In seinen Händen - Coben, H: In seinen Händen - Caught
Suites im Zentrum von Newark gezogen.
»Wollen wir doch mal sehen, was wir da so finden«, sagte Walker.
Stanton nickte: »Okay.«
Walker sagte: »Was dagegen, wenn ich dir eine Frage stelle?«
»Nee.«
»Kein anderer Cop wollte diesen Fall mit mir bearbeiten. Die dachten sich alle, den sind wir jetzt gottlob endlich los.«
Stanton nickte: »Und ich hab mich freiwillig gemeldet.«
»Genau.«
»Und jetzt willst du wissen, wieso.«
»Genau.«
Stanton schloss die oberste Schublade und öffnete die nächste. »Vielleicht weil ich neu bin, vielleicht stumpfe ich ja auch noch ab in Zukunft. Aber das Gericht hat den Kerl laufen lassen. Mehr ist dazu nicht zu sagen. Wenn einem das nicht passt, muss man die Gesetze ändern. Wir von der Polizei müssen unvoreingenommene Schiedsrichter sein. Wenn die Geschwindigkeitsbegrenzung bei fünfundfünfzig Meilen pro Stunde liegt, kriegt einer, der sechsundfünfzig fährt, einen Strafzettel. Wenn man denkt, ach was, solange er nicht fünfundsechzig fährt, geb ich ihm keinen Strafzettel, dann soll man das Gesetz dahingehend ändern, dass man fünfundsechzig fahren darf. Und andersherum ist es das Gleiche. Die Richterin hat sich an die Regeln gehalten und Dan Mercer laufen lassen. Wenn einem das nicht passt, soll man versuchen, die Gesetze zu ändern. Man beugt das Recht nicht, man ändert die zugehörigen Gesetze.«
Walker lächelte. »Du bist wirklich neu im Geschäft.« Stanton zuckte die Achseln, während er weiter die Kleidungsstücke durchwühlte. »Na ja, wahrscheinlich steckt auch noch ein bisschen mehr dahinter.«
»Das hatte ich mir schon gedacht. Dann erzähl schon, ich hör zu.«
»Ich habe einen großen Bruder. Pete. Toller Kerl, fantastischer Sportler. Er ist direkt nach der Schule ins Trainingsteam der Buffalo Bills gekommen. Als Tight End.«
»Okay.«
»Pete ist also zu Beginn seiner dritten Saison im Trainingslager. Er denkt, dass es sein Jahr werden kann. In den Ferien hat er wie ein Verrückter trainiert und Gewichte gestemmt und
hat eine echte Chance, in die erste Mannschaft zu rutschen. Er ist sechsundzwanzig Jahre alt und da oben in Buffalo. Eines Abends geht er aus und lernt in einem Bennigan’s diese Frau kennen. Sie wissen schon, diese Restaurantkette.«
»Ja, kenn ich.«
»Gut, Pete bestellt sich also eine Portion Hähnchenflügel, und diese heiße Braut kommt zu ihm rübergeschlendert und fragt, ob sie einen abhaben kann. Er sagt, na klar. Sie macht eine große Show aus dem Essen. Du weißt schon, was ich meine. Mit viel Zunge und so, außerdem sitzt sie da in so einem hautengen Top, bei dem man einfach hingucken muss. Na ja, sie war eben eine total scharfe Braut. Die beiden fangen an zu flirten. Sie setzt sich zu ihm. Eins führt zum anderen - und Pete nimmt sie mit zu sich und gibt ihr, was sie haben wollte.«
Stanton ballte eine Faust, bewegte sie vor und zurück und machte so deutlich, was sie hatte haben wollen - nur für den Fall, dass Walker es nicht verstanden hatte.
»Hinterher stellt sich heraus, dass sie fünfzehn ist. Im zweiten Jahr auf der Highschool, aber Mann, das hat man ihr nicht angesehen. Du weißt ja, wie die Mädels auf der Highschool heutzutage rumlaufen. Sie hat sich aufgedonnert, als ob sie in einer Striptease-Bar Drinks servieren würde - oder sich den Männern, wenn du verstehst, was ich meine.«
Stanton sah Walker an und wartete. Um das Gespräch in Gang zu halten, sagte Walker: »Ich versteh schon, was du meinst.«
»Okay, jedenfalls erfährt der Vater von dem Mädel das. Er dreht durch, behauptet, dass Pete sein kleines Mädchen verführt hat - obwohl sie wahrscheinlich gerade deswegen mit meinem Bruder gebumst hat, weil sie sich an ihrem alten Herrn rächen wollte. Also wird Pete wegen Unzucht mit Minderjährigen angeklagt. Gerät in die Mühlen des Systems. Des gleichen
Systems, das ich so sehr schätze. Ich verstehe das vollkommen. So ist nun mal das Gesetz. Pete gilt jetzt als Sexualstraftäter, als Pädophiler und so weiter. Und das ist einfach ein schlechter Witz. Mein Bruder ist ein anständiger Bürger, ein prima Kerl, und nun will keine Mannschaft mehr etwas mit ihm zu tun haben. Und vielleicht hat der Typ hier, dieser Dan Mercer, na ja, irgendwie hatte die ihn ja auch in die Falle gelockt, oder? Vielleicht hat der es ja auch verdient, dass man im Zweifel für den Angeklagten entscheidet. Vielleicht muss auch da gelten, dass man unschuldig ist, bis die Schuld bewiesen ist.«
Walker wandte sich ab,
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