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In seinen Händen - Coben, H: In seinen Händen - Caught

Titel: In seinen Händen - Coben, H: In seinen Händen - Caught Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harlan Coben
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Unterstützung.
    »Narbengesicht!«, schrie Kelvin. »Wird uns alle holen. Narbengesicht!«
    »Wer ist Narbengesicht?«, schrie Wendy zurück.
    Ronald sagte: »Lassen Sie ihn zufrieden!«
    »Narbengesicht!« Kelvin kniff die Augen zu. Er legte die Hände an den Kopf, als müsste er ihn vorm Platzen bewahren. »Ich hab’s ihnen gleich gesagt! Ich hab sie gewarnt!«
    »Was bedeutet das, Kelvin?«
    »Hören Sie auf!«, sagte Ronald.
    Dann verlor Kelvin vollkommen die Kontrolle. Sein Kopf schaukelte vor und zurück. Zwei Pfleger kamen herein. Als Kelvin sie sah, schrie er: »Hört auf mit der Jagd! Hört auf mit der Jagd!« Er warf sich auf den Fußboden und krabbelte auf allen vieren herum. Ronald hatte Tränen in den Augen. Er versuchte, seinen Bruder zu beruhigen. Kelvin rappelte sich auf. Die Pfleger stürzten sich wie Football-Spieler auf ihn - einer ging auf die Beine, der andere auf den Oberkörper.
    »Tun Sie ihm nicht weh!«, rief Ronald. »Bitte!«
    Kelvin lag wieder am Boden. Die Pfleger legten ihm eine Art Zwangsjacke an. Ronald flehte sie an, ihm nicht weh zu tun. Wendy versuchte, näher an Kelvin heranzukommen, irgendwie mit ihm in Kontakt zu treten.
    Am Boden liegend sah Kelvin ihr endlich in die Augen. Wendy krabbelte zu ihm, während er sich wehrte. Ein Pfleger rief: »Bleiben Sie von ihm weg!«
    Sie beachtete ihn nicht. »Worum geht es, Kelvin?«
    »Ich hab’s ihnen gesagt«, flüsterte er. »Ich hab sie gewarnt.«

    »Wovor haben Sie sie gewarnt, Kelvin?«
    Kelvin fing an zu weinen. Ronald packte Wendy an den Schultern und versuchte, sie von Kelvin wegzuziehen. Sie schüttelte ihn ab.
    »Wovor haben Sie sie gewarnt, Kelvin?«
    Ein dritter Pfleger war jetzt im Raum. Er hatte eine Spritze in der Hand. Er stach sie in Kelvins Schulter. Kelvin sah Wendy jetzt direkt in die Augen.
    »Sie durften nicht mehr auf die Jagd gehen«, sagte Kelvin plötzlich mit ruhiger Stimme. »Wir durften alle nicht mehr auf die Jagd gehen.«
    »Was haben Sie gejagt?«
    Aber die Wirkung des Medikaments setzte schon ein. »Wir hätten nie auf die Jagd gehen dürfen«, sagte er jetzt leise. »Narbengesicht kann es Ihnen sagen. Wir hätten nie auf die Jagd gehen dürfen.«

SIEBENUNDZWANZIG
    R onald Tilfer hatte keine Ahnung, wer oder was mit »Narbengesicht« gemeint war oder von was für einer Jagd sein Bruder gesprochen haben könnte. »Das hat er früher schon mal gesagt - irgendetwas übers Jagen und über ein Narbengesicht. Genau wie er Himmler immer wieder erwähnt. Ich glaube nicht, dass das irgendeine Bedeutung hat.«
    Auf dem Heimweg überlegte Wendy, was sie mit dieser Quasi-Information machen sollte, und fühlte sich dabei noch verlorener als am Morgen. Charlie saß auf der Couch und sah fern.
    »Hi«, sagte sie.
    »Was gibt’s zum Abendessen?«
    »Mir geht’s gut, danke. Und dir?«
    Charlie seufzte. »Ich dachte, diese verlogenen Höflichkeitsfloskeln hätten wir hinter uns gelassen.«
    »Und dabei ist die allgemeine menschliche Höflichkeit offenbar auch gleich mit über Bord gegangen.«
    Charlie rührte sich nicht.
    »Alles in Ordnung bei dir?«, fragte sie, und ihre Stimme klang besorgter, als sie geplant hatte.
    »Bei mir? Bestens, wieso?«
    »Immerhin war Haley McWaid eine Mitschülerin.«
    »Schon. Aber eigentlich kannte ich sie gar nicht richtig.«
    »Viele von deinen Freunden und Mitschülern waren auf der Beerdigung.«

    »Ich weiß.«
    »Clark und James auch.«
    »Ich weiß.«
    »Und warum wolltest du dann nicht hingehen?«
    »Weil ich sie kaum kannte.«
    »Aber Clark und James kannten sie?«
    »Nein«, sagte Charlie. Er setzte sich aufrecht hin. »Pass auf, ich fühl mich beschissen. Das ist’ne echte Tragödie. Aber die Leute, selbst meine guten Freunde, fahren ziemlich darauf ab, dass sie bei so was dabei sind. Mehr ist das nicht. Die sind nicht zur Beerdigung gegangen, weil sie ihr die letzte Ehre erweisen wollten oder so. Sie sind hingegangen, weil sie dachten, dass das cool ist. Sie wollten irgendwie dabei sein. Da ging’s ihnen nur um sich selbst. Alles klar?«
    Wendy nickte. »Alles klar.«
    »Meistens find ich das auch schon okay so«, sagte Charlie. »Aber bei’nem toten Mädchen, nee, das muss nicht sein.« Charlie lehnte den Kopf wieder aufs Kissen und sah weiter fern. Sie starrte ihn einen Moment lang an.
    Ohne auch nur einen Blick in ihre Richtung zu werfen, seufzte er und sagte: »Was ist?«
    »Du klangst gerade genau wie dein Vater.«
    Er sagte nichts.
    »Ich liebe dich«, sagte

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