In seinen Händen - Coben, H: In seinen Händen - Caught
dich um einen weiteren Gefallen bitten?«
» Darf ich dich um einen weiteren Gefallen bitten? Ja, Wendy, du darfst. «
»Ich kann gar nicht beschreiben, wie dringend ich diese Grammatiklektion jetzt gebraucht habe.«
»Keine Ursache.«
»Weißt du noch, dass ich dich nach Phil Turnball gefragt habe, dem Mann, der wegen Unterschlagung von zwei Millionen Dollar gefeuert wurde?«
»Ich erinnere mich, ja.«
»Nehmen wir mal an, Phil wurde reingelegt und hat das Geld gar nicht genommen.«
»Gut, nehmen wir das an.«
»Wie würde man es anstellen, wenn man ihm das anhängen will?«
»Ich habe keine Ahnung. Warum fragst du?«
»Ich bin relativ sicher, dass er das Geld nicht unterschlagen hat.«
»Verstehe. Und worauf gründet sich bitte diese relative Sicherheit?«
»Er hat mir gesagt, dass er unschuldig ist.«
»Ach so, damit ist natürlich alles klar.«
»Es steckt noch mehr dahinter.«
»Ich höre.«
»Na ja, wenn Phil zwei Millionen Dollar geklaut hätte, warum sitzt er dann nicht im Knast und warum verlangt seine
Firma nicht einmal ihr Geld zurück? Ohne jetzt allzu sehr ins Detail zu gehen, es gibt noch ein paar andere Personen - seine Mitbewohner von der Uni, um genau zu sein -, die in letzter Zeit auch in bizarre Skandale verwickelt wurden. In einem Fall könnte ich als Lockvogel missbraucht worden sein.«
Win sagte nichts.
»Win?«
»Ja, ich habe es verstanden. ›Lockvogel‹ ist ein schönes Wort, findest du nicht auch? Es zeigt oder impliziert doch zumindest die Absicht, dem Übertölpeltwerden eine gewisse animalische Note zu geben.«
»Ja, ganz wunderbar.«
Selbst sein Seufzen klang hochnäsig. »Wie kann ich dir dabei helfen?«
»Könntest du dir das mal genauer ansehen? Ich muss rausbekommen, wer Phil Turnball in diese Falle gelockt hat.«
»Geht klar.«
Klick.
Das plötzliche Ende überraschte sie dieses Mal nicht mehr so sehr, obwohl sie gerne noch ein paar kurze Worte gewechselt hätte - vielleicht auch eine Bemerkung hätte fallenlassen über das schnelle Beenden von Telefongesprächen und anderen Dingen, das offenbar seine Spezialität war, aber leider war niemand mehr in der Leitung. Sie hielt das Handy noch ein paar Sekunden in der Hand, erwartete fast, dass er direkt noch einmal zurückrufen würde. Aber nein, dieses Mal nicht.
Lawrence Cherston lebte in einem Natursteinhaus mit weißen Fensterläden. In einem runden Rosenbeet stand eine Fahnenstange, an der ein schwarzer Wimpel mit einem großen, orangefarbenen P hing. O je. Cherston begrüßte sie an der Haustür mit einem beidhändigen Händedruck. Sein breites, gerötetes Gesicht weckte in ihr sofort Gedanken an fette Katzen
und verrauchte Hinterzimmer. Er trug einen blauen Blazer mit Princeton-Logo auf dem Aufschlag und dieselbe Princeton-Krawatte wie auf dem Facebook-Profil-Foto. Seine Khakis waren frisch gebügelt, die Mokassins glänzten, und wie nicht anders zu erwarten, trug er keine Socken. Er sah aus, als ob er sich am Morgen als Student auf den Weg zur Universitätskapelle gemacht hätte und unterwegs zwanzig Jahre gealtert wäre.
Als sie ins Haus traten, stellte Wendy sich vor, dass in seinem Kleiderschrank noch mindestens zehn weitere identische Blazer hingen - und weiter nichts.
»Willkommen in meiner bescheidenen Hütte«, sagte er. Er bot ihr etwas zu trinken an. Sie lehnte ab. Es gab ein paar Sandwichs. Aus Höflichkeit nahm Wendy eins. Es schmeckte furchtbar. Cherston plauderte schon über seine alten Schulkameraden.
»Wir haben zwei Pulitzer-Preisträger«, sagte er. Dann beugte er sich vor und fügte hinzu. »Darunter sogar eine Frau.«
»Eine Frau.« Wendy setzte ein starres Lächeln auf und blinzelte. »Wow.«
»Außerdem haben wir einen weltberühmten Fotografen, natürlich mehrere Vorstandsvorsitzende von großen Unternehmen, ach, und einer war für den Oskar nominiert. Na ja, es war nur für den besten Sound, und er hat ihn auch nicht bekommen. Aber immerhin. Mehrere Schulkameraden von uns arbeiten für die Regierung. Einer wurde von den Cleveland Browns unter Vertrag genommen.«
Wendy nickte wie eine Idiotin und überlegte, wie lange sie das Lächeln noch aufrechterhalten konnte. Cherston zeigte ihr Sammelordner mit Zeitungsartikeln, Fotoalben, das Programm der Abschlussfeier und sogar ein Erstsemester-Jahrbuch. Jetzt erzählte er von sich selbst, seiner absoluten Hingabe an seine
Alma Mater, als ob das nicht ohnehin mehr als deutlich war.
Sie musste dafür sorgen, dass er wieder zurück
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