In seinen Händen - Coben, H: In seinen Händen - Caught
schnell. Frank hatte es gemerkt.
»Meine Tochter«, sagte er.
»Ich weiß.«
»Wir werden nicht darüber reden, okay?«
»Okay.«
»Was haben Sie für ein Problem mit diesem Fall, Wendy?«
»Ich glaube, mir fehlt einfach das Warum.«
»Gucken Sie sich das Foto ruhig noch einmal an. So läuft das in der Welt einfach nicht.« Er richtete sich auf. Sein Blick bohrte sich in ihre Augen. »Manchmal - vielleicht sogar meistens - gibt es kein Warum.«
Auf dem Rückweg zu ihrem Auto sah Wendy, dass sie eine E-Mail von Ten-A-Fly bekommen hatte. Sie rief ihn an.
»Wir haben vielleicht etwas über Kelvin Tilfer.«
Der Fathers Club hatte die letzten Tage daran gearbeitet, die Mitbewohner aus Princeton ausfindig zu machen. Am einfachsten war das natürlich bei Farley Parks. Wendy hatte sechs Mal bei dem ehemaligen Politiker angerufen, ihn aber nicht erreicht. Er hatte auch nicht zurückgerufen. Sie hatte nichts anderes erwartet. Farley lebte in Pittsburgh, daher war es ziemlich aufwendig, einfach bei ihm vorbeizufahren. Er war also erst einmal außen vor.
Der zweite war Dr. Steve Miciano. Sie hatte mit ihm telefoniert und ihn um ein Treffen gebeten. Wendy hatte nicht vor,
ihm am Telefon zu sagen, worum es ging, und Miciano hatte auch nicht gefragt. Er sagte, er wäre im Schichtdienst und hätte morgen Nachmittag Zeit. Wendy meinte, so lange warten zu können.
Der dritte Mitbewohner - und der, der in Wendys Augen die höchste Priorität hatte - war der kaum fassbare Kelvin Tilfer. Sie hatte immer noch nichts über ihn gefunden. Was das Internet betraf, war der Mann einfach irgendwie vom Erdboden verschluckt worden.
»Und was?«, fragte sie.
»Ein Bruder von ihm, Ronald Tilfer, arbeitet als Paketbote für UPS in Manhattan. Er ist der einzige Verwandte, den wir gefunden haben. Die Eltern sind verstorben.«
»Wo wohnt er?«
»In Queens, aber wir haben noch was Besseres. Als Doug früher bei Lehman Brothers war, haben sie viel mit UPS gearbeitet. Doug hat seine alten Kontakte genutzt und darüber einen Zugriff auf Ronald Tilfers Lieferplan gekriegt. Das ist jetzt alles computerisiert, daher können wir im Internet ziemlich genau nachverfolgen, wo er gerade ist. Falls Sie ihn sprechen wollen.«
»Das will ich.«
»Okay, dann fahren Sie nach Manhattan in die Upper West Side. Ich maile Ihnen dann, wo er gerade etwas ausgeliefert hat.«
Eine Dreiviertelstunde später entdeckte sie den braunen Lieferwagen in zweiter Reihe geparkt an der West 69th Street in der Nähe der Columbus Avenue vor einem Restaurant namens Telepan. Sie hielt vor einer Parkuhr, warf ein paar Münzen hinein und lehnte sich an den Kotflügel.
Ronald Tilfer - zumindest nahm sie an, dass er der Mann in der braunen UPS-Uniform war - lächelte und winkte noch einmal
kurz nach hinten, als er aus dem Restaurant kam. Er war klein, hatte kurzgeschorene, graumelierte Haare und, wie man in diesen Uniformen sehr gut erkennen konnte, kurze, wohlgeformte Beine. Wendy ging auf ihn zu und fing ihn ab, bevor er bei seinem Lieferwagen war.
»Ronald Tilfer?«
»Ja.«
»Ich heiße Wendy Tynes. Ich bin Reporterin der NTC News. Ich suche Ihren Bruder Kelvin.«
Er kniff die Augen zusammen. »Weshalb?«
»Ich will einen Bericht über den Abschlussjahrgang in Princeton machen.«
»Ich kann Ihnen nicht helfen.«
»Ich möchte ihn nur ein paar Minuten sprechen.«
»Das geht nicht.«
»Warum nicht?«
Er wollte um sie herumgehen. Wendy blockierte ihm weiter den Weg.
»Sagen wir einfach, Kelvin steht nicht zur Verfügung.«
»Was soll das heißen?«
»Er kann nicht mit Ihnen sprechen. Er kann Ihnen nicht helfen.«
»Mr. Tilfer?«
»Ich muss wirklich wieder an die Arbeit.«
»Nein, müssen Sie nicht.«
»Wie bitte?«
»Das war heute Ihre letzte Lieferung.«
»Woher wissen Sie das?«
Lass ihn im Ungewissen, dachte sie. »Hören wir auf, Zeit zu vergeuden mit kryptischen Bemerkungen wie ›er steht nicht zur Verfügung‹ oder ›er kann nicht mit Ihnen sprechen‹ oder so etwas. Es ist extrem wichtig, dass ich mit ihm rede.«
»Über den Abschlussjahrgang in Princeton?«
»Es steckt noch mehr dahinter. Irgendjemand schadet seinen ehemaligen Mitbewohnern.«
»Und Sie glauben, dass es Kelvin ist?«
»Das habe ich nicht gesagt.«
»Er kann’s nicht sein.«
»Dann helfen Sie mir, das zu beweisen. Auf jeden Fall wurden schon mehrere Existenzen zerstört. Ihr Bruder könnte auch in Gefahr sein.«
»Das ist er nicht.«
»Vielleicht kann er dann ein paar
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