In tiefster Dunkelheit
gegeben haben, ist ziemlich lang. Dana ist ein beliebtes Mädchen.«
Elaine wischte sich die Tränen mit einem zusammengeknüllten Papiertaschentuch ab. »Sie war schon immer sehr beliebt. Alle mögen sie. Sie ist ein gutes, christliches Mädchen. Sie unterrichtet die Kleinen in der Sonntagsschule.«
Jess studierte die Liste. »Sind unter den hier genannten Jungen Exfreunde oder welche, die ein romantisches Interesse an ihr hatten?«
Elaine schüttelte entschieden den Kopf. »Nein. Dana hat sich ganz auf ihr Studium konzentriert. In der Highschool hatte sie eine lange, schmerzvolle Beziehung, und sie hat beschlossen, dass es im College anders werden muss.«
»Sie ist wirklich ein kluges Mädchen«, sagte Jess. Dass sie Dan dabei einen Blick aus den Augenwinkeln zuwarf, gab ihm deutlich zu verstehen, dass sie dabei an ihre gemeinsamen turbulenten Highschool-Jahre dachte.
»Hatte sie noch Kontakt zu dem Jungen von der Highschool?«, fragte Dan.
Steve schüttelte den Kopf. »Er starb kurz vor dem Abschluss bei einem Autounfall. Die ganze Gemeinde war zutiefst erschüttert.«
»Es besteht kein Kontakt mehr zu seiner Familie? Zu Geschwistern vielleicht?«, fragte Jess, diesen Aspekt mit offensichtlichem Interesse weiterverfolgend.
»Er war ein Einzelkind«, antwortete Elaine. »So wie unsere Dana.« Sie sah Steve an. »Ich habe die Murrays seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen.«
»Chief?«
Dan wandte sich Wells zu, die in der Tür zwischen Wohnzimmer und Flur stand. Sie nickte knapp zu Jess hin. Dan hob das Kinn, um seine Zustimmung zu signalisieren.
»Agent Harris«, sagte Wells, »ich unterbreche nur ungern, aber ich brauche Sie einen Moment.«
»Entschuldigen Sie mich, Mr und Mrs Sawyer.« Jess ging um Dans Stuhl herum und zu Wells in den Flur.
Während die beiden miteinander sprachen, lenkte Dan die besorgten Eltern ab, deren Blicke Jess beim Verlassen des Zimmers gefolgt waren. »Ich habe die Preise im Zimmer Ihrer Tochter gesehen. Nimmt sie immer noch an Tanzwettbewerben teil?«
Tanzen. Andrea hatte vor Kurzem erst damit aufgehört. Ihre Mutter sagte oft, sie hätte schon getanzt, bevor sie laufen konnte. Aber als ihr leiblicher Vater wieder auf der Bildfläche erschienen war, hatte sie irgendwie die Lust daran verloren. Der Gedanke, dass sie nun schon seit fünf Tagen vermisst wurde, schmerzte Dan wie rasiermesserscharfer Stacheldraht.
»Auch das hat sich am College geändert«, sagte Elaine mit zitternder Stimme. »Sie war eine sehr zielstrebige Studentin.«
Abgesehen von Reanne schienen sich alle Mädchen ganz ihrer schulischen Ausbildung gewidmet zu haben.
»Wie lange lebt Ihre Familie schon in Warrior?« Die Antwort auf diese und viele andere Fragen kannte Dan längst. Aber auch er hatte Mühe, mit seiner Aufmerksamkeit im Raum zu bleiben, weil er genauso gern wie sie einen Blick in den Flur geworfen hätte. Und er wollte es lieber Jess überlassen, mehr ins Detail zu gehen. Denn die schnellste Methode, verängstigte Eltern vollends zu verschrecken, bestand darin, sie von verschiedenen Seiten mit gezielten Fragen zu löchern. Also hielt er sich an Gemeinplätze.
»Bitte verzeihen Sie die Unterbrechung«, sagte Jess, als sie wieder zu ihrem Stuhl zurückkehrte. Sie nahm Notizblock und Stift zur Hand. Offenbar hatte sie für Technikspielzeug wenig übrig; selbst ihr Handy schien sie nur für Anrufe zu nutzen.
»Wir … äh … wir leben hier schon unser ganzes Leben lang«, beantwortete Steve Dans Frage. Er tätschelte die Hand seiner Frau. »Dana ist schon die sechste Generation.«
»Mr und Mrs Sawyer, ich nehme an, Sie wissen, was Facebook ist. Ein sehr beliebtes soziales Netzwerk für Teenager und Menschen allen Alters.«
Elaine nickte als Erste. Steve schien nur zu nicken, weil seine Frau es tat.
»Dana war bei Facebook«, erklärte Jess, »und dort erhielt sie eine Nachricht von einer Freundin, die sich
BeautifulMind
nennt. Offenbar macht sie sich Sorgen, weil Dana sich seit gestern nicht mehr gemeldet hat.«
Die Sawyers tauschten einen fragenden Blick und schüttelten dann die Köpfe. »Ich habe die Privatsphäre meiner Tochter immer respektiert«, erwiderte Elaine. »Ich kenne ihre Facebook-Freunde nicht.«
Dan fragte sich, ob Annette Andreas Freunde kannte.
»Detective Wells fand heraus, dass sich hinter dem Nicknamen
BeautifulMind
Dr. Maureen Sullivan verbirgt. Sie ist eine Psychologin in Birmingham, spezialisiert auf –«
»Wir wissen, wer sie ist«, sagte Steve. Für einen
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