht, schau wie wunderbar es ist, die Farben, der Wind, die Düfte. Ich danke dir, meine Tochter.« Nun wurde die Kröte immer größer und heller. Sie hob sich in die Lüfte und lächelte. Da erkannte das Prinzesschen ihre Patin Reine, die Fee. Als sie verschwunden war, lag vor ihr ein Stück ihres goldenen Taufbechers.
     

Barbadelo – Portomarín
    Montag, 28. Juli
     
    Der Countdown beginnt. Hundert Kilometer bis Santiago. Ab hier muss man zu Fuß gegangen sein, um die Pilgerurkunde zu erhalten. Es ist kühl, feucht, neblig, wie jeden Morgen hier in Galicien. Stundenlang bin ich auf sandigen oder steinigen Wegen zwischen Steinmauern gewandert. Die Kühe sind jetzt gepflegter, das Fell der Hunde glänzt wieder. Moos, Farn, riesige Eichen, Kastanien und Nussbäume - mir ist, als würden mich Nymphen und Feen von Baum zu Baum reichen. Den Hundertkilometerstein feiere ich mit einem Happen Brot. Weißhäutige Briten mit frisch geputzten Schuhen und sauberen Rucksäcken schlurfen vorbei, bester Laune - das Riesen-Happening, der Mega-Event, dieser Camino! »Sin jugar, Bella!« sagt eine in meiner Pilgermuschel - Fingerhut, Rübenfelder, das Getreide steht noch, Wiesen, Bäche und wieder Kühe. Amanda: »Vergiss nicht, Klopapier zu kaufen, hier in Galicien.« Bella: »>Nivea for men< geht auch zur Neige.«
    In dem Dörfchen Morgade lädt der wiederhergestellte Pilgerbrunnen zum Verweilen ein. Wenige Meter weiter eine neu erbaute, winzige Kapelle am Wegesrand. Auf dem Altar liegen Kreuze und Zettelchen - Nachrichten an andere Pilger, Gebete, Wünsche, gekritzelt auf Kassenzettel, Papierfetzen, auf alles, was so zur Hand war. Ein Mann sitzt vor einer Scheune in der Sonne, er spricht mich auf Deutsch an: »Ich arbeite in Lörrach und mache hier auf dem Bauernhof meines Bruders Ferien.« Wir unterhalten uns. »Ein Glas Milch möchtest du?« fragt er. »Gern.« Ich trinke Milch, richtige, echte Kuhmilch, und fühle mich, als würde ich in Schokolade baden. Dann reihe ich mich wieder ein in den breiten Strom der Pilger und Wanderer und lande in Portomarín. Ein Bett ist noch frei in der Herberge, Alberta ist schon da. Essen, Wein trinken, schlafen. Im Schwimmbad passt Veronique aus Toulouse auf meine Sachen auf. Welch ein Genuss, die freien Bewegungen im kühlen Wasser. »Es geschieht bei mir so viel in der Tiefe«, sagt Veronique, »dass ich gar nicht mehr sprechen kann. Nicht einmal Postkarten schaffe ich.« Alberta und ich sitzen in der Kirche, kalt und abweisend wirkt sie - entwurzelt, wie der gesamte Ort, der wegen des Baus des Stausees hierher versetzt wurde. So lassen wir uns unter den Bäumen im Park nieder. Da kommen sie auf uns zu, die beiden jungen Frauen Helen und Bärbel aus Waldshut, lächelnd, strahlend, glücklich und leicht gebräunt. »Ich ging heute leichten Herzens, offen, freudig, spürte weder das Gewicht meines Rucksacks noch die Länge des Weges«, sagt Alberta. »Uns ging es auch so«, sagt Amanda.
     
    Die Sonne stand schon hoch am Himmel, als Leni sich wieder auf den Weg gegen Westen machte. Sie wanderte und wanderte. Schließlich gelangte sie an einen großen Teich. Ein Fischer angelte in seinem Boot nahe dem Ufer. »Fischer«, sagte Leni, »fahr mich bitte hinüber. Ich suche die

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