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In stiller Wut: Kriminalroman (German Edition)

In stiller Wut: Kriminalroman (German Edition)

Titel: In stiller Wut: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Fux
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hatten immerhin ein bisschen mehr Glück gehabt. Das Ermittlerteam Möller/Lorenz hatte in der Hoffnung, die Senatorin möge noch irgendwo eingekehrt sein, die Bars in der Nähe der Staatsoper abgeklappert – mit Erfolg. Der Barkeeper vom Vier Jahreszeiten konnte sich erinnern, dass die verschwundene Senatorin bei ihm einen Drink bestellt hatte. Manhattan – eine Frau mit Stil, hatte er anerkennend gesagt. Noch interessanter war, dass sie sich mit einer anderen Dame am Tresen unterhalten hatte. Ebenfalls Manhattan, fügte er hinzu. Die Dame sei groß, schlank und elegant gewesen, im teuren Hosenanzug mit schwarzer Pagenfrisur.
    »Lehmann, Klasen und Stüven: Alle drei haben kurz vor ihrem Verschwinden mit einer großen schlanken Frau einen Drink genommen. Das ist kein Zufall, das ist ein Muster.« Hadice ließ die Faust auf Grasmanns Schreibtisch knallen.
    »Zertrümmere dir nicht auch noch die Hand«, kommentierte ihr Vorgesetzter.
    Hadice beachtete dessen Einwurf nicht. »Könnte es Sylvia gewesen sein?«, fragte sie Henry.
    »Schwer zu sagen.« Henry fummelte ein Hustenbonbon aus seiner Tasche und steckte es sich in den Mund. »Groß und schlank ist sie ja und mit Perücke und Make-up lässt sich einiges machen.«
    »Können wir sie nicht einfach vorladen? Vielleicht erkennt der Wirt sie ja wieder. Oder der Barkeeper.«
    Grasmann schüttelte den Kopf. »Damit würden wir sie nur misstrauisch machen.«
    »Glaube ich nicht.« Hadice beugte sich vor. »Diese Frau ist superintelligent. Die hat sofort durchschaut, dass wir sie verdächtigen. Ich glaube, das hat sie sogar amüsiert.«
    »Na gut.« Er lehnte sich zurück und überlegte. Dann schüttelte er den Kopf. »Du weißt genau, dass wir dafür nicht genug in der Hand haben, Öztürk.«
    Hadice legte die Stirn in Falten. »Vielleicht kommt sie ja freiwillig.«
    Am nächsten Morgen betrachtete Hadice besorgt ihren Zeugen. Augusto da Silva, der Besitzer des portugiesischen Restaurants in Wilhelmsburg, schwitzte. Sein Adamsapfel hüpfte auf und ab. Hadice stellte ihm ein Glas Wasser vor die Nase. Hoffentlich kippst du uns nicht vor lauter Aufregung aus den Latschen, dachte sie.
    Da Silva entfaltete die »Bild«. »Schöne Senatorin vermisst!«, schrie die heutige Schlagzeile. Daneben ein großformatiges Foto, das Nathalie bei einem Empfang zeigte. Hadice seufzte und sah auf die Uhr. Für 14 Uhr hatten sie eine Pressekonferenz angesetzt, auf der der Chef einmal mehr geschickt verschleiern musste, dass sie noch keine konkrete Spur hatten.
    Augusto trank gierig ein paar Schlucke Wasser. Und deutete auf das Titelbild. »Hat das etwas mit der Sache zu tun?«
    »Wie kommen Sie denn darauf?«
    »Na ja, die Dame war ja schließlich auch aus Wilhelmsburg.« Er rollte bedeutungsvoll mit den Augen. »Und Klasen, der war ja nun auch vor seinem Tod erst mal verschwunden.«
    Holy Shit, dachte Hadice. Wenn schon dem kleinen Restaurantbesitzer die Zusammenhänge auffielen, würde das Gerücht bald seine Runde machen.
    »Da besteht keinerlei Zusammenhang.« Sie blickte den Portugiesen streng an.
    Doch der starrte schon wieder auf das Bild der Senatorin.
    Die sieben Frauen waren alle groß, schlank und trugen identische Perücken. Hadice hatte am Morgen noch sieben Modelle »Demi Moore« und sieben schwarze Pagenfrisuren bei einem Kostümausstatter ergattert. Tatsächlich hatte Sylvia erheitert auf das »Spiel«, wie sie es nannte, reagiert. »Ist doch mal was anderes als Zeitunglesen und Croissant«, hatte sie am Telefon gesagt und sich bereit erklärt, am nächsten Morgen zur Gegenüberstellung zu erscheinen.
    Nun stand sie mit ausdruckslosem Gesicht zwischen den anderen Frauen, vier Polizeibeamtinnen und zwei Sekretärinnen.
    »Lassen Sie sich ruhig Zeit«, sagte Henry zu dem nervösen Portugiesen.
    Augusto schwitzte. »Und wenn ich nun die Killerin entlarve?«
    Henry, der von Augustos Verdacht nichts mitbekommen hatte, blickte irritiert zu Hadice. Die zuckte mit den Schultern. »Was denn für eine Killerin?«
    Da Silva beachtete seinen Einwand nicht. »Wissen Sie, ich habe Frau und Kinder, und wenn ich hier eine Mörderin ans Messer liefere …«
    Hadice seufzte. »Sie wird nicht erfahren, wer sie identifiziert hat.«
    Er musterte noch einmal angestrengt die Reihe der Frauen. Sylvia machte inzwischen ein Gesicht, als müsste sie das Lachen wegdrücken.
    »Die da«, sagte Augusto plötzlich. »Die Zweite von rechts. Ich bin mir ziemlich sicher, wirklich.« Er strahlte.
    Henry

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