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In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)

In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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schenke es Euch, mit dem Wunsch, daß ein gutes Einvernehmen zwischen Novizen und Altschülern herrscht.«
    »Das ist ein Wort, Pierre!« rief d’Assas begeistert.
    Und unsere braven Schüler applaudierten wie im Theater, dabei der ergötzliche Teil der Komödie freilich noch ausstand, von ihnen mit Spannung erwartet.
    »Meine Herren, entkleidet Euch bitte und stellt Euch, mir zur größeren Bequemlichkeit, nebeneinander.«
    Wir taten, wie geheißen, und gaben beschämt unsere Blößen zur Schau.
    »Ha, was für hübsche Ärsche!« rief Fogacer lüstern und trat, das Podium verlassend, näher heran. »Fast läuft mir das Wasser im Munde zusammen!«
    Die Schüler brachen in grölendes Lachen aus. Ich fand den Witz gemein, wenig passend, und daß er aus Fogacers Mund kam, tat mir weh.
    »Siorac«, fragte Merdanson, als er sich hinkniete, »seid Ihr schon einmal ausgepeitscht worden?«
    »Nun ja, von meinem Vater.«
    »Das ist gar nichts! Hier, faßt meine Hand an, und wenn der Pedell zuschlägt, müßt Ihr ganz fest drücken. Beißt auch die Zähne zusammen und spannt alle Muskeln an. Dann ist der Schmerz nicht so groß.«
    »Meine Herren, seid Ihr bereit?« fragte Figairasse und ließ seine Rute pfeifen.
    »Macht es kurz, Herr Pedell«, sagte Doktor d’Assas.
    »Tu ich, verehrter Doktor«, sagte Figairasse. »Aber ein bißchen Zeremoniell muß schon sein. Meine Herren, ich verabreiche im Wechsel jedem zwei Schläge. Seid Ihr bereit?«
    »Ja doch. Bringt’s zu Ende«, sagte ich.
    »Herr Scholar, ich will erst mal beginnen. Und bis ich endige, wird Euch die Zeit sehr lang vorkommen«, sagte Figairasse.
    »Fangt an, Herr Pedell, ich bitt Euch drum«, sagte Doktor d’Assas.
    Und ich faßte zwei so schneidende, brennende Streiche, daß es mir den Atem verschlug.
    »Heiliger Bimbam, Siorac, macht den Schnabel auf! Brüllt! Das erleichtert«, sagte Merdanson.
    Hierauf faßte er seine Ration und brüllte.
    »Bravo! der hier kennt die Musik!« sagte Figairasse. »Ich mag es, wenn sie schreien. Das beruhigt mich.«
    Dann erhielt ich, ohne zu mucken, zwei weitere Hiebe, die mir heftiger als die ersten vorkamen. Beim nächsten Mal dann begriff ich, daß ich, wenn ich nicht schrie, noch vor dem Ende der Tortur in Ohnmacht fallen würde. Ich preßte Merdansons Hand und brüllte so laut, daß ein Tauber wieder hörend geworden wäre.
    »Na bitte, unser Edelmann lernt es auch!« sprach Figairasse. »O ja, das ist mir lieber. Ich bin für die natürliche Reaktion.«
    Und gewiß hatte er recht, auch was die Dauer der Züchtigung betraf: mir dünkte es schon eine ganze Stunde, dabei hatte er mir erst zehn Schläge verpaßt.
    »Herr Pedell, haltet ein«, sagte d’ Assas plötzlich, »mir will scheinen, Euch entgleitet die Hand. Die beiden letzten Streiche gehörten wohl eher zur ersten als zur zweiten Kategorie.«
    »Verehrter Doktor, das kann nicht sein!« sagte Figairasse beleidigt. »Ich verabreiche zum gezahlten Preis, nicht mehr und nicht weniger. Und wenn ich am Ende bin, werdet Ihr das Blut dicht unter der Haut sehen, es quillt nicht hervor. Ich habe eine gefühlvolle Hand.«
    »Das hoffe ich zu Euern Gunsten, Herr Pedell«, sagte Doktor d’Assas, der sonst ein so gemütvoller Mensch war, barsch und drohend.
    »Verehrter Doktor, ich werde achthaben«, sagte Figairasse.
    Dieser Wortwechsel gab mir (von Doktor d’Assas sicherlich so bezweckt) einen kleinen Aufschub, welchen ich nutzte, um Atem zu schöpfen. Als Figairasse dann mit den Schlägen fortfuhr, spürte ich sie nicht weniger heftig, im Gegenteil.
    »Herr Pedell, haltet ein. Wieviel Streiche habt Ihr schon verabreicht?« fragte Doktor d’Assas.
    »Vierzehn, verehrter Doktor.«
    »Nein, Herr Pedell, sechzehn.«
    »Verehrter Doktor, ich bin mir meiner Zählung sicher.«
    »Herr Pedell, ich mir der meinen ebenso.«
    Figairasse wagte nicht zu widersprechen, so gern er es auch getan hätte, während der Doktor nicht auf einer Zahl beharren wollte, die nicht stimmte. Eine Pause trat ein.
    »Also, was tun wir?« fragte Figairasse verärgert.
    »Wir wetten!« sagte d’Assas.
    »Also wetten wir!« sagte Figairasse, nun in einem ganz anderen Ton, und obzwar ich ihm das Hinterteil zukehrte, wähnte ich in seinen Augen ein Leuchten. »Was gilt die Wette?«
    »Sieger ist, wer verliert. Wenn ich recht habe, bekommt Ihr eine Flasche von meinem Frontignan.«
    »Zwei«, sagte Figairasse. »Der Gezüchtigten sind zwei.«
    »Also zwei«, sagte d’Assas. »Aber Schummeln gilt nicht.

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