Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In Vino Veritas

In Vino Veritas

Titel: In Vino Veritas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Henn
Vom Netzwerk:
Fingerabdrücke, keiner ist gesehen worden, und das Tor
stand sowieso auf, damit der Hund reinkommen konnte, wenn’s ihm draußen zu kalt
wurde.«
    »Mehr kann sich ein Mörderherz net wünschen …«
    »Wahrlich nicht.«
    »Und mehr kann sich ein Journalistenherz auch net wünschen, oder?
Die werden sich über den toten Hund schön freuen.«
    Julius schüttelte den Kopf und stand auf, um den Suppenteller zur
Geschirrspülmaschine zu tragen.
    »Das glaub ich nicht. Der Hund läuft als Verschlusssache. Die
Polizei will nicht noch mehr Aufsehen. Und ich will jetzt wirklich ins Bett.
Mein Tag war nämlich unter aller Kanone. Erzähl ich dir alles morgen. Ich
schlag vor, du machst es dir auf dem Sofa bequem. In deinem Zustand kann ich
dich nicht mehr auf die Straße lassen!«
    »Dann hab ich wohl keine andere Möglichkeit.«
    »Und noch was.«
    »Ja?«
    »Ich hab mich zu entschuldigen. Tut mir Leid, dass ich dich gestern
so angeraunzt habe. Und die Flasche Comtesse ersetz ich dir.«
    »Die trinken wir dann aber zusammen!«
    »So soll es sein!«
    Jemand zog die Rollladen hoch, öffnete das Fenster und
stellte ein Tablett mit Frühstück aufs Bett. Rührei mit Schnittlauch, gebratene
Champignons mit Speck, eine Tasse Tee, ein Croissant.
    »Morgen, Maestro!«
    Julius fiel auf, dass es taghell war. Er blickte auf die Uhr: 12.17!
    »Wie konnte …?!«
    »Ich hab deinen Wecker ausgestellt. Ich dachte, du könntest eine
große Mützen Schlaf gebrauchen!«
    » Wieso ?«
    »Du hast ziemlich unruhig geratzt, hast auch geredet, na ja,
eigentlich hast gegrölt. So laut, dass ich auf dem Sofa wach geworden bin.«
    »Und was hab ich so von mir gegeben?« Julius nahm sich das Croissant
und biss hinein, den Happen mit einem Schluck heißen Tee hinunterspülend.
    »Viel Genuschel, und du hast immer wieder ›Hilfe!‹ gerufen, und
›Nein!‹ – weiß der Himmel, was du geträumt hast. Ich hab dich dann ja auch
geweckt.«
    »Kann ich mich gar nicht dran erinnern …«
    »Hast danach auch merkwürdigen Kram vor dich hinplappert. Von wegen,
des unterschreib ich net, des kann doch net dein Ernst sein – so was in
derer Art. Und von einem harten Schneuz hast was gesagt, da musst ich schon
ziemlich lachen. Aber des kann auch was anderes geheißen haben, vielleicht
schwarzes Zeugs …«
    »Kreuz.«
    »Oder so.«
    Julius begann, den warmen, knusprigen Speck zu essen. Es war ein
Hochgenuss.
    »Wieso Schwarzes Kreuz?«
    »Da hat mir die hochverehrte Weinbruderschaft einen Denkzettel
verpasst.«
    Franz-Xaver musste gar nicht erst nachhaken, sein Gesicht war Frage
genug. Ein auf die Stirn tätowiertes Fragezeichen hätte nicht deutlicher sein
können. Julius erzählte von der Begegnung mit Erika Salbach und dem
anschließenden Waldspaziergang mit Dr. Bäcker. Er erzählte ihm vom Ärger des
Landrats über das Ausquetschen der Weinbrüder bei der Initiationsfeier und
dessen Versicherung, niemand sei von der Bruderschaft ermordet worden.
    »Und was war des für ein Denkzettel?«
    Julius stand auf und suchte etwas in seiner Jacke. »Die Frage ist
nicht was , sondern wie hoch .«
    Er fand den kleinen, rechteckigen Zettel und reichte ihn
Franz-Xaver. Dann ging er zurück ins Bett und machte sich über das noch
dampfende Rührei her.
    »Was soll ich denn mit dem Überweisungsdurchschlag …?«
Franz-Xaver las die Worte, las die Zahlen. »Zweitausend Euro? Du hast der
Bruderschaft zweitausend Euro überwiesen?«
    »Ich musste ihnen zweitausend Euro
überweisen. Ich dachte zuerst, Bäcker wollte mich zusammenschlagen lassen. Na
gut, eigentlich dachte ich, er wollte mich umbringen. Aber auf diese Weise hat
er mir erstens geschadet, zweitens keine Spuren hinterlassen und drittens die
Vereinskasse gefüllt.«
    »Autsch!«
    »Du sagst es! Sehr lecker übrigens, wär aber alles gar nicht nötig
gewesen.«
    Franz-Xaver fiel etwas ein.
    »Ich hab noch was vergessen!« Er verschwand kurz und kehrte mit den
neuesten Zeitungsausgaben zurück. »Du hattest mal erzählt, die gehören zum
Frühstück dazu.«
    »Also, Franz-Xaver …«, brachte Julius zwischen zwei Happen
hervor, »… wenn ich eine Frau wäre, würde ich dich heiraten!« Mit
erhobenem Zeigefinger fügte er hinzu: »Obwohl du Wiener bist!«
    »Ich bevorzug gazellenhafte Frauen. Mit so einer elefantösen Person
wie dir würd ich des Bett net teilen!«
    Grinsend verließ er das Schlafzimmer, um sich selbst Frühstück zu
machen. Julius griff nach den Zeitungen. Es stand diesmal viel über

Weitere Kostenlose Bücher