In Schönheit sterben
klar und deutlich. Serena Sarabande war alles andere als erfreut. Honey entschied, dass sie es mal mit Ehrlichkeit versuchen sollte.
»Wir haben über den Mord geredet. Es muss ja schrecklich für die junge Frau gewesen sein, die Leiche zu finden.«
Serenas Hände änderten ihre Position. Jetzt glitten dieFinger zwischen Honeys Nacken und Schultern hin und her, und die Daumen drückten ihr fest ins Genick.
Honey schluckte. Sie hatte irgendwo einmal gelesen, dass professionelle Killer jemanden mit einem solchen Griff umbringen konnten. Dann rief sie sich in Erinnerung, dass sie sich in einer Wellness- und Schönheitsfarm befand und nicht auf einem Schlachtfeld.
Trotzdem, Courage hatte Serena schon. Sie wiederholte mehr oder weniger das, was Doherty Honey bereits erzählt hatte: »Es war ein Einbrecher im Haus. Ein Penner. Wir glauben, dass er es auf Essen oder Drogen abgesehen hatte.«
Drogen, entschied Honey. Kein Essen. Das hätte sich wirklich nicht gelohnt.
»Ich vermute mal, die Polizei hat ihn bisher nicht gefunden?« Natürlich hatte sie das nicht. Das wusste Honey besser als Serena.
»Bis jetzt nicht.«
»Hoffentlich haben Sie Ihre Sicherheitsmaßnahmen jetzt verstärkt.«
»Selbstverständlich. Alle Wertsachen werden weggeschlossen, und als zusätzliche Vorsichtsmaßnahme haben wir weitere Überwachungskameras installiert.«
So, so, alle Wertsachen wurden weggeschlossen.
»Ich nehme an, auch mein Mobiltelefon und alles andere in meiner Tasche?«
»Natürlich. Während Ihres Aufenthaltes sind all diese Gegenstände weggesperrt, und Sie haben keinen Zugriff darauf. Das gilt auch für Ihr Handy und andere nicht lebenswichtige Dinge.«
Weil sie mit dem Gesicht nach unten lag, konnte Honey Serenas Gesicht nicht sehen, aber sie konnte sich das wissende Lächeln bestens vorstellen, das gerade darüber huschte. Serena hatte sicher schon häufiger Gäste der Schönheitsfarm beim Schmuggeln von Kalorienbomben erwischt. Na ja, sie konnte sich ja jetzt aufs Abendessenfreuen. Ihr Magen knurrte. Es klang beinahe wie ein Flehen.
Ich will hier weg! Gib mir was zu essen! Und zwar bald!
Serena Sarabande war alles andere als erfreut. Auf ihren vollkommenen Lippen in ihrem vollkommenen Gesicht lag nicht einmal die Andeutung eines Lächelns. Es passierte nicht oft, dass sie Kundinnen in ihre Zimmer geleitete, aber Hannah Driver war eine Ausnahme. Diese Kundin hatte ihr in die Augen geschaut und sich erkundigt, ab wann eigentlich Nachtruhe wäre. Sie hatte es mit einem Lachen gesagt. Serena jedoch fand das überhaupt nicht komisch.
Sobald sie sicher war, dass Mrs. Driver hinter ihrer Zimmertür verschwunden war, machte sie sich auf den Weg zum Sprechzimmer von Roger Dexter.
Das Licht über seiner Tür leuchtete grün. Es war also keine Patientin bei ihm im Zimmer. Serena Sarabande klopfte nur kurz an, ehe sie eintrat.
Bei dem Anblick, der sich ihr bot, wurde ihr Gesicht rot vor Wut. Dr. Roger Dexter befand sich in inniger Umklammerung mit Karen Pinker. Sie standen an seinen Schreibtisch gelehnt, und er hatte ein Bein um ihren Oberschenkel geschlungen. Fast lag Karen flach auf dem Schreibtisch und Dexter auf ihr.
»Serena!«
Wenn man bedachte, dass sie Dr. Roger Dexter gerade in flagranti erwischt hatte, reagierte er erstaunlich heiter.
Er richtete sich auf. Mit einer Hand strich er sich das glatte schwarze Haar aus der Stirn, mit der anderen zog er den Reißverschluss am Hosenschlitz hoch.
Karen knöpfte sich den Kittel zu. Die Schamesröte kroch ihr von den rosa Wangen rasch den Hals hinunter.
Dr. Dexter lächelte. »Dich hätte ich wirklich nicht erwartet.«
»Ganz offensichtlich nicht!«
Serena funkelte ihn an. Nicht, dass es ihr viel genutzt hätte. Was Dr. Dexter wollte, das bekam er auch. Er hatte einen teuren Lebensstil und eine unersättliche Libido. Für beides wurde hervorragend gesorgt, zumeist von ihr. In letzter Zeit hegte sie den Verdacht, dass seine Blicke – und nicht nur seine Blicke – nach Abwechslung suchten. Das hatte er natürlich rundweg geleugnet. Aber jetzt hatte sie den Beweis.
Sie richtete ihre funkelnden Augen auf die höchst verstörte Karen.
»Raus.«
»Nimm bitte die hier mit«, fügte Roger hinzu und reichte ihr die Patientenakten, nach denen Serena sie ausgeschickt hatte.
Mit gesenktem Kopf und ohne einen Blick auf Serena huschte Karen aus dem Zimmer.
Serena knallte wütend die Tür hinter ihr zu.
Roger Dexter trat hinter seinen Schreibtisch und begann, den
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