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In stiller Wut: Kriminalroman (German Edition)

In stiller Wut: Kriminalroman (German Edition)

Titel: In stiller Wut: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Fux
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Fettwanst und die Frau auf Krücken aufgetaucht waren, wäre er fast abgehauen. Ihr erfolgloses Klingeln hatte ihm jedoch Mut gemacht.
    Kaum hatte der große Dicke die Pforte hinter sich zugezogen, löste er sich aus dem Schatten und schlich zur Rückseite des Hauses. Dort hatte er zuvor eine Möglichkeit entdeckt, einzusteigen. Er schlich zu einem Geräteschuppen hinüber, der unmittelbar an das Haus grenzte. Davor stand eine Regentonne. Er blickte sich suchend um, nahm einen apfelsinengroßen Stein, der zur Umrahmung einer Blumenrabatte gehörte, und stieg auf den Rand der Tonne. Als er sich auf das flache Dach zog, tunkte sein linker Fuß in das gesammelte Regenwasser. Er unterdrückte einen Fluch. Einen Moment lang blieb er auf den Boden gepresst liegen. Die kratzige Dachpappe roch nach Teer. Hoffentlich knall ich hier nicht durch, dachte er. Dann erhob er sich vorsichtig und eilte zur Hauswand.
    Er zog den Stein aus seiner Tasche und schlang seine Jacke um die rechte Hand. Mit voller Wucht ließ er den Stein gegen das Fenster krachen, das in tausend Teile zerbarst. »Verdammter Mist«, stöhnte er, als die Alarmanlage losheulte.
    Mit einem Satz war Henry aus dem Auto. »Hol Verstärkung!«, rief er über die Schulter. Während Hadice noch die Kollegen anfunkte, sah sie ihn bereits an der Haustür stehen. Vermutlich war wieder sein Profi-Schlosserwerkzeug im Einsatz. Sie gab die genaue Adresse an und folgte ihm dann. Heiner Grasmann würde ihr den Kopf abreißen, wenn er wüsste, dass sie auf Krücken in ein ungesichertes Haus hinkte. Sie verdrängte den Gedanken. Sie dachte an Theo.
    Henry schob die Haustür langsam auf und verstaute das Werkzeug wieder in seiner Hosentasche. Das Schrillen der Alarmanlage zermürbte seine Nerven. Im Flur des Hauses herrschte Finsternis. Er suchte nach dem Lichtschalter und fluchte leise, als das Drücken darauf ergebnislos blieb. Durch die geöffnete Haustür fiel etwas Licht in die Finsternis. Langsam tastete er sich voran.
    Er fuhr zusammen, als er etwas hinter sich poltern hörte. Hadice war mit ihren Krücken an einem der Möbelstücke hängen geblieben, mit denen der Flur vollgestellt war.
    »Sag doch einen Ton«, flüsterte Henry, der ihr Auftauchen erst jetzt bemerkt hatte.
    Hadice staunte, dass sich Sylvia, die es, ihrer Wohnung nach zu schließen, offenbar eher puristisch schätzte, in dieser vollgestopften Bude wochenlang aufhalten mochte.
    Henry zog sein Handy hervor. In dem bläulichen Schein des Displays konnte er sich besser orientieren. Er fand den Steuerungskasten der Alarmanlage neben der Tür. Es war ein gängiges Modell. Sekunden später erstarb der ohrenbetäubende Lärm.
    »Sylvia, ich bin’s, Hadice!«, rief seine Kollegin in die plötzliche Stille.
    Henry war inzwischen in den nächsten Raum vorangegangen. Hier funktionierte das Licht. Hadice entspannte sich. Das Herumstolpern im Dunklen hatte an ihren Nerven gezerrt. Sie folgte Henry und schaute sich um. Ganz offensichtlich handelte es sich um die Küche. Der Raum war maximal zuletzt in den Siebzigerjahren renoviert worden. Verblasste Prilblumen, wie sie damals an den Flaschen des Geschirrspülmittels geklebt hatten, schmückten die Fliesen. Hadice kannte sie noch aus der Wohnung ihrer Großmutter, wo sie seit Jahrzehnten ausblichen. In dem Raum fand sich keine Spur davon, dass er in letzter Zeit von irgendwem genutzt worden war. Die Obstschale auf dem Küchentisch war leer und es stand auch kein benutztes Geschirr herum.
    »Glaubst du, sie steckt hier irgendwo?«, fragte sie leise.
    »Keine Ahnung, jedenfalls weiß sie dann, dass wir da sind.«
    Mit gezogener Waffe ging Henry weiter und schaltete das Licht im Wohnzimmer an. Er pfiff leise durch die Zähne. »Hadice, komm rüber«, rief er gedämpft.
    Ihr Blick fiel als Erstes auf zwei Gläser, die auf dem Tisch standen. An einem von ihm klebte dunkelroter Lippenstift. »Offenbar hat sie Besuch gehabt.«
    »Ich meinte eigentlich das da.« Henry deutete zur Decke.
    »Was um alles in der Welt ist das?«, fragte Hadice, als sie das wahnwitzige Drahtgespinst betrachtete.
    »Keine Ahnung, aber ich bezweifle, dass es sich um einen Dekotipp aus ›Schöner Wohnen‹ handelt.«
    Hadice starrte noch immer unbehaglich an die Decke. »Ich finde, es sieht aus wie ein gigantisches Spinnennetz.«
    »Fragt sich nur, wo die Spinne ist.«
    Henry ließ sie allein in dem großen Wohnzimmer stehen, dessen Decke durch das Drahtgeflecht noch tiefer und erdrückender erschien,

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