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In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)

In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Bürger nicht zu schützen weiß? Ohne Pierre de Siorac wären wir jetzt alle tot!«
    »Liebste Thomassine, groß ist die Stadt, und meine Leute können nicht überall sein«, entgegnete Cossolat. »Außerdem wimmelt es in der Stadt von bösen Buben, und schlimmer als die Augiasställe sind die Spelunken und Tavernen. Ich habe dir schon hundertmal gesagt: ein reiches Mädchen, das allein wohnt, zieht den Beutelschneider an wie der Magnet die Feilspäne. Nimm dir einen Wächter und bewaffne ihn.«
    »Aber wen?« fragte die Thomassine. »Ich kenne viele, die vom eigenen Wächter bestohlen und gar auch umgebracht worden sind!«
    »Thomassine«, sagte ich, »wenn ich dir raten darf: nimm Espoumel, sobald der König ihn begnadigt hat.«
    »Heiliger Jesus!« rief Azaïs. »Ein Mordbube aus den Corbières-Bergen! Hier bei zwei Frauen! Er wird uns Gewalt antun!«
    Herausfordernd musterte sie Miroul, wollte ihn vielleicht eifersüchtig machen oder ein bißchen necken. Miroul aber blieb stumm und ungerührt.
    »Espoumel hat seine Schurkentage hinter sich«, sagte ich. »Er lechzt auch nicht nach Blut, im Gegenteil. Sofern man ihn nur gut behandelt und seinen Stolz nicht verletzt, ist er treu wie eine Dogge.«
    »Werde ich mir überlegen«, sagte die Thomassine, die mit ihrem Geld sparsam umging, nachdem sie in den Cevennen so bitter arm gewesen und ein Gleiches für ihr späteres Alter fürchtete, wenn sie niemandem mehr gefallen würde.
    Als sie verstummte, schwiegen alle; wie rege dagegen waren die Blicke! Samson verschlang mit den Augen seine Schöne, die ihre Lider schamvoll gesenkt hielt, doch gleichwohl wußte, daß Cossolat sie begaffte. Die Thomassine schielte heimlich nach mir, wagte meinen Blicken aber nicht übermäßig nachzugeben, um nicht den Hauptmann zu verprellen, der indes sehr gut wußte, was gespielt wurde. Azaïs und Miroul wiederum wetteiferten darin, wer schneller den Blicken des anderen auswiche, und ich fand dieses Spiel des Jagens und Sichentziehens sehr ergötzlich.
    »Siorac«, fragte Cossolat, als er sich von der schönen Normannin endlich loßriß, »was habt Ihr eigentlich mit den Puppen vor, die Espoumel für Euch schnitzt?«
    »Hauptmann, das ist ein Geheimnis«, sagte ich. »Doch Euch will ich es anvertrauen, da ich Euch für meinen Freund halte. Aus diesen
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mache ich, durch Bemalung, Engländer und Franzosen, und Miroul bastelt mir aus Pappe die Bollwerke der Zitadelle von Calais; ich möchte dem kleinen Anne de Joyeuse vorführen, wie Guise, Dandelot, Sénarpon, mein Vater und noch andere den Engländern die Stadt entrissen, nachdem sie zweihundert Jahre lang in ihrem Besitz gewesen.«
    »Ha! eine wundervolle Idee«, rief Cossolat. »Monsieur de Joyeuse wird begeistert sein, und schon gar der kleine Anne, der nur von Schlachten und Heldentaten träumt. Wann soll ich für Euch um Audienz nachsuchen?«
    »Am Donnerstag kommender Woche bin ich damit fertig«, sagte ich, da ich seinen Eifer sah und wie glücklich er war, in einer Unternehmung vermitteln zu können, die ihn selbst in ein rechtes Licht setzte.
    Als Cossolat mit seinen Mannen abgezogen war, wünschte Dame Gertrude mich unter vier Augen zu sprechen. Azaïs führte uns in ein Gelaß, das sie ihr Sprechzimmer nannte, dabei Samson uns sehr verwundert hinterdrein schaute. Und kaum hatte sich die Tür hinter uns geschlossen, warf sich Dame Gertrude mir an den Hals.
    »Ach, mein Bruder«, sagte sie unter tausend Küssen, »wie bin ich glücklich, Euch die einzigartige Zuneigung bekunden zu können, die ich für Euch empfinde, der Ihr mir so viele schöne Briefe geschrieben habt, als ich in Rom meine Andachten pflegte.«
    »Madame«, sprach ich, gerührt darüber, daß sie sich hinlänglich in der Gunst einer Schwester wähnte und meiner Tugend gewiß, um mir mit solchen Liebkosungen zu kommen, die mich mitnichten kalt ließen, »ich war in diesen Briefen nur Dolmetscher der großen Liebe, die mein Bruder Samson für Euch empfindet.«
    »Gewiß, ich weiß«, sprach sie und blendete mich mit ihren himmelblauen Augen, legte die Hände zärtlich um meine Wangen. »Aber die Worte waren von Euch, und um so anrührende Worte zu finden, müßt Ihr doch wohl gewiß auch lieben.«
    »Nein, Madame, ich liebe nicht«, sagte ich. Mir dünkte diese Sprache gefährlich, nur wagte oder wollte ich mein Gesicht noch nicht aus ihren Händen lösen.
    »Wie! seid Ihr nicht irgendwo für ein Kammermädchen entflammt, ohne des Unterschieds von Blut und

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