In sündiger Silvesternacht
gekommen. Sie kannte ihn kaum länger als vierundzwanzig Stunden, und hier stand er, ein großer Mann in schwarzem Pullover und Jeans … und füllte ihre Küche aus. Sie wollte am liebsten auf der Stelle zu ihm gehen und ihn für ein heißes Spiel auf den Boden zerren.
Nimm dich zusammen, Fiona, befahl sie sich im Stillen.
Sie sah auf die Berge kleingeschnittenen Gemüses. „Was kochst du eigentlich?“
„Das einfachste Gericht, das ich kenne. Linguine mit frischen Tomaten und Basilikumsauce.“
Sie betrachtete die zugestellte Anrichte. „Einfach sieht es nicht aus.“
Er lachte. „Ist es aber. Meiner Mutter war es wichtig, dass wir immer gemeinsam zu Abend aßen. Da sie den ganzen Tag arbeitete, durften die Rezepte nicht zu kompliziert sein. Außerdem musste alles schnell gehen. Jase und ich waren immer kurz vorm Verhungern. Damit es schneller ging, bekamen meine Geschwister und ich die Aufgabe, alles vorzubereiten.“ Er entdeckte eine Bratpfanne und stellte sie auf den Herd.
Fiona strich mit dem Zeigefinger über den Rand ihres Glases. Das Bild, das er von einer geborgenen Familie heraufbeschwor, löste plötzlich eine Erinnerung in ihr aus. „Meine Mom starb, als ich vier war und mein Vater noch früher. Aber ich erinnere mich daran, dass sie ebenfalls Gemüse klein schnitt. Sie ließ mich neben sich auf einem Stuhl stehen und ihr zusehen. Daran habe ich seit Jahren nicht mehr gedacht.“
„Manchmal lösen auch Gerüche Erinnerungen aus.“
„Eine meiner Pflegemütter kochte häufiger mal etwas. Nichts Großartiges. Meistens aus Dosen.“
D. C. gab Öl in die Pfanne. „Und die anderen?“
Fiona schüttelte den Kopf. „Es gab meistens Sandwiches, und viel Pizza und Fast Food, wenn die Schecks kamen.“ Sie nahm noch einen Schluck Wein. Normalerweise sprach sie nicht über ihre Vergangenheit.
„Pizza und Fast Food. Mein Bruder und ich hätten das toll gefunden. Um die Wahrheit zu sagen, anfangs hassten wir die Küchenarbeit. Sie war uns nicht männlich genug. Aber meine Mutter bestand darauf, dass Mädchen und Jungs gleich behandelt werden sollten.“
Seine Mutter muss wirklich eine nette Person sein, dachte Fiona.
„Wenn das Wasser kocht, haben wir noch neun Minuten Zeit. Also können wir mit unserem Date-Gespräch fortfahren.“ Er lehnte sich gegen die Anrichte und nahm sein Glas. „Du kannst mir gerne Fragen stellen. Es muss doch etwas geben, was du wissen möchtest.“
Das stimmte, aber bis jetzt hatte sich keine passende Gelegenheit ergeben, um ihn darauf anzusprechen. „Dein Bein. Was ist da passiert?“
„Es war im Irak. Ein Ladenbesitzer stand unter Beobachtung. Er wurde verdächtigt, Aufständische mit Waffen zu beliefern. Ein Informant rief meinen Partner an und sagte ihm, er könnte uns einen Beweis liefern, und dass gerade ein Deal abgewickelt würde. Wir parkten eine Querstraße weiter und liefen zu dem angegebenen Laden. Die Bombe ging genau in dem Augenblick los, als wir dort ankamen. Perfektes Timing. David wurde getötet, und ich wurde am Bein verletzt. Während ich im Krankenhaus lag, hatte ich viel Zeit, um darüber nachzudenken.“
Etwas in ihrem Innern zog sich zusammen. „Du hast dich gefragt, wer schuld daran war.“ Das Gleiche hatte sie getan, nachdem ihr Partner von einer Kugel getroffen worden war. Doch sie hatte damals wenigstens einen Job gehabt, zu dem sie zurückkehren konnte. Bei D. C. war das nicht der Fall gewesen.
Sie versuchte sich auszumalen, wie es sein mochte, wenn man nichts zu tun hatte, außer an eine Krankenzimmerdecke zu starren und darüber nachzudenken, was gewesen wäre, wenn …
Die Vorstellung ließ sie von ihrem Hocker aufstehen und zu ihm auf die andere Seite der Anrichte gehen. Sie schlang die Arme um ihn und spürte, wie er ebenfalls die Arme um sie legte. So blieben sie einfach eine Weile lang stehen. „Tut mir leid. Ich wollte dich nicht wieder daran erinnern.“
„Das ist schon in Ordnung.“
Ihr Bedürfnis, D. C. zu trösten oder selbst getröstet zu werden, erstaunte sie.
Diesmal wurde sie nicht von ungebremster Leidenschaft überwältigt, sondern spürte, wie sich ein viel wärmeres und süßeres Gefühl in ihr ausbreitete und sie schließlich ganz ausfüllte. Emotionen! Erschrocken über sich selbst löste sie sich von D. C. und trat vorsichtig einen Schritt zurück.
Das Leben hatte sie gelehrt, dass nichts von Dauer war. Mehr zu wollen oder davon zu träumen, hatte bei ihr noch nie funktioniert.
D. C. lehnte sich
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