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In Vino Veritas

In Vino Veritas

Titel: In Vino Veritas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Henn
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wollten ›ein Exempel
statuieren‹. Haben zudem ›Verräter‹ auf das Fass geschrieben. Ist zumindest
derselbe Schriftsatz, den die Brüder für ihre Aushänge benutzen. Nur warum
diese Tat? Ich muss sehen, dass ich mir einen von den Brüdern zur Brust nehme.
Aber der August wird kaum was dazu erzählen.«
    Franz-Xaver drapierte ein Radieschen unter den Wirsing: ein Motiv
für die Weinbruderschaft. »Des mit dem Alibi kannst dir bei denen abschminken.
Du weißt net, wer die sind, noch net mal wie viele !
Da müsstest jeden einzeln prüfen!«
    »Eins nach dem andern. Erst das Motiv klären, und dann … die
werden ja wohl ihre Schergen für so was haben. Nehme ich mal an. Ich versteh
nur nicht, warum sie so eine deutliche Spur hinterlassen haben. Die führt doch
direkt zu ihnen.«
    »Bittschön: Welchen Sinn hätt ein Exempel, wenn keiner weiß, wer es
statuiert hat?«, fragte Franz-Xaver, während er das übrige Gemüse auf seine
Qualität überprüfte.
    »Trotzdem. Der Siggi hat indirekt allen in der Region geholfen.
Touristen, Presse, ja letztlich Geld kam deshalb
hierhin. Mit dem Mord hätten sich die Brüder nur selbst geschadet.«
    »Mittlerweile hat die Ahr doch ihren Namen. Der Mohr hat seine
Schuldigkeit getan, der Mohr kann gehen …«
    Julius überlegte und wog das rote Gemüse in der Hand. »Gut, lassen
wir das Radieschen liegen. – Gib mir mal die Kohlrabi. Die passen farblich
so schön zum Wanderer.«
    »Welcher Wanderer?«
    Während Julius die Kohlrabi in exakt dem gleichen Abstand zum
Wirsing legte, den dieser zum Fenchel hatte, erzählte er seinem Maître d’hôtel
vom Rennen um die »Bunte Kuh«, von Siggis durchgestrichenem Namen auf der Liste
des Wanderers und dessen geglückter Flucht.
    »Allerdings habe ich bei dem noch nicht mal ein Motiv. Und ohne
seinen Namen kann ich auch kein Alibi prüfen.«
    »Aber du hast einen Film mit Fotografien vom Rotsockerten.
Vielleicht kann dir die Polizei weiterhelfen. Du weißt schon,
Verbrecherkartei.«
    »Was meinst du, warum ich mir den Film habe geben lassen? So, das
wären die Verdächtigen.«
    »Halb lang, Maestro. Ich hätt da noch eine Fuerte-Avocado.«
    Franz-Xaver legte sie demonstrativ neben die Kohlrabi. Ungenau, wie
Julius sofort sah.
    »Und für wen?«
    »Für Gisela.«
    »Blödsinn, sie war doch in U-Haft, als Markus ermordet wurde!«
Julius wollte die Avocado wieder wegnehmen, aber Franz-Xaver war schneller.
    »Die bleibt fei schön liegen! Ich hab ja net gesagt, dass sie Markus
getötet hat. Vielleicht hat sie ihren Mann selber um die Ecke gebracht und für
den zweiten Mord jemanden beauftragt.«
    »Und das Motiv für den zweiten, Sherlock Holmes?«
    »Da gibt es viele Möglichkeiten, net wahr? Um von sich abzulenken,
oder weil der Kellermeister sie hätt belasten können. Vielleicht hat er sie
erpresst?«
    In Julius stieg der Zorn empor wie heißer Dampf beim Dünsten. Er
wollte nicht darüber nachdenken, dass es Gisela gewesen sein könnte.
    »Schalt endlich mal dein Hirn ein, verdammt! Der Markus wollte uns
doch was über die Weinbruderschaft erzählen! Deswegen der Brief! Da kann er
Gisela doch nicht erpresst haben!«
    »Dann eben nur ein Radieschen. Bei den
Weinbrüdern legst jetzt noch ein zweites hin, weil sie den Kellermeister zum
Schweigen bringen wollten. Und beim Herold auch, weil der des Weingut zurück in
die Steinzeit schicken wollt.«
    Als Julius die zweite Reihe Radieschen auslegte, kam ihm ein
Gedanke, und er schob Fenchel und Wirsing näher zueinander.
    »Des schaut aber jetzt sehr unharmonisch aus, Maestro. Des können
wir so net machen!«
    Doch Julius wusste, was er tat. »Wir haben ganz vergessen, dass
August selbst ein Weinbruder ist. Seine Interessen
und die der Bruderschaft überschneiden sich. Selbst wenn er nicht der Täter
war, kann er dahingehend intrigiert haben, dass das Exempel statuiert wurde.«
    Beide sahen sich schweigend das Gemüsepotpourri an, das wie ein
unvollständiges Arcimboldo-Gemälde wirkte. Nach kurzer Zeit sprang Julius auf
und holte eine Rhein-Ahr-Rundschau vom Nebentisch. Er deutete auf eine
Überschrift: »Suche nach vermisstem Franzosen weiterhin ohne Erfolg«
    »Wie passt der ins Bild?«
    Franz-Xaver nahm einen großen Zuchtchampion und gab ihn Julius. »Kein
Motiv. Kein Alibi. Ach so: kein vorhandener Mensch! Den muss der Meister schon
höchst selbst ins Gemüsepuzzle legen!«
    Und das machte Julius. Schräg unter Herold. Denn dort hatte er
gearbeitet.
    »Der Franzose könnte der

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