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In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)

In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Darum stöbert in Euerm Gedächtnis: Ihr habt sechzehn gezählt.«
    »Verehrter Doktor, jetzt erinnere ich mich. Ihr habt recht, und ich habe gesiegt: ich bin bei sechzehn.«
    »Topp! Ihr habt gesiegt!« sagte d’Assas. »Mögt Ihr bei den letzten vier Schlägen eine leichte Hand haben.«
    Die hatte er nicht, der Pedell verschenkte nichts. Taumelig und zerschunden erhob ich mich und kleidete mich an, mucksstill, und die ersten Gesichter, die ich wiedererkannte, waren die tränennassen Gesichter von Luc, Samson und Fogacer. Ja, Fogacer! Der Satan persönlich möge mich auspeitschen in seinem Höllenreich, wenn ich aus diesem Teufelskerl je schlau werde.
    »Merdanson, da wir Seite an Seite gelitten haben, laßt uns gemeinsam wieder zu Kräften kommen. Ich lade Euch in die Herberge
Zu den drei Königen
ein. Zu einem verbleuten Hintern paßt kein leerer Magen.«
    »Was denn, Novize, hör ich recht? du lädst mich zum Schlemmen und Bechern ein?«
    »Du hast recht verstanden.«
    »Heiliger Bimbam, Siorac, du bist der sauberste Novize, der mir je untergekommen ist. Zahlst zehn Sols, damit ich eine Züchtigung ersten Grades bekomme, obendrein nährst du mich noch, nachdem die Weiber mich blankgemacht haben. Siorac, das ist edel von dir! Um ein Haar würde ich mir, wie Bazin, in die Hosen pinkeln vor Freude! Deine Hand Siorac! Magst du auch Novize sein, ich bin dein Mann! Und Kacke, Kacke auf diesen beschissenen Pedell. Möge ihm die Kacke aufsteigen bis in den Hals, ersticken soll er dran, den Dreck im Schnabel und am Anus das Todeszucken.«
    Samson weinte vor Freude, mich heil zu sehen, umhalste und küßte mich immerzu.
    »Aua!« rief ich, als ich mich in den
Drei Königen
an die Tafel setzte.
    »Auweh, mein armer Arsch!« sagte auch Merdanson. »Soll der Allmächtige den Scheißpedell so viele Male zum Hahnrei machen, wie ich Zebrastreifen auf den Hinterbacken habe!«
    »Merdanson, nimm erst mal deine Pfoten von meinem Hintern, oder du faßt eine Backpfeife, daß dir der Rotschopf durcheinanderfliegt«, sagte die Wirtin. »Trink lieber von dem Wein. Er ist gut.«
    »Er ist nicht von den schlechtesten. Und wie verbleut und zerschunden ich auch sein mag, ich trinke auf das Wohl des hochgeschätzten und sehr forzigen Seigneur d’Assas, weil er uns, listig und schlau, zwei Schläge erspart hat. Ein Jammer ist nur, wenn statt der guten Wirtin Backen ein kaltes Glas ich nur darf zwacken!«
    »Merdanson«, sagte die Wirtin, »ich mag dich sehr, aber du hast ein loseres Maul als ein Stallknecht und Manieren wie ein Bauernlümmel. Nimm dir Monsieur de Siorac zum Vorbild. Er liebkost nur mit den Augen. Er wartet auf Ermunterung, bevor er Hand anlegt.«
    »Siorac ist der vollkommenste Edelmann der Schöpfung«, sagte Merdanson. »Ich mag ihn wie einen Bruder. Dank seiner kann ich, den Hurenweibern zum Trotz, ordentlich schlemmen und
bibere papaliter
1 . Außerdem hat er einen schönen Bruder, auch wenn der ein lausiger Apotheker ist.«
    Hierauf wir Samson schweigend betrachteten, weil er so schön war, daß schon der Anblick unendliche Wonne bereitete.
    »Wirtin, bring uns den knusprigen Schweinsbraten, den ich in deiner Küche am Spieß brutzeln sah«, sagte ich. »Dazu noch eine Flasche. Nein, zwei, denn wir sind drei. Aber halt mich nicht gar zu sehr zum Narren. Vergebens warte ich auf deine Ermunterung.«
    »Nur Geduld, hier schon ein kleiner Abschlag«, sagte die Wirtin lachend und strich mir mit den Fingern sanft über den Nacken. Ich hielt mich freilich im Zaum – sie wußte, daß ich Cossolat nicht ins Gehege kommen wollte, und ich wußte, daß ich ihr nicht mißfiel. So kam ich ihr denn nur mit Blicken und sie mir mit Frotzeleien, daraus sich zwischen uns ein Einvernehmen spann, das ihrem saftigen Braten noch zusätzliche Würze gab.
    Aber kaum war das köstliche Fleisch auf unserem Tisch, von mir sorglich in Stücke geschnitten und ausgeteilt, da geschah es, daß Samson seinen Happen, ehe er ihn zum Munde geführt, wieder auf den Teller sinken ließ. Offenen Mundes saß er da, kreidebleich, und wäre um ein Haar in Ohnmacht gefallen, denn wie aus dem Boden geschossen, stand plötzlich Dame Gertrude du Luc vor uns, entzückend anzuschauen in ihrem schillernden Gefieder.
    Daß es Samson die Sprache verschlagen hatte, verwunderte mich nicht, doch auch ich, sonst nicht auf den Mund gefallen, brachte kein Wort über die Lippen und war wie verzaubert, als ich sie so schön in ihrem strahlenden Aufzug sah. Auch Merdanson blieb

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