In stiller Wut: Kriminalroman (German Edition)
altem Studienkollegen und enthielt eine Liste der Mitarbeiter des Instituts. Haucke Reimers entschuldigte sich für die Verzögerung. »Immerhin ist es mir gelungen, auch die Namen der externen Beschäftigten aufzutreiben«, schrieb er. Als Gegenleistung forderte er ein baldiges Wiedersehen in Form eines feuchtfröhlichen Abends auf Theos Kosten. Hanna hoffte inständig, dass Theo noch in der Lage sein würde, diese Schuld zu begleichen. Sie öffnete den Anhang der Mail und stöhnte. Die Liste war mehrere Seiten lang. Wenn sie die am Bildschirm las, würde sie blind werden.
Sie warf einen bedauernden Blick auf die schlafende Dreiergruppe, stellte dann aber resolut den geräuschvollen Drucker an. Während das Gerät unüberhörbar die Seiten ausspuckte, rappelte May sich auf. Lilly und der Hund grunzten nur unwillig und schliefen weiter.
»Was hast du da?« May kam auf Strümpfen zu ihr herüber.
»Das sind die Mitarbeiter vom Bernhard-Nocht-Institut. Die haben noch am ehesten Zugang zu Tollwutviren.«
Hanna nahm die noch warmen Seiten aus dem Drucker und sah die erste durch.
Sobald sie fertig war, streckte May auffordernd die Hand danach aus und begann ebenfalls zu lesen.
Die Liste war nach Abteilungen und Aufgabengebieten und innerhalb dieser Gruppierungen alphabetisch sortiert. Dahinter standen die jeweiligen Durchwahlen und E-Mail-Adressen.
Erst auf der vorletzten Seite stieß Hanna auf einen Namen, der ihren Blutdruck sofort um mehrere Punkte auf der Skala steigen ließ.
May bemerkte ihren Schreck. »Was ist los?«
»Das gibt’s doch nicht! Schau dir das an.« Hanna deutete auf den letzten Namen auf der Seite, der unter der Rubrik »Reinigungskräfte« gelistet war. Sie griff zum Telefon.
Henry und Franke standen noch immer vor der Mindmap, die Sylvias Wahn in ihrer ganzen irrwitzigen Grandiosität so anschaulich darstellte.
Die vielen Zettel und ihre Querverbindungen drehten sich bereits vor Henrys Augen. Wenn er weiter darauf starrte, würde er zweifellos selbst verrückt werden. Er kniff die Augen zusammen, sodass das Bild vor seinen Augen verschwamm. So verschwand die verwirrende Fülle der Details und die Struktur selbst rückte mehr in den Vordergrund. Verblüfft hielt er inne und öffnete die Augen wieder ganz. Jetzt, da das Bild wieder scharf war, konnte er das Muster, das er entdeckt zu haben glaubte, nicht mehr erkennen. Er kniff die Lider wieder zusammen. Da tauchte es wieder auf. Klar und deutlich. Wie hatten sie das übersehen können?
»Für mich sieht es so aus, als ob das Bild ein zweites Zentrum hat«, sagte er dann zögernd zu Franke.
Der Professor nickte bedächtig. »Das Gefühl habe ich auch.« Sie sahen einander kurz an und zeigten zeitgleich auf eine Stelle im oberen linken Bildbereich. Dort klebte ein Porträt, unter dem ein Name stand.
Sie fuhren herum, als die Tür sich öffnete. Hadice kam hereingehumpelt. Ihren Blick konnte Henry nur als triumphierend deuten. Sie hob eine Krücke und deutete auf dieselbe Stelle, auf die der Psychiater und der Ermittler zuvor gestoßen waren.
»Sanna Sörgel«, sagte sie dann. »Theos Freundin Hanna hat ihren Namen gerade auf einer Liste mit Reinigungskräften am Tropeninstitut entdeckt.«
»Auf die sind wir auch gerade gekommen«, sagte Henry.
KAPITEL 31
Sylvia hatte sich auf der Pritsche zu einer embryonalen Kugel zusammengerollt. Schlafend sah sie absolut harmlos aus. Kaum zu glauben, dass diese schmächtige Person mit einem Elektroschocker auf die Kommissarin losgegangen war. Franke weckte sie nur ungern, aber er sah ein, dass es nicht anders ging.
»Wir wissen definitiv, dass Theo kurz vor seinem Verschwinden bei ihr gewesen ist. Ganz abgesehen von der Zeugin, die ihn beschrieben hat, sind seine Fingerabdrücke auf dem Whiskyglas.« Henry hatte ihn beschwörend angeschaut.
»Irgendwas muss er doch zu ihr gesagt haben, wohin er will«, hatte Hadice ergänzt.
Franke legte Sylvia behutsam eine Hand auf die Schulter. Sie zuckte mit keiner Wimper. Er rüttelte sie leicht. Sie schlug die Augen auf. Ihr Blick war schneidend. Franke fragte sich, ob sie den Schlaf nur simuliert hatte. Sie rappelte sich auf, sodass sie sich auf die Ellenbogen stützen konnte. Der Psychiater zog sich einen Stuhl heran und sah ihr ernst in die Augen.
»Frau Dr. Kuhn. Sie müssen mir helfen.«
Sylvia betrachtete ihn argwöhnisch.
»Es ist wirklich sehr wichtig.«
Sylvia schwieg.
»Können Sie mir sagen, wohin Theo Matthies gegangen ist, nachdem er Ihr
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