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In Wahrheit wird viel mehr gelogen - Erben bringen Glück

Titel: In Wahrheit wird viel mehr gelogen - Erben bringen Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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Jahrhundert. Und Uhren von Cartier, das sind Sammlerstücke.«
    Ich gab auf. Leos Augen sahen nur so aus wie die von Karl. Dahinter wohnte eine ganz andere Seele.
    »Ja, das schreibt Onkel Thomas’ Anwalt auch immer. Warum hat er den Kram – pardon – denn noch nicht aus dem Safe geholt? Oder du? Immerhin steht das Haus leer, und für einen Einbrecher wäre es doch ein gefundenes Fressen.«
    »Deshalb würde es auch Sinn machen, den Inhalt des Safes so bald wie möglich zu katalogisieren.« Leo wickelte ein Stück Würfelzucker aus und warf es in seine leere Tasse. Er war offenbar doch nicht ganz so cool, wie er tat. »Obwohl er nicht leicht zu knacken ist, vier Zentimeter Stahl und ein Schlossmechanismus, den heute keiner mehr kennt …«
    »Na ja. Da ihr mir das Katalogisieren des Lagers anvertraut habt, würde ich dir im Gegenzug das Katalogisieren des Safeinhaltes anvertrauen«, sagte ich. Ich hatte Kopfschmerzen und wollte nach Hause.
    »Das hätte ich längst gemacht«, sagte Leo. »Aber der Safe ist mit einem Kennwort gesichert.«
    »Ein Kennwort? Sind das normalerweise nicht Zahlencodes?«
    Leo seufzte. »Nicht bei diesem Safe. Das ist ein vorsintflutliches Ding, und es funktioniert mit einem Kennwort aus elf Buchstaben. Zu Lebzeiten meiner Großeltern war das Kennwort immer Orangensaft – dämlich genug. Aber mein Vater muss es geändert haben.«
    »Soso.« Jetzt dämmerte mir so einiges. Unter anderem,warum der gute Onkel Thomas sich nach Karls etwaigen Kosenamen für mich erkundigt hatte. Einem Kosenamen mit elf Buchstaben.
    »Du weißt nicht zufällig, wie das Kennwort lauten könnte?«
    » Nachtragend hat elf Buchstaben. Und Pupsgesicht . Und Ananassirup . Mein Gott, wenn man so drüber nachdenkt, haben die meisten Worte elf Buchstaben. Alles, außer Oer-Erkenschwick.«
    »Kannst du das nicht mal lassen?« Leo funkelte mich wütend an.
    »Was denn?«
    »So überheblich zu sein! So war mein Vater auch immer.«
    »Ich – überheblich?« Ich funkelte mindestens genauso wütend zurück. »Wer guckt denn hier auf wen herab, weil er Ringe unter den Augen sieht, abgewetzte Wintermäntel und angeblich fettige Haare? Ach ja, und wer war das neulich, der allen Leuten erzählt hat, ich sei eine Pseudologin und wäre sicher schon wieder offen für eine neue Beziehung?«
    »Och, entschuldige, wenn ich dich damit gekränkt habe. Ich habe mich nur daran erinnert, wie schnell du dich damals auf etwas Neues einlassen konntest. Ich meine, wir hatten eine kleine Auseinandersetzung, und da bist du zu meinem Vater ins Hotel gefahren und hast mit ihm geschlafen.«
    »So war das gar nicht. Da waren jede Menge seltsame Zufälle im Spiel, und dann …« Ich brach ab und rieb mir die Schläfen.
    »Und ich Dummkopf dachte noch, ich hätte dir das Herz gebrochen und wollte mich am nächsten Tag um dich kümmern.«
    »Es ist klar, dass dir deine Version der Geschichte lieber ist«, sagte ich. »Jeder hat seine eigene Wahrheit, hat Karl immer gesagt.«
    »Tss«, machte Leo. »Das hat er garantiert auch irgendwo geklaut.« Er schaute aus dem Fenster. Irgendwie erinnerte er mich an Herrn Krapfenkopf, vorhin in der Bahn. (Den richtigen Namen hatte ich schon wieder vergessen.)
    Ich schob vorsichtig meine Hände über die Tischplatte, bis sie bei Leos Händen angelangt waren. Leo zuckte zusammen, ließ aber zu, dass ich ihn berührte. »Ich wollte dir niemals wehtun«, flüsterte ich. »Ich habe mich damals kindisch und feige benommen. Und noch viel schlimmer ist, dass durch mich dein Verhältnis zu Karl so viel schlechter geworden ist.« Wieder diese dummen Tränen. Ich konnte sie nur mit Mühe zurückhalten.
    Leo schwieg.
    »Es tut mir leid. Es tut mir alles so leid«, sagte ich.
    Ich fand, jetzt wäre ein guter Augenblick gewesen, um zu sagen, dass es ihm auch leidtat.
    Aber Leo schüttelte den Kopf und sagte: »Dafür ist es jetzt längst zu spät.«
    Ich zog meine Hände zurück und verschränkte sie ineinander. Jetzt bloß nicht weinen.
    »Aber ich bin dir nicht böse oder so«, sagte Leo. »Du tust mir einfach nur leid.«
    Ich starrte so lange auf den Milchschaum meines unberührten Cappuccinos, bis ich meine Tränen wieder unter Kontrolle hatte. Dann stand ich auf und zog meinen Mantel an. »Ich sage meinem Anwalt also, er soll gemeinsam mit deinem Schwie… Anwalt das Vermögen so aufteilen, dass ihr die Villa in Rodenkirchen bekommt. Und den Flügel, selbstverständlich.« Ich musste dringend weg hier, irgendwohin, wo ich

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