In tödlicher Gefahr
sicher gut tun.
Als John auf den Parkplatz der Princeton Township Police an der Witherspoon fuhr, knurrte ihm der Magen. Der Gedanke, zur Abwechslung mal ein delikates Mahl zu genießen, machte ihn noch hungriger.
Detective Tina Wrightfield beendete soeben ein Telefonat, als er ihren Bürobereich betrat. Die Brünette mit den intelligenten braunen Augen und dem scharfen Verstand war etwas über vierzig und hatte sechzehn Dienstjahre vorzuweisen. Als Witwe eines im Dienst getöteten State Troopers zog sie drei Töchter allein auf und machte ihren Job verteufelt gut. Außerdem war sie einer der verlässlichsten Partner, die John je gehabt hatte.
Momentan war ihre Dienststelle auf Grund von Pensionierungen und langfristigen Erkrankungen hoffnungslos unterbesetzt, was zur Folge hatte, dass die Aufgaben geteilt werden mussten. Tina hatte man einen grausamen Mord übertragen – ein kleiner Junge war stranguliert worden. Seine Leiche war im Park an der Herontown Road gefunden worden. Es war der dritte Mord dieser Art in diesem Jahr, obwohl die anderen beiden außerhalb der Zuständigkeit von Princeton stattgefunden hatten. Der Fall war schwieriger, als Tina erwartet hatte. Denn der Killer hinterließ keine Anhaltspunkte – außer dass er seine Opfer mit einem Seil strangulierte. Da die drei Jungen vor ihrer Ermordung sexuell missbraucht worden waren, deutete alles auf einen pädophilen Serientäter hin, der es verstand, Spuren zu verwischen. Nicht der Hauch einer DNA war zu finden gewesen – kein Sperma, keine Haare, keine Hautfetzen, keine Fingerabdrücke. Nichts.
Tina hatte nonstop gearbeitet und sah so müde aus, wie John sich fühlte. Doch sie würde keine Schwäche zeigen. Als einziger weiblicher Detective im Department wollte sie sich nicht durch Klagen den sarkastischen Kommentaren ihrer männlichen Kollegen aussetzen.
„Hallo, Wrightfield“, rief John durch den Raum. „Willst du mit mir zum Lunch gehen?“
„Nein, danke“, erwiderte sie mit ernster Miene. „Mein Magen brennt noch vom letzten Mal. Wie hieß das Lokal, in das du mich geschleift hast? Als könnte ich das vergessen. ‚Hot Tamale‘?“
„He, das war nicht meine Schuld. Grover von der Sitte hatte es empfohlen.“
„Das hätte dich stutzig machen sollen.“
John machte ein zufriedenes Gesicht. „Ich habe gehört, im Campagne gibt es das beste Essen in …“
Tina blickte auf. „Sagtest du Campagne? Am Palmer Square?“
„Ja, Ma’am.“
Argwöhnisch sah sie ihn an. „Seit wann isst du in einem schicken französischen Restaurant? Hast du nicht mal behauptet, Bœuf Bourguignon sei nur ein anderer Name für Eintopf?“
„Deshalb wollte ich ja, dass du mitkommst. Ich hoffe, du kannst verhindern, dass ich mich total blamiere.“ Er ging auf die Tür zu. „Da du allerdings nicht interessiert bist, gehe ich wohl besser allein.“
„Wer sagt, dass ich nicht interessiert bin?“ Sie schnappte sich ihre Tasche und warf in der Eile fast ihren Stuhl um. „Nach dir.“
Das Campagne lag zwischen „Ann Taylor“ und „Banana Republic“ mit Blick auf die Grünfläche, wo die Anwohner am Wochenende Crocket spielten und so zur Atmosphäre vornehmer Lebensart beitrugen. Der Regen hatte endlich nachgelassen, und die dunklen Wolken ließen immer mehr Himmel sehen. Doch die Luft war nach dem Gewitter gestern Nacht abgekühlt und gar nicht typisch für einen Juninachmittag.
„Wie ist es dir gelungen, in letzter Minute noch eine Reservierung zu bekommen?“ fragte Tina, als sie über den Platz gingen. „Hier kommst du schwerer rein als in Fort Knox.“
„Charme, mein lieber Watson. Du solltest es gelegentlich mal damit versuchen.“
„Mache ich, aber im Moment interessiert mich mehr, warum du mich ins Campagne ausführst, wo doch allgemein bekannt ist, dass dein Geschmack eher zu Wendy’s und McDonald’s tendiert.“
„Jetzt komm aber, Tina. So schlimm bin ich auch wieder nicht. Ich kann immerhin mit Messer und Gabel essen.“
„Gerade so. Aber du hast meine Frage nicht beantwortet. Warum dieses Lokal?“
„Jemand von außerhalb, ein Ian McGregor, wurde heute Morgen erstochen am Carnegie See aufgefunden.“
Tina holte ihre Puderdose aus der Tasche und prüfte im Spiegel ihr Make-up. „Und?“
„Das Opfer ist Abbie DiAngelos Stiefbruder.“
Sie sah John mit großen Augen an. „Von der Besitzerin des Campagne?“
„Richtig.“ Er blieb vor dem Restaurant stehen und hielt ihr die Tür auf. „Sie hatten sich seit
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