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In Wahrheit wird viel mehr gelogen - Erben bringen Glück

Titel: In Wahrheit wird viel mehr gelogen - Erben bringen Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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wirst es bereuen! Ich werde es bereuen. Ich bereue es jetzt schon.«
    Ich musste leider kichern.
    »Jemand sollte dich davon abhalten«, sagte Karl. »Hat dich denn niemand vor mir gewarnt?«
    »Doch, keine Sorge. Ich weiß, dass du ein egoistischer, verantwortungsloserMistkerl bist, der morgen nach Madrid fliegt und jede Frau angräbt, die ihm über den Weg läuft.«
    »Ich sag ja, du wirst es bereuen«, sagte Karl. Er sagte es noch, als er mich im Hotelzimmer auf das Bett zog und mich küsste.
    Später starrte ich glücklich und ein bisschen fassungslos an die Hoteldecke und sagte: »Ich bin so froh, dass ich nicht die Frau mit dem Beil im Kopf bin.«
    »Und ich erst.« Karl streichelte vorsichtig über meine Beule.
    So also hatte das angefangen mit uns. In der Nacht, in der meine Nichte Eliane geboren worden war. Die Kreissäge nahm nämlich doch noch einmal Abstand von Nina-Louise , aber nicht etwa aus Rücksicht auf Mimi, sondern weil ihr Eliane besser gefiel. Und weil das zufällig der Name war, den sich ihre beste Freundin für ihre ungeborene Tochter ausgesucht hatte. (Die beste Freundin – bereits im siebten Monat schwanger – kündigte der Kreissäge daraufhin nicht nur die Freundschaft, sondern verfluchte sie und ihre Familie bis ins neunte Glied.)
    Karl und ich haben Elianes Geburtstag als Tag unseres Kennenlernens jedes Jahr feierlich begangen – er hieß bei uns der »Gencalp-Pinarbasi-Zufalls-Gedächtnis-Tag« –, und Karl mietete immer ein Hotelzimmer, und wir versuchten unser erstes Mal so authentisch wie möglich nachzuspielen. Es war jedes Mal grandios, genau wie das erste Mal.
    Ich habe es niemals bereut.
    Jedenfalls nicht sehr.
    »Es stimmt, dass Geld nicht glücklich macht.
    Allerdings meint man damit das Geld der anderen.«
    George Bernhard Shaw

    Ob es an den Tabletten lag oder daran, dass die Zeit anfing, alle Wunden, sogar meine, zu heilen – am Tag nach meinem ersten Besuch bei Frau Karthaus-Kürten wachte ich auf und interessierte mich plötzlich brennend für mein Erbe. Nellys Worte von gestern hingen mir noch nach. Jawohl: Wenn man schon einen geliebten Menschen verlor, sollte man sich wenigstens mit dessen Geld trösten können. Geld war gut. Geld war wichtig. Geld machte glücklich. Money makes the world go round.
    Ich musste es ja nicht für mich ausgeben – zumal mir gerade nichts einfiel, was ich unbedingt besitzen wollte – aber ich konnte etwas Gutes damit tun, etwa äh eine Aufzuchtsstation für verwaiste Jaguarbabys finanzieren oder Schulhefte für indische Kinder oder einen Brunnen für ein äthiopisches Dorf. Außerdem konnte ich nicht ewig bei meiner Schwester im Gästezimmer wohnen bleiben und mich aushalten lassen, und für eine eigene Wohnung brauchte ich ebenfalls Geld. Ich wollte eine mit einem Kaminsims, auf den ich die Urne stellenkonnte. (Ursprünglich hatte ich vorgehabt, ans Meer zu fahren und die Asche in alle Winde zu verstreuen oder sie am Fuße eines Baumes zu vergraben. Aber irgendwie hatte ich eine gewisse Anhänglichkeit zu der Urne entwickelt. Daher schien mir ein Kaminsims vorerst der richtige Platz dafür zu sein.)
    Ich sprang mit so viel Elan aus dem Bett, dass ich mich selber wunderte. Obwohl ich die halbe Nacht ins Schulheft geschrieben hatte, war ich kein bisschen müde. Ich ging im Schlafanzug hinunter in die Küche, wo Mimi frisch gepressten Orangensaft, Körnerbrötchen und Folsäuretabletten frühstückte und dabei Zeitung las. Ronnie war schon zur Arbeit gefahren. Er pflegte in aller Herrgottsfrühe zu joggen, auf dem Rückweg kaufte er Brötchen, und bevor er das Haus verließ, deckte er den Frühstückstisch, presste Orangen aus und zündete eine Kerze an. Anschließend faltete er die Zeitung wieder so zusammen, als wäre sie nie gelesen worden, und weckte Mimi, indem er ihr einen Milchkaffee ans Bett brachte. (Ich weiß, das glaubt einem kein Mensch. Ich schwöre aber, dass es wahr ist.)
    Kein Wunder, dass meine Schwester so ein sonniges, ausgeglichenes Gemüt hatte.
    »Guten Morgen, Süße. Auch Saft?«
    »Ich nehme ihn mir selber, bleib sitzen.« Ich nahm einen Schluck und stellte überrascht fest, dass er wunderbar schmeckte. Auch das war neu. In den letzten Wochen hatte alles, was ich zu mir genommen hatte, gleich geschmeckt: nämlich nach nichts.
    Ich beugte mich vor. »Mimi, die ganzen Unterlagen von Karl und die Briefe von Onkel Thomas – die liegen beim Anwalt, oder?«
    Mimi fiel vor Überraschung ein Stück Brötchen aus dem

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